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Einsatzfahrzeuge der Polizei Berlin.

© imago images / A. Friedrichs

Hertha BSC gegen Dynamo Dresden: So bereitet sich Berlins Polizei auf das Hochrisikospiel vor

Der Hauptstadt stehen heikle Duelle bevor: Am Mittwoch empfängt Hertha BSC Dresden im DFB-Pokal. Am Sonnabend kommt es zum Derby gegen Union. Ein Überblick.

Berlin ist in dieser Woche im Fußballfieber – und die Polizei im Dauereinsatz: Vor dem Pokalspiel Hertha BSC gegen Dynamo Dresden am Mittwochabend im Olympiastadion und dem Stadtderby gegen Union in der 1. Bundesliga am Sonnabend im Stadion An der Alten Försterei ist die Anspannung hoch.

Offiziell heißt es von der Polizei, aufgrund „der Fanverhältnisse und der Erfahrungen aus vergleichbaren Spielen sind bei einem unkontrollierten Aufeinandertreffen der relevanten Problemfanszenen verbale und körperliche Auseinandersetzungen nicht auszuschließen.“ Und genau das soll verhindert werden.

Für die Polizei wird schon die Anreise der Dresden-Fans eine Herausforderung. Die Dynamo-Anhänger gelten als sehr reisefreudig. Die Polizei rechnet mit mehr als 30.000 Dresden-Fans. Der „K-Block“, eine Ultra-Gruppe, geht von 35.000 Fans aus. Einen Sonderzug nach Berlin wird es nicht geben, die meisten reisen mit Bussen und Autos an.

Mit der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg hat der Verein einen Deal. Am neuen BER werden zwei Parkhäuser direkt neben dem Terminal für die Dresden-Fans geöffnet – für eine Gebühr von sechs Euro. Vom Flughafen aus soll es einen Busshuttle geben zur S-Bahnhof Schönefeld, von dort soll es mit der S-Bahnlinie 9 direkt zum Olympiastadion gehen.

Fraglich ist aber, wie viele Dresden-Fans dieses Angebot annehmen. Denn am Donnerstag ist in Sachsen Reformationstag, also Feiertag. Gut möglich, dass nicht wenige Fans in Berlin bleiben und feiern wollen. Auch der Hotel- und Gaststättenverband geht davon aus. „Die Stadt ist knackenvoll, es gibt nur ganz wenige Restzimmer“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Dehoga Berlin. Die Dresden-Fans selbst rufen zur „Sachseninvasion“ in Berlin auf. Das Olympiastadion, wo Platz für 74.000 Besucher ist, wird voll werden.

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Hinzu kommen die Nachbarn: Auch in Brandenburg ist am Reformationstag frei. Nicht wenige Hertha-Fans reisen aus der Mark an, Dresden-Fans gibt es ebenfalls in Brandenburg.

Die Polizei wird das Pokalspiel mit mehreren hundert Beamten absichern. Die Partie wurde als Hochrisikospiel eingestuft. Je weniger Dresden-Anhänger das Park-Angebot am BER annehmen, desto schwieriger wird es für die Polizei, den Überblick zu behalten. Dynamo hat eine der größten Ultra-Gruppen und auch nicht wenige gewaltbereite Anhänger. Auch ein Fanmarsch vor dem Spiel ist geplant.

Hertha BSC vs. Dynamo Dresden als Hochrisikospiel eingestuft

Ein Fan-Trennung schon bei der Anreise sei angesichts der Zahl der Gäste für die Polizei nicht zu realisieren, sagte ein Sprecher. Erst am Olympiastadion selbst erfolgt dann die Trennung der Fanlager. Die Dynamo-Anhänger kommen über den Coubertinplatz ins Stadion, die Hertha-Fans über dem Olympischen Platz.

  • Am Mittwoch findet das DFB-Pokalspiel zwischen Hertha BSC und Dynamo Dresden statt
  • Polizei erwartet 30.000 Dresden-Fans in Berlin
  • Hochrisikospiel und gewaltbereite Anhänger: Fanlager werden getrennt
  • In der Vergangenheit gab es mehrfach Ausschreitungen

Nach dem Spiel dürfte es dann für die Polizei noch einmal spannend werden – wenn Dynamo-Fans in Berlin feiern oder ihren Frust ablassen wollen. In der Vergangenheit gab es bei Auswärtsspielen mehrfach Ausschreitungen. Neben den Hundertschaften der Polizei werden auch zahlreiche Zivilstreifen und szenenkundige Beamte unterwegs sein, um die Lage im Blick zu behalten.

Hertha BSC und Union Berlin: Fans pflegen ihre Rivalität

Am Samstag geht es es dann weiter mit dem ersten Derby zwischen Union und Hertha in der ersten Bundesliga. Von der alten Fanfreundschaft aus der Zeit vor dem Mauerfall ist nicht viel übrig, bei Lager pflegen ihre Rivalität.

Köpenick wird ab Samstagnachmittag abgeriegelt. Die Polizei will beide Fanlager schon bei der Anfahrt strikt trennen. 22.000 Menschen passen ins Stadion An der Alten Försterei. Die mehr als 2000 Hertha-Fans, die Tickets für das Spiel bei Union haben, treffen sich am Nachmittag in Friedrichshain. Von dort soll es vermutlich mit der S-Bahn nach Köpenick gehen.

Zumindest scheint sich die Polizei ihrer Sache sicher zu sein: Das Spiel darf am Abend stattfinden, schon bei der Anreise wird es dunkel. Bereits im Vorfeld haben Beamte des Landeskriminalamtes sogenannte Gefährderansprachen durchgeführt, oftmals auch bei jüngeren Fans. Die Hertha-Fanhilfe kritisierte, dass auch Menschen im privaten Umfeld gezielt verunsichert worden seien. Dies sei eine gezielte Grenzüberschreitung.

Die Zahl der Gefährderansprachen in den beiden Lagern von Hertha und Union ist jeweils zweistellig, wie die Polizei auf Anfrage erklärte. In der Behörde wurde genau registriert, wie sich die Lager in den vergangene Wochen zunehmend provozierten. Es sind szenetypsiche Rituale - das reicht von Aufklebern bis zu Graffitis in den Farben des jeweiligen Clubs und Sprüchen.

  • Bundesliga: Sonnabend treffen Union Berlin und Hertha BSC aufeinander
  • Polizei will Fanlager bei der Anfahrt strikt trennen
  • LKA hat im Vorfeld Gefährderansprachen durchgeführt
  • Einige Hertha-Gruppen haben gute Kontakte zu BFC Dynamo

Hinzu kommen Hinweise auf eine besonders provokante Aktion: Ein Container, in dem Union-Fans ihre Utensilien aufbewahrten, soll aufgebrochen worden sein. Die Rede ist von 150 verschwundenen T-Shirts. Der Polizei liegen bislang aber keine Strafanzeigen dazu vor – auch nicht zum Diebstahl von Bannern oder Fahnen. Registriert hat die Polizei in den vergangenen Wochen aber „zahlreiche Sachbeschädigungen durch Farbschmierereien mit fußballtypischen Inhalten“.

Über Problemfans in beiden Lagern führt die Polizei in der Datenbank „Szenekunde Sport“ eine Statistik. Als gewaltbereit in der Kategorie B sind jeweils mehr als 400 Fans bei Hertha und Union registriert. Als gewaltsuchend und in Kategorie C gelten bei Hertha 60 und bei Union 55 Anhänger.

Hertha BSC: Einige Gruppen pflegen Kontakte zu Dynamo

Bei Hertha könnten aber noch einige hinzukommen – durch den BFC Dynamo. Einige Hertha-Gruppen pflegen seit einiger Zeit gute Kontakte zu Dynamo, 110 Anhänger werden dort als Hooligans der Kategorie C eingestuft. Vor allem: Der BFC und Union sind nicht nur Rivalen, sondern waren schon in der DDR verhasste Feinde. Es ist gut möglich, dass BFC-Fans am Samstag in den Reihen von Hertha mitmischen.

  • Mehrere Demos am Sonnabend erwartet
  • Überstunden der Hundertschaften steigen rapide
  • GdP mahnt „extreme Belastung unserer Kollegen“ an

Die Berliner Polizei hat an diesem Samstag aber auch noch mit Demonstrationen zu tun. Linke Gruppen haben Demonstrationen für „Freiräume“ angemeldet. Eine führt vom Lausitzer Platz in Kreuzberg zum Petersburger Platz in Friedrichshain – also in die Nachbarschaft der Rigaer Straße, die andere von Neukölln zum Schlesischen Tor. Hinzu kommen zwei Aufrufe zu Demonstrationen, zu denen aber noch keine Anmeldungen vorliegen. Ein Aufruf richtet sich gegen den türkischen Einmarsch in die kurdischen Gebiete in Syrien, bei dem anderen geht es um den Erhalt des Jugendzentrums „Potse“.

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Die Einsatzkräfte in den Hundertschaften sind ohnehin am Limit, die Überstunden steigen rapide. Bei den Klimaschutz-Protesten von „Extinction Rebellion“ vor einigen Wochen waren die Beamten im Dauereinsatz. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) berichtete von 70-Stunden-Wochen, die Beamte im Dienst waren.

Polizei Berlin: Angespannte Lage und Überstunden

Jetzt sagt der Berliner GdP-Sprecher Benjamin Jendro, die Berliner Polizei werde die beiden brisanten Fußballspiele in dieser Woche „mit erhöhtem Personaleinsatz begleiten müssen“. Durch die Demonstrationen „wird das wieder eine Wochen extremer Belastung für unsere Kollegen“.

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Tatsächlich zeigt diese Woche, wie angespannt die Lage bei der Berliner Polizei ist. Die Hundertschaften sind teilweise nicht einmal voll besetzt, es klaffen große Lücken in den Einheiten. Die Zahl der Überstunden bei den den Vollzugskräften der Polizei erreichte zur Jahreshälfte einen Rekord von 1,8 Millionen.

„Wenn wir ehrlich sind, sprechen wir da in Berlin mittlerweile von einem dauerhaften Ausnahmezustand“, sagt Jendro. „Wir reden nicht ohne Grund von einer notwendigen Aufstockung des jeweiligen Personalkörpers der einzelnen Einsatzhundertschaften und zusätzlichen Einheiten.“ Zumindest für diese Woche hofft die GdP, dass die anderen Bundesländer „die besondere Bedeutung der Hauptstadt“ beachten – die angeforderten Unterstützungseinheiten nach Berlin schicken.

Die Polizei muss neben dem Stadtderby und den Demonstrationen noch eine weitere Veranstaltung absichern, die zumindest für den Verkehr relevant ist. Am Samstagabend werden mehrere Tausend Menschen in der Mercedes Benz-Arena in Friedrichshain zu einem Konzert erwartet. Dort spielt dann: Dieter Bohlen. Aber das dürfte da geringste Problem für die Berliner Polizei sein.

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