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Rund 500 Berliner:innen müssen jährlich wegen Fahrens ohne Fahrschein eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe absitzen. 

© Christoph Soeder/dpa

Update

Haft nach Fahrt ohne Fahrschein: Aktivisten kaufen 21 Berliner aus Gefängnis frei

Wer wiederholt ohne Fahrschein mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, muss hohe Strafen zahlen – oder gar in Haft. Die Initiative „Freiheitsfonds“ kritisiert die Praxis scharf.

Hunderte Menschen kommen jedes Jahr in Haft, nachdem sie ohne Fahrschein mit BVG oder S-Bahn gefahren sind: Wenn sie die entsprechenden Strafen wiederholt nicht zahlen, müssen sie eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe“ ableisten.

Die Initiative „Freiheitsfonds“ von „Frag den Staat“-Gründer Arne Semsrott will diese Praxis ändern: Nach eigenen Angaben haben sie in den vergangenen Tagen insgesamt 21 Menschen aus Berliner Gefängnissen freigekauft, die wegen des Fahrens ohne Fahrschein inhaftiert waren. Darunter waren demnach auch alle Frauen, die wegen des Deliktes einsaßen.

„"Fahren ohne Fahrschein" ist seit 1935 eine Straftat, eingeführt von den Nazis. Tausende Menschen müssen jedes Jahr ins Gefängnis, weil sie sich kein Ticket für Bus und Bahn leisten können. Dieses System ist entwürdigend, willkürlich und sinnlos. Es muss abgeschafft werden“, schreibt Arne Semsrott auf seinem Twitter-Account

Mit Spenden habe die Initiative demnach für 28.420 Euro insgesamt 2130 Hafttage aufgelöst, was laut Rechnung der Aktivist:innen dem Staat zugleich fast 320.000 Euro Haftkosten erspare.

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In Berlin sitzen jährlich rund 500 Menschen eine Ersatzfreiheitsstrafe ab, offiziell heißt das Delikt „Erschleichen von Leistungen“. Im Durchschnitt sitzen die Betroffenen laut Justizverwaltung 30 Tage in Haft und kosten das Land damit Millionen: Ein Hafttag kostet den Staat rund 160 Euro. 

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Laut den Aktivist:innen der Freiheitsfonds-Initiative sind insbesondere arbeitslose Menschen, Menschen ohne festen Wohnsitz und solche, die bereits als suizidgefährdet gelten, von Ersatzfreiheitsstrafen betroffen – da sie sich zunächst den Fahrschein und dann anschließend auch die Geldstrafen nicht leisten können. Die Initiative verweist dabei auf eine aktuelle Recherche von „Frag den Staat“ und dem „ZDF Magazin Royale".  

Angezeigt wegen des „Erschleichens von Leistungen“ wird in der Regel, wer mindestens drei Mal beim Fahren ohne Fahrschein erwischt wurde. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jenen Menschen auferlegt, die sich die daraus resultierende Geldstrafe nicht leisten können oder wollen. 

Die künftige Ampel-Koalition im Bund will das Thema angehen: Im Koalitionsvertrag heißt es, dass die drei Parteien sich im Bund „für weitere Schritte zur Entkriminalisierung des Fahrens ohne Fahrschein und des Containerns“ einsetzen wollen. Besser als eine Inhaftierung sei deren Vermeidung: So sollen Angebote wie die gemeinnützige Arbeit statt Strafe gestärkt und auch die Quote, nach der Geldstrafen in Hafttage umgewandelt werden, angepasst werden.

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