zum Hauptinhalt
Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen), Wirtschaftssenatorin von Berlin, spricht bei der Landesdelegiertenkonferenz der Berliner Grünen. Die Delegierten stimmten gegen ihren Willen.

© Christoph Soeder/dpa

Grüne brüskieren Wirtschaftssenatorin Ramona Pop: Automobil-Ausstellung in Berlin? Nein, danke!

Berliner Grüne sprechen sich auf ihrem Parteitag gegen die IAA in Berlin aus und finden deftige Worte gegen den Regierenden Bürgermeister.

Von Sabine Beikler

Am Vormittag hatte SPD-Fraktionschef Raed Saleh als Gast auf dem Grünen-Parteitag noch staatstragende Worte übrig für den Leitantrag zum Klimaschutz der Partei, der einige radikale Formulierungen enthält. Ja, Parteitagsbeschlüsse müsse man respektieren. Am Ende sei der Maßstab aber der Koalitionsvertrag.

Am Nachmittag war Saleh schon bei dem Parteitag seiner Genossen, als die Grünen dann doch eine radikale Forderung verabschiedeten. Berlin wird als Standort für eine Internationale Automobil Ausstellung (IAA) abgelehnt. Basta. Und mit diesem Antrag, den der linke Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg eingebracht hatte, brüskierte die Partei mal eben ihre Wirtschaftssenatorin und Bürgermeisterin Ramona Pop.

Pop reagierte sichtlich angefasst – und nahm zur Kenntnis, „dass es ein klares Misstrauen in die Automobilindustrie gibt“. Die alte IAA habe in Berlin keine Perspektive. Aber: „Es ist richtig, eine Plattform für eine moderne nachhaltige Mobilität zu erwarten.“

Pop ist eine Befürworterin der IAA in Berlin. Erst vor kurzem sagte sie, eine Ausstellung, „die die neuen Mobilitätserfordernisse von Sauberkeit, Freiheit von fossilen Brennstoffen und Digitalisierung in den Vordergrund stellt, wäre ein Gewinn für Berlin und für die Autoindustrie“.

Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) warb schon intensiv um die Neuausrichtung der IAA. Berlin sei als Bundeshauptstadt und internationale Metropole „der richtige Standort für eine Ausstellung, die als Leitmesse der Automobilindustrie die Mobilitätswende“ gestalte. Wie sich Pop bei einer Entscheidung im Senat über die IAA verhalten wird, wollte sie am Sonnabend gegenüber dem Tagesspiegel noch nicht beantworten.

Parteichef Werner Graf stimmte die 150 Delegierten mit einer kämpferischen Rede ein. Die Grünen hätten schon immer gegen die Klimakrise gekämpft. Aber da könne man „noch eine Schippe drauflegen“. Und natürlich geht es den Grünen vor allem gegen die „Dominanz des Autoverkehrs“.

Mit aller Macht und Radikalität müsse man die Mobilitätswende vorantreiben und die Stadt zu einer Klimaschutz-Metropole umbauen. Dafür fordern die Grünen eine emissionsfreie Innenstadt bis 2030, die City Maut, eine Ausweitung der Parkzonen und höhere Bußgelder für Falschparker.

Keine Mehrheit für Antrag der grünen Jugend

Der Antrag der Grünen Jugend, bis 2030 den motorisierten Individualverkehr aus der Stadt zu verbannen, fand keine Mehrheit. Das werde man logistisch nicht schaffen, sagte Graf. Und außerdem: Man müsse die Menschen „bei den Veränderungen mitnehmen. Die drehen doch schon durch, wenn wir Punkte auf den Boden malen“. Damit meinte er die umstrittenen grünen Punkte in der Bergmannstraße, die Autofahrer zum vorsichtigen Fahren anhalten sollten und nach Protesten wieder entfernt wurden.

Auf dem Parteitag wurde deutlich, dass die Grünen ihren Markenkern, nämlich Klimaschutz und Ökologie, inhaltlich stärker zu akzentuieren – in Abgrenzung zu den Koalitionspartnern. Heftige Kritik an Michael Müller äußerte Fraktionschefin Antje Kapek.

Wer den Anspruch habe, diese Stadt zu führen, müsse das „mit Mut und Tatendrang und auch mit Verantwortung“ tun. Wenn Müller „unseren Stadtrat Florian Schmidt als einen Mini-Robin-Hood“ beschimpfe, könne sie nur sagen, ihr seien „zehn Mini-Robin-Hoods, die vielleicht auch mal mit Pfeil und Bogen übers Ziel hinausschießen, die aber mit Energie und Leidenschaft und mit Mut dafür kämpfen, dass sich in dieser Stadt etwas zum besseren verändert, zehnmal lieber als jemand, der nur mit dem Finger auf andere zeigt und ansonsten die Hände in den Schoß legt“.

Deutliche Worte. Entscheidend wird aber eine grüne Realpolitik sein, deren Erfolge sich messen lassen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false