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Zum 25. Jahrestag des Mauerfalls stieg eine aus Ballons geformte „Lichtgrenze“ in den nächtlichen Himmel auf.

© Matthias Balk/dpa

Großevent in der Hauptstadt: 30 Jahre Mauerfall: Was Berlin für die Jubiläumsfeier plant

Dominosteine, Luftballons: Frühere Gedenkaktionen zu toppen, wird schwer. Aber für das Jubiläumsjahr 2019 gibt es schon erste Ideen.

Berlin, nun freue dich, darfst doch auch im neuen Jahr auf „ein Event mit globaler positiver Ausstrahlung und weltweiter medialer Aufmerksamkeit“ hoffen. Unter dem geht es nicht, gilt es doch den 30. Jahrestag des Mauerfalls zu feiern, da hängt die Latte ziemlich hoch.

Die Umschreibung der zum 9. November 2019 zu erwartenden Gedächtnisfeier entstammt einem Papier zum Planungsstand, das die Senatskulturverwaltung wie erbeten dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses übermittelt hat. Demnach wurde bereits im vorigen Winter gemeinsam mit der Kulturprojekte Berlin GmbH ein vorbereitender Beirat einberufen. Klarheit besteht zumindest schon darüber, was das Vergnügen der Erinnerung ungefähr kosten wird. Vorgesehen sind demnach zehn Millionen Euro, man orientierte sich dabei an den Kosten vergleichbarer früherer Veranstaltungen, nach oben korrigiert durch gestiegene Personal- und Sachkosten, insbesondere für Sicherheitsmaßnahmen.

Hohe Erwartungen

Die Feiern, an denen sich das nächste Jubiläumsevent wird messen lassen müssen, waren die von 2009 und 2014: Zum 20. Jubiläum gab es eine Open-Air-Ausstellung auf dem Alexanderplatz sowie das spektakuläre Umfallen einer Kette von überdimensionalen Dominosteinen, die entlang des innerstädtischen Mauerverlaufs aufgestellt worden waren. Zum 25. Jubiläum wurde der Mauerverlauf als „Lichtgrenze“ durch angestrahlte Ballons markiert, die dann der Reihe nach in den nächtlichen Himmel aufstiegen. Dieses Schauspiel, das auch medial leicht zu vermitteln war, zu toppen, wird schwierig, Anspruch und Erwartung seien danach „sehr groß“, heißt es in dem Papier.

Zum 20. Jubiläum des Mauerfalls ließ man Dominosteine vor dem Brandenburger Tor purzeln.
Zum 20. Jubiläum des Mauerfalls ließ man Dominosteine vor dem Brandenburger Tor purzeln.

© Wolfgang Kumm dpa

Dies jedenfalls ist das Ziel fürs neue Projekt: „umsonst und draußen (am Mauerverlauf/an historischen Schauplätzen der Friedlichen Revolution), lokal und international, partizipativ, erinnernd und mahnend gleichermaßen“. Um es zu erreichen, gibt es zwei „konzeptionelle Eckpunkte“: Zum einen soll auf etwa zwölf Kilometern, von der Böse- bis zur Oberbaumbrücke, der innerstädtischen Mauerverlauf „inszeniert“ werden, durch eine analoge wie digitale Ausstellung.

Gedacht ist dabei an 100 bis 300 bekannte wie unbekannte Mauergeschichten, vermittelt durch Hörstationen, Schautafeln, Soundinstallationen, Bildschirme und andere Medien vermittelt. Dabei soll nicht nur an die deutsche Revolution und den Mauerfall erinnert, sondern ebenso an die in den anderen mittel- und osteuropäischen Ländern, samt mahnendem Hinweis auf die neu entstehenden Mauern in Europa und an seinen Grenzen. Ergänzend ist optional daran gedacht, internationale Künstler, Designer, Architekten, männliche wie weibliche, zur „Schaffung temporärer künstlerischer Interventionen an ausgewählten Originalschauplätzen“ einzuladen.

Der Mauerstreifen als Bühne

Zweiter „konzeptioneller Eckpunkt“ ist eine Art Fête de la Musique am 9. November, der praktischerweise auf einen Sonnabend fällt. Der Mauerstreifen soll zur Bühne werden, mit hunderten Konzerten und Auftritten von und für jedermann – „vom Hobby-Chor über die Amateurband, Schülerbands, unplugged Musik bis Profiensembles“. Kurz: „Eine Stadt erklingt, Musik kennt keine Grenzen.“ Zum Zeitpunkt von Schabowskis Pressekonferenz, also gegen 19.30 Uhr, sollen an 30, durch „Pop-up-Pianos“ markierten Orten musikalische Aktionen zu einer Art „Symphonie der Großstadt“ synchronisiert werden. Danach wird es an ein bis drei Großbühnen „abschließende Höhepunkt-Konzerte“ von Klassik bis Rock/Pop geben.

Beschmiert, nicht vergessen. Wachturm im Schlesischen Busch.
Beschmiert, nicht vergessen. Wachturm im Schlesischen Busch.

© Kitty Kleist-Heinrich

Ein erheblicher Aufwand also um eine vor 30 Jahren gefallene Grenze, von der nicht mehr viel Beton übrig geblieben ist und nur ganz wenige der ehemals 302 Wachtürmen. An der Grenze zu Brandenburg gibt es solche Türme noch bei Nieder Neuendorf und bei Hohen Neuendorf, dazu den Kommandantenturm am alten Grenzübergang Drewitz-Dreilinden. Zwischen den Stadthälften finden sich neben Mauerresten da und dort ein Beobachtungsturm in der Erna-Berger-Straße, nahe dem Potsdamer Platz, sowie zwei als Führungsstellen genutzte Türme in der Kieler Straße in Mitte, nahe dem Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal, sowie im Schlesischen Busch, nahe der Treptower Puschkinallee.

Zu dem hat jetzt der FDP-Abgeordnete Stefan Förster den Senat befragt, da er ihn für „beschmiert, ignoriert und vergessen“ hält. Die Kulturverwaltung verweist hingegen auf die vertraglich festgelegte Nutzung durch den Verein Kunstfabrik am Flutgraben. Was aber die Schmierereien betreffe: Sie seien „eine permanente Erscheinung im Stadtbild“. Berlin gehöre eben zu den Hauptstädten der Graffiti-Szene und sei damit ein „ein Ort, an dem sich Sprayer profilieren wollen“. Kurz: Da kannste nüscht machen.

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