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Gar nicht niedlich. Aber die Nacktmulle leben das Matriarchat.

©  Olaf Wagner/imago

„Hässliches/du hast so was Verlässliches“: Über den gewaltigen Machtkampf der Nacktmulle

Im Berliner Tierpark ist nach sieben Jahren auf dem Thron die Nacktmull-Königin ermordet worden. Unser Autor ordnet die Intrigen am Nacktmull-Hofstaat an.

Wahre Schönheit kommt von innen. Sagt man. Aber wir können einen Nacktmull so lange anschauen, wie wir wollen: Da kommt nichts. Es bleibt dabei, dass die Viecher aussehen wie eine verdorbene Bratwurst ohne Darm, aber mit schlechten Zähnen, und es wird sich weltweit kein Zoo finden, der sie für Millionensummen ausleiht wie die Pandas, die zweifellos attraktiver wirken.

Doch dafür sind die Bären viel langweiliger mit ihrem ewigen Bambusgemampfe. Denn was sich dieser Tage bei den Nacktmullen im Tierpark abgespielt hat, erinnert an das ganz große Theater, an Maria Stuart gegen Elisabeth I., um mal eine Hausnummer zu nennen.

Es gab im Gehege in Ermangelung mulldemokratischer Kräfte eine Monarchin, die vor sieben Jahren ihren Hofstaat von elf Nachkommen von Dresden nach Berlin verlegt hatte und diese Welt nun nach 450 Söhnen und Töchtern verlassen musste, weggebissen und gemordet von ihren möglichen Nachfolgerinnen.

Viele hässliche Nacktmullen.
Viele hässliche Nacktmullen.

© Roland Gockel

Wer gewonnen hat und somit die Thronfolge antritt, das wissen die Tierpark-Experten noch nicht. Aber es wird ein Weibchen sein, das ist nun mal so, genau, wie es keinen Bienenkönig gibt; gendertheoretisch ist der Nacktmull noch ein unbeschriebenes Blatt, und wäre mal einer queer, würde es niemand merken.

Eins ist sicher: Die Neue ist genauso hässlich wie ihre Vorgängerin. Aber wie erkannte Robert Gernhardt? „Dich will ich loben, Hässliches/du hast so was Verlässliches.“ Ein Zweizeiler, wie geschaffen für den Nacktmull und seine unzähligen Nachkommen. Einfach mal vortragen, demnächst im Tierpark.

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