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Unter dem Motto "Sonne statt Kohle" protestierte Greenpeace im Juni gegen eine Sitzung der Kohlekommission.

© Greenpeace Germany/dpa

Berlin-Tiergarten: Greenpeace-Razzia: "Justizsenator hat seinen Laden nicht im Griff"

Von den Durchsuchungen bei Greenpeace wusste Dirk Behrendt laut eigenen Angaben nichts. Hat er seine Behörde nicht im Griff?

Von Fatina Keilani

3500 Liter Farbe sind eine glitschige Sache und können auch einen Senator ins Schlingern bringen. Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) war von der Staatsanwaltschaft von den Durchsuchungen bei Greenpeace nach eigenen Angaben nicht unterrichtet worden. Er habe es aus der Presse erfahren und deshalb einen Bericht bei den Ermittlern angefordert, teilte sein Sprecher mit.

„Dann hat Behrendt seinen Laden nicht im Griff“, sagt ein früherer Ermittler. „In spektakulären Verfahren gibt es eine Berichtspflicht über die Einleitung des Verfahrens, über die Ermittlungen, dazu gehören Durchsuchungen, und über den Abschluss.“ Ein Staatsanwalt mutmaßt, der Bericht an Behrendt sei unterblieben, um zu verhindern, dass Greenpeace vorgewarnt wird – eine erhebliche Unterstellung, die ein Sprecher Behrendts brüsk zurückweist.

Was bisher geschah

Zur Erinnerung: Aktivisten der Umweltorganisation hatten am 26. Juni massenhaft gelbe Farbe auf dem Großen Stern ausgekippt, die vom fließenden Verkehr verteilt wurde. Das Ganze sollte an eine strahlende Sonne erinnern und wurde PR-gerecht aus der Luft fotografiert – als Botschaft für Sonne statt Kohle als Energiequelle. Nur dass unten auf der Straße eine Radfahrerin und ein Motorradfahrer stürzten, es zwei Blechschäden gab und die Fahrbahnmarkierungen nicht mehr zu sehen waren.

Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr auf – und vollstreckte am 7. November bundesweit 29 Durchsuchungsbeschlüsse. Sie sicherte Computer und Material, um herauszufinden, wer die Aktion organisiert hatte und im strafrechtlichen Sinne dafür verantwortlich zu machen ist, denn im Strafrecht geht es um persönliche Schuld, es können nur Menschen verurteilt werden, nicht Organisationen.

Waren die Durchsuchungen verhältnismäßig?

Greenpeace hätte die Durchsuchungen durch Herausgabe abwenden können; dies geschah nicht. Nun stellt Behrendt die Frage, ob der Schlag verhältnismäßig war. „Ein guter Justizminister muss zu solchen Mitteln nicht greifen, solange er die Möglichkeit hat, Beförderungen auszusprechen“, sagt ein Staatsanwalt. Oder auch: Köpfe rollen zu lassen.

Die Staatsanwaltschaft ist eine weisungsgebundene Behörde und nicht unabhängig wie die Gerichte. Sie berichtet an die Fachaufsicht in der Verwaltung. Diese fertigt dann einen Vermerk und legt ihn dem Senator vor, der ihn zur Kenntnis nimmt. Laut Behrendts Sprecher Sebastian Brux lief alles ganz normal: Wie vorgeschrieben hat die Staatsanwaltschaft schon vor zwei Monaten über die Ermittlungen berichtet. Von bevorstehenden Durchsuchungen stand in dem Bericht offenbar nichts.

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