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Immer noch Baustelle: Der Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)

© dpa/Ralf Hirschberger

Hauptstadtflughafen: Flughafenexperte zum BER: „Da haben manche den Schuss noch nicht gehört“

Im Beteiligungsausschuss des BER gibt es Zoff über Baukosten, Risiken und Eröffnungstermine. Trotz Einladung schickte die größte Firma am BER keinen Vertreter ins Abgeordnetenhaus.

Von Sabine Beikler

Der SPD-Flughafenexperte Jörg Stroedter war sauer. „Da haben manche den Schuss noch nicht gehört“, sagte der Vorsitzende des Unterausschusses Beteiligungsmanagement und -controlling am Donnerstag zu Beginn der BER-Anhörung. Trotz Einladung schickte die Firma Caverion keinen Vertreter ins Abgeordnetenhaus.

Caverion ist die größte und wichtigste Firma am BER, zuständig etwa für die Mechanik der Entrauchung oder die Sprinkleranlage, die nachgerüstet werden muss. Aber alle anderen Gäste waren gekommen: Flughafenkritiker, Risikomanager, die Spitze der Flughafengesellschaft (FBB) und Vertreter der BER-Gesellschafter.

Bis Ende des Jahres sollen die Arbeiten beendet sein, sagte FBB-Chef Engelbert Lütke Daldrup. Er hält am Eröffnungstermin Herbst 2020 fest. Risikomanager Peter Hess kommt mit seinem Risikomodell zum Ergebnis, dass der BER optimistisch gerechnet im August 2021, realistisch gesehen im Juni 2022 und pessimistisch betrachtet im Februar 2023 eröffnet werden kann.

FBB ist "gut gerüstet"

Hess stellte sein mit Daten und Fakten gespicktes „Risk Assessment Check Modelling“ vor und ergänzte, er habe 2016 sein Modell dem früheren FBB-Chef Karsten Mühlenfeld angeboten und die Antwort erhalten, man sei als FBB „gut gerüstet“. Für den Flughafenkritiker Dieter Faulenbach da Costa ist eine Eröffnung im Herbst 2020 „unwahrscheinlich“.

Faulenbach da Costa rechnete die erhöhten Passagierzahlen vor. Hatte man den Terminal ursprünglich auf 18 Millionen Passagiere pro Jahr konzipiert, seien es jetzt schon 27 Millionen plus sieben Millionen Passagiere in Schönefeld. Dadurch würden die Brandlasten erhöht. Der FBB wäre verpflichtet, die Entrauchungsanlage der gestiegenen Brandlast anzugleichen.

Faulenbach da Costa forderte die Gesellschafter auf, sich noch einmal über ihre Strategie auseinanderzusetzen, eigentlich „sofort“ eine dritte Piste zu bauen, Tegel offenzuhalten und ein „Flughafensystem“ rund um einen „Premium Airport Schönefeld“ aufzubauen.

FBB-Chef Lütke Daldrup betonte, dass für eine Eröffnung 2020 „erhebliche Puffer“ eingeplant seien. Man habe Kompetenzteams gebildet, die die Aufgabe hätten, die Anlagen des BER „final mängelfrei“ fertigzustellen. Mit den dort beschäftigten Baufirmen habe man Verträge mit Bonus- und Malus-Regelungen ausgehandelt. Die FBB fand mit der Firma Caverion im November eine Regelung. Seitdem sei deren „Leistungsbereitschaft zufriedenstellend“, sagte Lütke Daldrup.

In vertraulichen Unterlagen des FBB an den Ausschuss , die dem Tagesspiegel vorliegen, werden vier prüfpflichtige Anlagen als kritisch eingestuft: die Entrauchungssteuerung, Brandmeldeanlagen, Kabelgewerke und die Sprinkleranlage. Für die Entrauchungsanlage ist Siemens verantwortlich. Die Arbeiten sollen im Dezember 2018 abgeschlossen sein.

Die Firma Bosch hat die fünf Brandmeldezentralen im Fluggastterminal errichtet. Die Kapazitäten bei Bosch seien „aufgestockt“ worden. Ein konkreter Zeitpunkt für die Beendigung der Mängelbeseitigung ist in der Vorlage nicht erwähnt. Die Kabelgewerke seien „risikobehaftet“, Mängel würden durch die Firma ROM beseitigt. Und die Mängel bei der Sprinkleranlage würden durch die Firma Caverion „stringent und konstruktiv abgearbeitet“.

FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja fragte, was Lütke Daldrup machen würde, wenn der FBB nun doch teurer werden würde. Zahlen, wonach der BER insgesamt zehn bis 12 Milliarden Euro kosten könnte, seien „schlicht Unsinn“, sagte der FBB-Chef. Die Baukosten bezifferte er wie im Hauptausschuss am Mittwoch auf fünf Milliarden Euro plus 730 Millionen Euro Aufwendungen für Schallschutz. Bis auf „einige 100“ Anträge seien rund 20.000 Anträge für Schallschutz „abgearbeitet“ worden.

Die Eröffnung im Herbst 2020 sei „fachlich abgeleitet“, sagte Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider. Mit dem Masterplan für den Ausbau wolle man „Visionen für die Zukunft entwickeln und Fehlplanungen verhindern“. Im Mai sollen die Finanzierungspläne vorliegen.

Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) rechnet, dass „100 bis 200 Millionen Euro“ von den Gesellschaftern Bund, Berlin und Brandenburg finanziert werden müssten. Bretschneider und Kollatz-Ahnen betonten, dass eine eigenständige Projektgesellschaft gegründet werden solle, um den geplanten Ausbau des BER zu koordinieren – nach dessen Eröffnung.

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