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In 599 Fällen kam es in Jahr 2019 zu Übergriffen auf Schwule, lesbische Frauen und Transsexuelle, in 2018 waren es noch 382.

© picture alliance / dpa

Gewalt in Berlin: So viele Übergriffe auf Homo- und Transsexuelle wie noch nie

Kurz vorm internationalen Tag gegen Homophobie veröffentlicht ein Berliner Projekt traurige Zahlen: Um 32 Prozent sind im Vergleich zum Vorjahr Attacken auf Homo- und Transsexuelle gestiegen.

Im vergangenen Jahr hat das Anti-Gewalt-Projekt „Maneo“ in Berlin so viele Angriffe und Beleidigungen gegen Schwule, lesbische Frauen und Transsexuelle gezählt wie nie zuvor. Es erfasst 559 Fälle in seinem Jahresbericht, den es kurz vor dem internationalen Tag gegen Homophobie am Freitag veröffentlichte. Demnach stieg die Zahl der registrierten Attacken im Vergleich zum Vorjahr um 32 Prozent. Im Jahr 2018 waren 382 Übergriffe gezählt worden.

Wie viele Übergriffe es tatsächlich gab, ist ungewiss. „Das Dunkelfeld ist weiter hoch“, sagte Maneo-Leiter Bastian Finke. 80 bis 90 Prozent der Fälle seien nicht bekannt. Laut Finke nahm Maneo knapp 1000 Hinweise und Fälle entgegen. Bei der Auswertung seien auch Zahlen von der Polizei hinzugezogen worden.

In den meisten der im vergangenen Jahr registrierten Fälle waren Schwule und männliche Bisexuelle betroffen (395). Gegenüber dem Vorjahr hätten die Fälle mit Körperverletzung zugenommen (153 Fälle, 70 Prozent mehr). Auch habe es mehr Nötigungen und Bedrohungen gegeben (18 Fälle, mehr als doppelt so viele). 50 Prozent der Übergriffe ereigneten sich im öffentlichen Raum (282). Zu den meisten kam es in Schöneberg, Neukölln und Mitte.

Der Bericht listet Beispiele auf:

  • Zwei Frauen werden in einer Tram an der Landsberger Allee lesbenfeindlich beleidigt. Fahrgäste stellen sich schützend vor die Opfer.
  • Ebenfalls zwei Frauen werden beim Spazierengehen im Volkspark am Weinberg aus einer Männergruppe heraus bespuckt und schwulenfeindlich beleidigt.
  • Eine Trans*frau erleidet bei einem Angriff am S-Bahnhof Sonnenallee eine Gesichtsfraktur.

Lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intersexuelle Schüler in Berlin wünschen sich von ihren Lehrern, dass Diskriminierung ernsthaft thematisiert wird. Dazu gehöre auch der Hinweis auf die negativen Auswirkung der Verwendung von Begriffen wie „schwul“ oder „Lesbe“ als Schimpfwort, wie aus einer Studie der Humboldt-Universität und der Sigmund-Freud-Privatuniversität hervorgeht.

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Ein offener Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt an Berliner Schulen sei indes selten, heißt es. Nur 38 Prozent der befragten Lehrer wussten demnach von offen lesbischen, schwulen oder bisexuellen Schülern an ihrer Schule. Für die Studie wurden 566 Lehrkräfte und anderen pädagogische Fachkräfte an 43 zufällig ausgewählten Schulen befragt.

Die Grünen im Abgeordnetenhaus warnten vor einer Abwicklung der Rechte queerer Menschen in Polen, Ungarn und an den EU-Außengrenzen in der Corona-Pandemie. „Wir sind solidarisch mit den queeren Communities europaweit“, erklärten die Sprecher für Queerpolitik, Sebastian Walter und Anja Kofbinger.

Anlässlich des Aktionstages wird am Sonntag vor dem Rathaus Schöneberg die Regenbogenflagge gehisst. „Auch und gerade in der aktuellen Pandemie-Situation ist es wichtig, am 17. Mai zum Internationalen Tag gegen Homosexuellen- und Trans*feindlichkeit Flagge zu zeigen“, sagte Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) laut einer Mitteilung. (dpa)

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