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Polizisten durchsuchen am Mittwoch eine Mann an einer Berliner Grundschule in Gesundbrunnen im Bezirk Mitte. Später stellt sich heraus: falscher Alarm.

© Paul Zinken/dpa

Grundschule in Berlin-Gesundbrunnen: Fake-Notruf könnte für 17-Jährigen richtig teuer werden

Viereinhalb Stunden dauerte der Polizeieinsatz, den ein junger Mann am Dienstag auslöste – wohl aus Spaß. Nun läuft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn.

Von Fatina Keilani

Der Anrufer kam sich womöglich besonders schlau vor – Notruf vom Handy mit unterdrückter Nummer, also anonym, dann nicht mehr erreichbar sein und aus sicherer Entfernung mitverfolgen, was man da ausgelöst hat: einen riesigen Polizeieinsatz mit Spezialeinsatzkräften und allem, was gut und teuer ist, an der Wilhelm-Hauff-Grundschule in Gesundbrunnen am Dienstagmorgen. Diese Narretei hat nun ein Nachspiel.

Denn die Polizei kann jede Nummer sehen, auch jede unterdrückte, und fand recht schnell den Anrufer: einen 17-jährigen jungen Mann mit griechischer Staatsbürgerschaft, der bei der Polizei „kein unbeschriebenes Blatt“ ist. Er hat mittlerweile zugegeben, dass er den Anruf getätigt hat und auch, dass ihm bewusst gewesen sei, dass er widerrechtlich handele. Dies wiederum verbessert die Aussichten der Polizei erheblich, ihm eine Rechnung schicken zu können.

Gegen den 17-Jährigen läuft ein Ermittlungsverfahren, denn der Missbrauch des Notrufs ist nach Paragraph 145 des Strafgesetzbuchs strafbar. Die Höchststrafe ist ein Jahr Freiheitsstrafe. Da es sich bei dem Anrufer um einen Jugendlichen handelt, wird sich die Bestrafung am Erziehungsgedanken ausrichten. Schmerzhafter dürfte da schon die mögliche Schadensersatzforderung sein.

Zur Höhe der entstandenen Kosten konnte die Polizei am Mittwoch zwar keine Angaben machen, ein Polizeisprecher sagte aber: „Das war erheblicher Aufwand und wird mit Sicherheit nicht billig.“ Wie immer prüfe man aber zuerst, ob der Anspruch gegeben sei, also hier, ob es sich um Missbrauch handelte, ob ein Schaden entstanden ist und ob Vorsatz vorlag. Dann erst rechne man die Höhe des Schadens aus. Dafür zählt die Polizei dann die einzelnen Posten zusammen. Das sind einige.

Eltern warfen Polizei vor, nicht auf Türkisch oder Arabisch informiert zu haben

Der Einsatz begann am Dienstag um 9.58 Uhr, als die ersten Funkwagen zur Wilhelm-Hauff-Grundschule in Gesundbrunnen fuhren, und endete offiziell um 14.25 Uhr. Insgesamt waren 250 Mann im Einsatz – Funkwagenbesatzungen, Sondereinsatzkräfte, Verkehrslenkkräfte, technische Einsatzeinheiten verteilt auf Sonderwagen (gepanzertes Fahrzeug), sogar der Polizeihubschrauber kreiste über der Schule, Diensthundeführer waren da und auch der Pressesprecher.

Einige Eltern hatten der Polizei vorgeworfen, sie während des Einsatzes nicht auf Türkisch oder Arabisch informiert zu haben. Darauf antwortete die Polizei via Twitter, es habe sich um eine ernste, gefahrenabwehrende Sofortlage gehandelt, bei der eine Gefahr für Leib und Leben der Kinder angenommen werden musste: „Deshalb hatte der ungestörte Ablauf unserer Maßnahmen Vorrang vor einem mehrsprachigen Informationsbedürfnis besorgter Eltern.“ Die Gewerkschaft der Polizei hatte den Elternvorwurf zuvor als „bodenlose Frechheit“ bezeichnet.

Kommt die Polizei zu dem Schluss, dass sie die Kosten ersetzt verlangen kann, so schickt sie einen Gebührenbescheid, notfalls klagt sie auch. Die Prüfung allerdings, ob die Geltendmachung der Kosten des Einsatzes aussichtsreich ist, kann dauern.

Fake-Bombendrohung in Steglitz: Polizei prüft noch immer Kostenübernahme

Das zeigt ein Fall aus dem vergangenen Oktober. Damals hatte eine 14-jährige Schülerin im Rahmen einer Mutprobe in einem Geschäft im Einkaufszentrum „Schloss- Straßen-Center“ in Steglitz gesagt, dass demnächst eine Bombe hochgehe, was aber nicht stimmte.

Die Polizei kam mit sechs Funkstreifenwagen zu je zwei Beamten, Teilkräften zweier verschiedener Einsatzhundertschaften, zwei Streifen der Kriminalpolizei und zwei Wachleitern, insgesamt mit 35 Polizeibeamten und zwölf Fahrzeugen. Es gab Absperr- und Evakuierungsmaßnahmen; der Einsatz dauerte von 11.35 Uhr bis 13.10 Uhr. Laut Polizei ist der aktuelle Sachstand immer noch der, dass geprüft wird, ob man der 14-Jährigen oder ihren Eltern die Kosten abverlangen kann.

Pro Jahr gehen bei der Berliner Polizei rund 1,3 Millionen Notrufe ein. Im Jahr 2016 ergaben sich daraus 841.000 Einsätze. Rund ein Fünftel aller Anrufe sind keine Notfälle - nicht alle sind missbräuchlich. Wenn die Polizei mal wieder 24 Stunden twittert, lässt sich das gut verfolgen: Mancher wählt schon den Notruf, wenn er sein Auto nicht aufbekommt.

Wie viele Ermittlungsverfahren wegen Missbrauchs des Notrufs jährlich eingeleitet werden, konnte die Staatsanwaltschaft nicht sagen, da sie die Verfahren nicht nach Taten ordnet.

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