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Schön warm sollen die Gäste es draußen haben, wenn sie trotz Pandemie auch in kalten Monaten ins Lokal wollen. Was erlaubt ist, haben die Bezirke unterschiedlich geregelt.

© dpa

Heizpilz-Debatte in Berlin: Manche Bezirke erlauben Heizpilze, andere nicht

Gastwirte brauchen jetzt Lösungen für die kalte Jahreszeit, doch ein Treffen von Bezirken und Verband ist geplatzt. Jeder macht sein Ding.

Von Ronja Ringelstein

Der Herbst wird kommen, so viel ist sicher. Doch wie die Außengastronomie sich mit Blick auf die Coronapandemie entwickeln wird, ist völlig offen. In manchen Bezirken sind die Gastronomen mit der Frage, wie sie sich auf die kühle Jahreszeit vorbereiten sollen, völlig auf sich allein gestellt. Die Bezirke fühlen sich teilweise nur bedingt zuständig, aktiv an Lösungen mitzuarbeiten.

Der Berliner Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hatte die zuständigen Stadträte aller Bezirke am Donnerstag zu einem Treffen geladen, um Strategien für Herbst und Winter zu bespreche – doch das ist geplatzt. Es sei „aus terminlichen Gründen“, wie es vom Dehoga hieß, nicht zustande gekommen. Wäre mindestens die Hälfte der Bezirke am Donnerstag vertreten gewesen, hätte der Termin stattgefunden.

Dabei wäre ein Plan, wie mit den sinkenden Temperaturen umgegangen werden soll, für viele Gastronomen und Gäste wünschenswert.

Charlottenburg-Wilmersdorf will Heizpilze temporär erlauben

Die Bezirke handhaben Erlaubnisse und Verbote höchst unterschiedlich. Dies zeigt sich bereits bei dem Einsatz von sogenannten Heizpilzen. In einigen Bezirken sind sie verboten und sollen es auch bleiben. In anderen nicht – so entscheidet nun der Standort der Restaurants darüber, ob die Gäste künftig ausbleiben, wenn sie draußen sitzen, aber nicht frieren wollen. Der Tagesspiegel hat alle zwölf Bezirksämter abgefragt, welche Strategien und Ideen der jeweilige Bezirk entwickelt, damit Außengastronomie – sprich: das „Draußensitzen“ in Restaurant und Bar – verlängert werden kann. Geantwortet haben sieben. Während die meisten beteuern, die Sorgen der Gastronomen zu sehen, haben die wenigsten Vorschläge gemacht, wie ihnen geholfen werden kann.

Charlottenburg-Wilmersdorf zum Beispiel möchte den Einsatz von Heizstrahlern zeitlich begrenzt ausnahmsweise erlauben. Arne Herz (CDU), Wirtschaftsstadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf, hat sich auf eigene Faust mit dem Dehoga getroffen und mit dem Verband Ideen abgestimmt. „Wir wollen auch in der kalten Jahreszeit den Berlinerinnen und Berlinern einen Besuch unter Pandemiebedingungen möglich machen“, sagte Herz. Deshalb duldet der Bezirk bis Ende März „die Errichtung von Einhausungen oder Überdachung samt der Benutzung von Wärmequellen“ im Oberstreifen des Gehwegs innerhalb der genehmigten Fläche.

Friedrichshain-Kreuzberg findet Raumlüftungsgeräte sinnvoller

Nicht alle sind so flexibel. Wer in Mitte gegen das Verbot von Heizstrahlern verstößt, zahlt ein Bußgeld zwischen 50 und 200 Euro. Eine Erlaubnis bringe alle Gastronomen in Zugzwang, auch die, die sich diese Geräte nicht leisten könnten, sagte Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne). „Da bringen moderne Lüftungsgeräte in den Restaurants und Bars definitiv mehr, zumal sie auch kein Sicherheitsrisiko darstellen.“ In Steglitz-Zehlendorf wiederum werden Zelte und Heizstrahler auf Sondernutzungsantrag erlaubt. Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) spricht sich für ein Abwägen „mit Augenmaß“ aus.

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In Tempelhof-Schöneberg gehen die politisch Verantwortlichen davon aus, dass die Restaurants aufgrund ihrer Erfahrung mit dem Umgang des Rauchverbots in Gaststätten „die hier bewährten Mittel für den Aufenthalt im Außenraum“ anwenden. Welche das sind zählt das Bezirksamt nicht auf. „Heizpilze“ und Infrarot-Heizer sind in Schöneberg aus Klimaschutzgründen nicht erlaubt. Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) sagte dem Tagesspiegel, die Situation der Gastronomie und insbesondere der Barszene mache ihr große Sorgen. „Kurzfristig wäre besonders wichtig, diesen Betrieben mit einem passgenauen finanziellen Unterstützungsangebot das wirtschaftliche Überleben zu sichern. Die Bars sind nicht nur ein Wohlfühlfaktor, hier stehen viele Existenzen und Arbeitsplätze auf dem Spiel.“

In Pankow ist man noch unsicher - vielleicht werden Infrarot-Strahler erlaubt

Aus Pankow heißt es, das Bezirksamt habe die Thematik als Kollegialorgan „bereits andiskutiert und will sich in Kürze zu Vorgaben verständigen“. Gasbetriebene Heizpilze sind zwar verboten, aber eine Erlaubnis von Infrarot-Heizstrahlern werde beispielsweise unter Einsatz von Ökostrom diskutiert. „Heizdecken beziehungsweise -matten sind eventuell auch eine Alternative, zumal eine vollständige Einhausung der Bereiche aus Brand- und Infektionsschutzgründen vermieden werden sollte“, heißt es aus dem Bezirksamt Pankow.

Auch in Friedrichshain-Kreuzberg, ist man beim Einsatz von Infrarotstrahlern noch uneins. „Im Sinne der Wettbewerbsgleichheit wünschen wir uns eine einheitliche Genehmigungspraxis und für die Unternehmen kostengünstige Lösungen. Es sind aber auch Umwelt- und Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen“, schreibt Sprecherin Sara Lühmann.

Damit bleibt das Thema in Berlin weiter uneinheitlich, was unter anderem Christian Gräff, der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, bemängelt. „Die Koalition in Berlin hat es abgelehnt zur Lage der Gastronomie und speziell der Bars die Branche anzuhören, genauso geht der Senat auch mit der Branche um, er hat keine Wertschätzung und keinen Plan für diese Unternehmen“, sagte Gräff. Hintergrund ist, dass eine Anhörung Betroffener im Wirtschaftsausschuss nicht mehr vor den Herbstferien stattfindet.

Wirtschaftssenatorin dankt den Gastronomen per Brief

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) hat sich derweil per Brief persönlich an die 16000 Gastronomen der Stadt gewandt. In dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, formuliert sie sowohl Dank für das Durchhaltevermögen der Betroffenen als auch den Appell, entsprechend der Kampagne von VisitBerlin und Dehoga, die am Montag vorgestellt worden war, zu handeln: Gäste und Gastwirte sollen mit Werbesprüchen wie „Endlich – Die Bedienung will deine Nummer“ – zur Einhaltung der Corona-Hygiene- und Abstandsregeln ermuntert werden. Pop betont in dem Brief: „ Wir überprüfen fortlaufend, inwieweit die Einschränkungen in der Gastronomie weiter notwendig sind und wie wir Ihre Arbeit wieder erleichtern können. Das geht aber nur, wenn wir gemeinsam das Virus in Schach halten.“

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