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Sprayer bei der Arbeit.

© dpa

Grafitti in Berlin-Kreuzberg: Schlecht gesprüht, Jungs!

Zwei Jugendliche sprayen eine Hauswand in der Nachbarschaft voll. Anzeigen oder laufen lassen? Unser Autor kann sich nicht entscheiden.

Dass die beiden etwas Illegales planten, hat man gleich gemerkt. So auffällig, wie sie durch den Kreuzberger Bergmannkiez schlichen, sich ständig umdrehten. Dazu schwarz gekleidet, mit Kapuzen hoch. Voll die Anfänger.

Ich schätze, sie waren 14 oder 15, beide halbhoch gewachsen und schmal. Aus Neugier blieb ich stehen und schaute ihnen nach. Einer der Jungs zog eine Dose und sprühte mit weißer Farbe gegen die Wand meines Nachbarhauses. Dann schlichen sie weiter in Richtung U-Bahn.

Sie hatten ein „O“ mit kleinem Ausrufezeichen in der Mitte hinterlassen. Vermutlich ihr Sprayer-Markenname. Ich dachte: Wie hässlich ist das denn?! Ich hatte große Lust, in einigem Abstand hinter ihnen her zu spazieren und dabei die Polizei zu rufen. Die hätten sie ganz schnell geschnappt.

Dann dachte ich: Sebastian, du magst doch Streetart, das gehört zum Großstadtleben dazu. Dann dachte ich: Das ist aber keine Streetart, das ist hingerotzt und plump. Dann: Kunst muss auch mal plump sein dürfen. Dann: Aber hätten sie sich wenigstens Mühe gegeben... Dann: Mühe ist in der Kunst auch kein Kriterium. Und was erlaubst du Spießer dir eigentlich, zwischen guter und schlechter Kunst zu unterscheiden?

Ist es ein Ausdruck von Kunst oder Revierverhalten?

Dann: Diese Halbstarken verstehen sich gar nicht als Künstler. Die wollen nur ihr Revier markieren. Dann: Sie sind noch so jung. Willst du ihnen wirklich mit einer Vorstrafe die Zukunft versauen?

Am Ende unternahm ich nichts.

Die Entscheidung bereute ich schon am nächsten Morgen. Die zwei hatten meinen ganzen Weg zur Arbeit zugebombt. So heißt das. Wände, Mauern, Betonpfeiler, sogar in der U-Bahn: überall Os mit Ausrufezeichen. Als hätten asoziale Riesenhunde meine gesamte Nachbarschaft vollgepinkelt. Undankbare Jugend.

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