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Los geht's: Bagger müssen den Viadukt der Siemensbahn freilegen.

© Jörn Hasselmann

Update

Hält der Stahl-Viadukt?: Hier soll die S-Bahn zum 600-Millionen-Euro-Campus von Siemens fahren

Die Arbeiten zur Reaktivierung der Berliner Siemensbahn haben begonnen. Besucher zum Start: Bahnvorstand Pofalla und Verkehrssenatorin Günther.

Neun Jahre noch, dann soll die Siemensbahn wieder fahren. 2029 also, dann wird die Strecke 100 Jahre alt. Neun Jahre sind zwar eine lange Zeit, für Berliner Bauprojekte aber Normalität. Der Countdown läuft ab jetzt – denn die ersten Arbeiten an der Trasse haben nun begonnen: Es wird geprüft, wie stabil der historische Stahlviadukt noch ist.

Am Donnerstag nahmen Ronald Pofalla, Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn, und Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) am Bahnhof Wernerwerk in Siemensstadt die Trasse in Augenschein. Sie überbrückt hier das Industriegebiet von Siemens teils wie die Kreuzberger Hochbahn auf einem Viadukt.

Bagger holen zunächst den Steinschotter von der Stahlkonstruktion. 1980 war die Stichlinie von Jungfernheide nach Gartenfeld stillgelegt worden, 40 Jahre hatten Stahl und Blech also Zeit zum Rosten. Berlins Bahnchef Alexander Kaczmarek, der die Bahnhöfe der Trasse mittlerweile von zahlreichen Besuchen kennt, erklärte die Arbeiten so: „Erst wenn der Schotter entfernt ist, können die Buckelbleche in Augenschein genommen werden.“

Es ist der „Beginn der bautechnischen Untersuchungen“, wie die Bahn mitteilte. 2029 sollen wieder Züge als S6 zwischen Gartenfeld und Hauptbahnhof fahren. Bekanntlich plant der Siemenskonzern für 600 Millionen Euro einen neuen Campus für Start-ups, und Forschung, es sollen 2800 Wohnungen, ein Hochhaus und ein Hotel gebaut werden. Wegen dieser Investition hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) 2018 versprochen, die Strecke zu reaktivieren.

Im vorigen Jahrhundert hatte Siemens die 4,5 Kilometer lange Zweigstrecke auf eigene Rechnung gebaut, um die vielen zehntausend Arbeiter in die Werke zu bekommen. Die Anbindung an den Hauptbahnhof hatte Siemens gefordert, derzeit werden die Gleise für den Abzweig vom Nordring in die neue unterirdische Station am Hauptbahnhof gelegt.

1971 wurde der Viadukt am Bahnhof Wernerwerk zuletzt gestrichen, fast 50 Jahre konnte er seitdem rosten. 
1971 wurde der Viadukt am Bahnhof Wernerwerk zuletzt gestrichen, fast 50 Jahre konnte er seitdem rosten. 

© Jörn Hasselmann

3300 Tonnen Schotter, 2500 verfaulte Holzschwellen

Die eigentlichen Bauarbeiten sollen 2026 beginnen, dafür bleiben nur drei Jahre. Bis dahin wird geplant und vorbereitet. Vor einigen Tagen wurde begonnen, 3300 Tonnen alten Schotter und 2500 verfaulte Holzschwellen abzuräumen. Der auf Raupen fahrende Bagger kann täglich rund 60 Schwellen abtransportieren, sagt ein Arbeiter.

Das, was unter dem Schotter zum Vorschein kommt, sieht bislang gut aus, sagte Bahnchef Kaczmarek. Es sei sehr wahrscheinlich, dass der 800 Meter lange und „stadtbildprägende“ Viadukt erhalten werden kann, den Denkmalschutz wird das freuen. Der Rest der Strecke verläuft auf einem Damm.

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Parallel laufen Umweltuntersuchungen sowie die Vermessung des gesamten Streckenabschnitts, teilte die Bahn am Donnerstag mit. Ralf Armbruster, der sämtliche Berliner Großprojekte der Bahn verantwortet, berichtete, dass viele Pläne und Unterlagen in den Archiven fehlen, deshalb die Vermessung.

DB-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla sagte: „Der Dornröschenschlaf ist vorbei. Die Reaktivierung der Siemensbahn sei ein starkes Signal für Berlin und für den Siemens-Innovationscampus.

So sieht der Bahnhof Wernerwerk 40 Jahre nach der Stilllegung aus. 
So sieht der Bahnhof Wernerwerk 40 Jahre nach der Stilllegung aus. 

© Jörn Hasselmann

Verkehrssenatorin Günther betonte: „Die Siemensbahn steht ganz oben auf unser Liste.“ Ähnlich hatte der Bahnchef kürzlich formuliert: „Die Siemensbahn hat Prioriät 1.“ Günther warnte aber schon einmal, dass die Siemensbahn ein „sehr komplexes Projekt“ sei. Denn selbst, wenn der Viadukt standfest sein sollte: Es fehlen zum Beispiel zwei Brücken über die Spree.

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Sie waren abgerissen worden, eine davon bei der Begradigung des Flusses vor etwa 20 Jahren. Und im Bahnhof Jungfernheide müsse eine dritte Bahnsteigkante gebaut werden, sagte Kaczmarek dem Tagesspiegel. „Die brauchen wir, um die Ringbahn nicht zu stören.“ Günther berichtete, wie schnell vor 100 Jahren gebaut wurde: „1925 wurde die Strecke beschlossen, 1927 war Baubeginn, 1929 war sie fertig.“ Die Latte hänge also sehr hoch, heute ist das Tempo nicht mehr möglich.

[Mit der neuen S-Bahnlinie S6 von Siemensstadt bis zum Hauptbahnhof - doch was ist nun mit der Verlängerung? Die Siemensbahn ist seit Monaten Top-Thema im Spandau-Newsletter. Den gibt es hier leute.tagesspiegel.de]

Bekanntlich soll die Bahn später Richtung Havel verlängert werden. Eine Studie soll klären, wie das am sinnvollsten möglich ist, sagte Günther. Wann und wie die Strecke einmal tatsächlich weiterführt, ist völlig offen, viele Jahre oder sogar Jahrzehnte nach 2029, das ist sicher. Ein Tunnel unter der Havel zur Anbindung von Spandauer Wohngebieten würde sehr teuer werden. Klar ist, dass dann die Endstation Gartenfeld wieder abgerissen werden müsste.

Kaczmarek berichtete, dass Siemens schon vor 100 Jahren eine Verlängerung geplant habe. Um die Endstation leichter wieder abreißen zu können, sei das Bahnsteigdach von Gartenfeld damals nur aus Holz errichtet worden – und nicht wie der Rest der Strecke aus Stahl.

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