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Stefan Franzke leitet seit 2014 die Standortförderagentur Berlin Partner.

© Doris Spiekermann-Klaas

Gewerbeflächenknappheit in Berlin: „Die Lage ist dramatisch“

Ein Büro finden in Berlin? Mittlerweile fast ein Ding des Unmöglichen. Stefan Franzke, Chef der Standortförderagentur Berlin Partner, warnt im Interview vor den Folgen der Gewerbeflächen-Knappheit.

Herr Franzke, wie schwer ist es für Unternehmen, in Berlin ein Büro zu finden?

Der Leerstand von Gewerbeflächen liegt in der Stadt bei unter drei Prozent, innerhalb des S-Bahn-Rings sogar bei unter zwei Prozent. Deutschlandweit ist Berlin damit die Stadt mit der geringsten Leerstandsquote. Man kann die Lage am Immobilienmarkt daher durchaus als dramatisch bezeichnet.

Und wer trägt Schuld an diesem Drama?
Das hat mehrere Gründe: Einerseits haben Projektentwickler und Investoren in Berlin in der Vergangenheit nicht spekulativ gebaut, sondern immer erst dann den Grundstein gelegt, wenn eine hohe Vermietungsquote sichergestellt war. Andererseits war es früher für Unternehmen weitaus einfacher, Landeseigentum zu erwerben. Statt Flächen zu verkaufen, ist das Land mittlerweile dazu übergegangen, sie den Firmen in Erbpacht zu überlassen – das wird von vielen in der Privatwirtschaft nicht goutiert. Darüber hinaus konkurrieren Gewerbe und Industrie aber natürlich auch mit dem Wohnungsbau um Flächen, was den Druck auf den Markt zusätzlich erhöht.

Gibt es Wirtschaftszweige, die besonders schwer von der Flächenknappheit betroffen sind?
Besonders freie und gut erreichbare Büroflächen sind derzeit rar. Die Berliner Verwaltung muss diese Herausforderung schnell angehen und mit zeitnahen Planungsbeschlüssen dafür sorgen, dass Rechtssicherheit für Immobilienentwickler und Investoren hergestellt wird.

Klingt so, als sei das in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen ...?
Zumindest habe ich in der Vergangenheit schon das ein oder andere Gespräch mit frustrierten Projektentwicklern geführt, die monate- oder sogar jahrelang über mögliche Standorte und Rahmenbedingungen mit der Berliner Verwaltung verhandelt haben. Bei zwei Projekten haben sich deshalb die Immobilienentwickler letztlich für eine andere Stadt entschieden – das können wir uns künftig nicht erlauben.

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Als Standortvermarkter bewerben Sie Berlin auch im Ausland. Hat sich das Flächenproblem schon herumgesprochen?
Ganz so schlimm ist es noch nicht. Weltweit herumgesprochen hat sich vor allem, dass Berlin in Europa der richtige Standort für Unternehmen ist, die sich mit der Digitalisierung beschäftigen und die auf der Suche nach kreativen Köpfen sind. Wenn Unternehmen aus New York, Schanghai oder London sich dann erst mal dazu entschließen, ein Büro in Berlin zu eröffnen, sehen sie sich mit einer Situation konfrontiert, die in ihren Herkunftsstädten so viel anders auch nicht ist. Aber ja, man kann diese Unternehmen dann nicht damit vertrösten, ihnen in zwei oder drei Jahren Büroflächen anzubieten, sie brauchen sie sofort.

Andererseits wurden Firmenansiedlungen zuletzt nicht immer mit Kusshand begrüßt – Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt etwa hat Zalando immer wieder wissen lassen, dass es im Kiez nicht willkommen sei. Fehlt's den Bezirken am Problembewusstsein?
Ich kann verstehen, dass man sich subjektiv vom Rollkofferlärm in den Innenstadtbezirken genervt fühlt, objektiv aber kann man eigentlich nicht dagegen sein, wenn sich Unternehmen neu ansiedeln. Berlin ist weiterhin in einem wirtschaftlichen Aufholprozess – in Summe liegen wir in der Wertschöpfung weiterhin unter dem Bundesdurchschnitt. Mit Unternehmen wie Zalando, die alleine in Kreuzberg Bürogebäude mit 5500 Arbeitsplätzen bauen lassen, sorgen dafür, dass Wertschöpfung in der Stadt passiert und nicht woanders. Mich persönlich freut das.

Wie kann das Flächenproblem gelöst werden, muss Berlin noch näher an Brandenburg heranrücken?
Die Kooperation zwischen den beiden Ländern ist bereits heute sehr eng. Wir haben ein gemeinsames Team, dass die Vermarktung der Gewerbeflächen am Flughafen Schönefeld vermarktet. Aber letztlich ist die Standortfrage immer auch eine Frage des Geschäfts: Die großen Logistiker, die Berlin als Absatzmarkt sehen, können hervorragend auf dem Land ihre Lager betreiben – und haben in der Innenstadt auch nichts zu suchen. Aber Unternehmen, die kreative Berliner Talente anlocken wollen, kann man natürlich nicht auf die grüne Brandenburger Wiese schicken.

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