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Für die Besucher des Hauptstadtflughafens BER liegen im Besucherzentrum schon Helme bereit.

© dpa

Hauptstadtflughafen BER: Eröffnung 2019 oder doch erst 2023 – oder?

Der Aufsichtsrat berät, wie ein BER-Start 2019 noch klappen kann. Ein Experte glaubt nicht daran.

Ein Mann hat voll ins Schwarze getroffen, mit seiner Prognose zum BER-Start damals, die er allen BER-Verantwortlichen schickte: Ohne professionelles Krisenmanagement, im „pessimistischen Szenario“, werde der neue Berliner Airport erst am „17. September 2019“ eröffnen können. Wenn man’s gut macht, könnte es vielleicht 2018 etwas werden, so warnte er, im Januar 2013. Nach einem gründlichen Check des Projektes.

Jetzt, vier Jahre später, in denen alles schiefging, was schiefgehen kann, versucht die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) unter Führung des Berliner Ex-Staatssekretärs Engelbert Lütke Daldrup selbst, wenigstens noch eine Eröffnung des neuen Airports in Schönefeld bis 30. September 2019 hinzubekommen.

gefürchtete „Wirkprinzipprüfungen“

Diese verbindliche Zusage hat, wie der Tagesspiegel publik machte, die FFB gegenüber der Europäischen Kreditbank abgegeben. Am Freitag beriet der Aufsichtsrat in Tegel erneut darüber, wie das noch gelingen kann, obwohl allein die Bauarbeiten – danach müssen noch zwölf bis 15 Monate für Tests, Abnahmen und den Probebetrieb veranschlagt werden – nach dem offiziellen Fahrplan noch bis zum 31. August 2018 dauern werden.

Und niemand weiß, was die gefürchteten „Wirkprinzipprüfungen“, die für die Abnahme nötigen Tests aller Systeme im Zusammenspiel, alles noch zutage bringen.

Es bleibt unverbindlich

Als Lütke Daldrup und Aufsichtsratschef Rainer Bretschneier am Abend nach der über siebenstündigen Sitzung in Tegel vor die Presse traten, wollten sich beide nicht zum Eröffnungstermin äußern. Auch nicht zum gegenüber der EU-Bank zugesagten Datum. Es bleibe bei der bisherigen Linie, hieß es. Danach soll bis Ende 2017 bekannt gegeben werden, wann der neue Airport nun im fünften Anlauf starten soll.

Damit bleibt vor dem Berliner Volksentscheid am 24.September über Tegel ungewiss, wann der als Nachfolge-Airport vorgesehene BER eröffnet. Zur Lage auf der Baustelle, wo es dem Vernehmen nach kaum vorangeht, äußerten sich die Verantwortlichen ebenfalls nicht.

Festhalten am Masterplan

Um so ausführlicher informierte Lütke Daldrup über die neue „Masterplanung 2040“, den zu kleinen neuen Airport in der nächsten 23 Jahren auf eine Abfertigungskapazität von 55 Millionen Passagieren zu erweitern. Und zwar in der Mitte, vor allem durch Anbauten am Hauptterminal um den Willy-Brandt-Platz herum und später einem Satelliten.

Vom Aufsichtsrat bekam Lütke Daldrup „einmütig“ grünes Licht, diesen Weg weiter zu verfolgen, wobei Rechts-, Genehmigungsfragen und die Finanzierung des grob auf 2,3 Milliarden Euro geschätzten Programms bislang nicht geklärt sind. Mit Blick auf die Tegel-Debatte betonte Lütke Daldrup, dass schon bis 2021 die Kapazität in Schönefeld auf 46 Millionen Passagiere erhöht wird. Und zwar am BER von 22 auf 33 Millionen Passagiere, in dem dort ein neues Billigterminal gebaut, die Gepäckanlage erweitert und das Nordpier verlängert wird.

Parallel sollen im alten Schönefelder Airport bis 2025 jährlich 13 Millionen Passagiere abgefertigt werden. „Das macht deutlich, dass wir auch schon in der ersten Phase kapazitativ einen leistungsstarken Flughafen haben werden“, sagte Lütke Daldrup.

Der ernüchternde Faktencheck

Trotzdem muss dafür der BER vorher erst einmal ans Netz, vielleicht im September 2019, wie 2013 prophezeit. „Es ist alles so gekommen, wie es damals unser Modell berechnete. Man wollte es nicht wahrhaben. Es hat nie eine Antwort gegeben“, sagte Peter Hess, Geschäftsführer der Firma Berotronika aus Mainz, am Freitag dem Tagesspiegel.

Er war der Experte, der damals alle warnte, Klaus Wowereit, Matthias Platzeck, Hartmut Mehdorn, Horst Amann, Peter Ramsauer. Niemand wollte es hören. Inzwischen ist keiner mehr im Amt. Er ist auf das Risikomanagement von Großprojekten spezialisiert, hat Rüstungsvorhaben begleitet, die ähnlich störanfällig sind wie der BER.

"Ich glaube nicht mehr daran"

Vor ein paar Wochen hat Hess wieder ein Schreiben abgeschickt, nämlich am 8. August eine E-Mail, an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). So wie damals hat er angesichts der aktuellen Entwicklungen noch einmal den BER seinem computergestützten Detailcheck von fast 8000 für eine Inbetriebnahme relevanten Fragen unterzogen.

Über eine Eröffnung im Jahr 2019 redet Hess nicht mehr. Sein Modell kommt nun zum Ergebnis, dass der BER frühestens (Szenario „Optimistic“) im August 2021 eröffnen kann, realistisch (Szenario „Most Likely“) im Juli 2022 und im kritischen Fall („Pessimistic“) im Februar 2023. Wenn er sich statt auf den Computer allerdings auf sein Bauchgefühl verlässt, kommt Hess zu einem anderen Ergebnis: „Ich glaube nicht mehr daran, dass es mit dem BER überhaupt noch etwas wird.“

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