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Berlin: Heinz Zellermayer (Geb. 1915)

Eitel, zielbewusst, polyglott, stolz auf seinen Bentley mit der Nummer „B-A 1“

Mal angenommen, Heinz Zellermayer hätte sich damals, 1949, nicht mit einer Flasche Whiskey in der Tasche zum amerikanischen Stadtkommandanten Frank Howley gedrängelt. Wäre Berlin dann die Stadt geworden, die es heute ist? Die legendäre Sauferei der beiden Männer währte offenbar nicht besonders lang – aber sie brachte die Aufhebung der Sperrstunde und Berlin damit den Ruf der Metropole, die niemals schließt.

So einer war Zellermayer, der es später zum „Hotelkönig“ brachte, eitel, zielbewusst, weltläufig, polyglott, stolz auf seinen Bentley mit der stadtbekannten Nummer „B-A 1“. Die Abschaffung der Sperrstunde war nur die bekannteste und plakativste der zahlreichen Ideen, die der gebürtige Berliner ausbrütete und umsetzte. Er stammte aus einer wohlhabenden Bankiersfamilie, absolvierte die standesgemäße Ausbildung auf der Fachschule Lausanne, eröffnete mit Otto Horcher während des Krieges Restaurants in Paris und Berlin, betrieb den deutschen Pavillon auf der Pariser Weltausstellung.

Zurück im ausgebombten Berlin, zeigte er Pioniergeist in Ruinen. Er schaffte eine Ziege auf den Dachboden des ererbten Hotels am Steinplatz, um den Gästen Milch servieren zu können. Sein Restaurant Zellermayer öffnete er 1945 mit nichts als einem irgendwo organisierten Stück Fleisch und einer großen Dose Bohnen. Die Geschäfte kamen ins Laufen, doch Zellermayer war keiner, der nur an Gewinnmaximierung dachte. Er gründete die Gaststätten-Innung, dann den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, war überall dabei, wo es in Berlin um die Gastronomie und ihre touristischen Perspektiven ging.

1952 eröffnete er das Schultheiß-Bräuhaus am Kurfürstendamm, fünf Jahre später das noble Parkhotel Zellermayer in der Meinekestraße. Autobahnraststätten und ein Gasthof auf Sylt kamen dazu, eine Beteiligung an einer kleinen französischen Handelskette. 1958 zog er für die CDU ins Abgeordnetenhaus ein – und blieb dort bis 1979. Mitglied des IHK-Vorstands, Kuratoriumsvorsitzender, Krankenkassenvorsitzender, Bundesverdienstkreuz in drei Stufen, ein rastloser Schaffer, dazu ein Partylöwe von Graden, immer auf der Piste in feinem Tuch, befreundet mit Rolf Eden und Hildchen Knef und allen anderen, die was bedeuteten auf dem Berliner Boulevard. Er ging in Afrika auf Großwildjagd und sorgte dafür, dass das in Berlin nicht unbemerkt blieb, und er legte sich, offenbar erfolgreich, mit Schutzgeldeintreibern an – davon ist ihm der wunderliche Beiname „Le Grand Manitou“geblieben. Seine vierte und letzte Frau, die Holländerin Anne, heiratete er mit 60.

Ein solches Leben passte nur schwer zu den Routineverpflichtungen. Zu Sitzungen von Partei und Verbänden kam er oft spät, ging früh und las zwischendurch Zeitung, denn wo es nichts zu bewegen gab, da mochte er nicht rumsitzen. Nach dem Erreichen des Rentenalters ließ er es nur geringfügig ruhiger angehen, leitete weiter die Hotel- und Gaststätteninnung bis 1990, um sofort in den Ehrenvorsitz zu wechseln.

Er stand weiter früh auf, las die Zeitungen, ging dann im Bademantel aus seiner Grunewalder Villa über die Straße, um im Pool des Tennisclubs Blau-Weiß zu schwimmen. Er war von offenbar gusseiserner Gesundheit, blieb so schlank wie in der Nachkriegszeit. Erst 2008, mit 93 zog er sich mit seiner Frau in die Schweiz zurück. Sein letzter Auftritt in Berlin fand an einem historischen Ort statt, ebenfalls 2008: Es war die Schließungsfeier des Flughafens Tempelhof. Zellermayer war selbstverständlich gegen diese Schließung, hielt mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg, einer der letzten eingeborenen West-Berliner alten Schlages.

In der Nacht zum 31.Oktober ist er in einem Schweizer Spital friedlich gestorben. Die offizielle Trauerfeier des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands soll am 21. November in Berlin stattfinden. Schon am 15. November will sich die Familie verabschieden, standesgemäß im Adlon. Bernd Matthies

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