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Bis zu 10.000 Ordnungsgeld für die Aussageverweigerung – das wollte der Amri-Untersuchungsausschuss.

© Arne Dedert/dpa

Berliner Gericht lehnt Ordnungsgeld ab: Amri-Ermittler dürfen Aussage vor dem U-Ausschuss verweigern

Zwei Beamte sollen nach dem Breitscheidplatz-Attentat Akten manipuliert haben. Sie wollen sich vor dem U-Ausschuss des Abgeordnetenhauses nicht äußern.

Das Landgericht Berlin hat den Antrag des Amri-Untersuchungsausschusses abgelehnt, zwei mit dem islamistischen Attentäter befasste Ermittler per Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro zu einer Aussage zu zwingen. Ihnen war vorgeworfen worden, nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz, bei dem Anis Amri zwölf Menschen tötete, die Ermittlungsakten nachträglich manipuliert zu haben.

Der Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses wollte die Beamten Tobias L. und Lars O. wegen der Vorwürfe vernehmen. Beide hatten bereits im April 2019 eine Aussage vor dem Ausschuss verweigert, der Ausschuss beantragte ein Ordnungsgeld.

Nun hat das Landgericht den beiden Beamten aber ein umfassendes Aussageverweigerungsgerecht zugestanden: Sie müssten sich nicht der Gefahr aussetzen, dass infolge ihrer Aussagen neue Ermittlungsverfahren gegen sie eröffnet werden.

L. war der Hauptsachbearbeiter im Fall Amri, O. sein Vorgesetzter. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte im Frühjahr 2017 nach einem Hinweis seines Sonderermittlers Bruno Jost Strafanzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen wegen des Vorwurfs der Strafvereitelung im Amt und der Fälschung beweiserheblicher Daten aber ein.

Zwar seien nach den Terroranschlag Akteninhalte von einem LKA-Ermittler geändert, Abhörprotokolle eingedampft und kriminelle Aktivitäten des Tunesiers „kleingeschrieben“ worden – vom Drogendealer zum Kleinkriminellen. Der erforderliche Tatverdacht konnte jedoch nicht nachgewiesen, eine Straftat nicht mit der nötigen Sicherheit festgestellt werden.

Der U-Ausschuss will es weiter probieren

Aus der Polizei selbst lautet die Interpretation anders: Denn beim Vorwurf der Strafvereitelung ging es um einen anderen Dealer. Die Ermittlungsakten dieses Verdächtigen und von Anis Amri sollten nach dessen Tod schlicht getrennt werden – mit Wissen der Staatsanwaltschaft.

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Der Ausschussvorsitzende Stephan Lenz (CDU) sagte, das Gremium werde nun prüfen, ob es Rechtsmittel gegen die Beschlüsse des Landgerichts einlegt, um die Beamten doch noch vernehmen zu können. „Wir wollen alles versuchen, um unserer Aufklärungspflicht nachzukommen“, sagte Lenz am Montag.

Trotz der eingestellten Ermittlungen waren O. und L. mit Disziplinarverfahren belegt worden. 2019 verhängte die Polizei gegen L. einen Verweis, die geringste Disziplinarstrafe. Geisels Innenverwaltung hob dies auf und verhängte eine Geldstrafe von 800 Euro.

L. klagte dagegen. Entschieden ist noch nichts, denn auch der Personalrat klagte, weil er von der Innenverwaltung nicht angehört wurde. O. bekam keine Disziplinarstrafe, ein Dienstvergehen bei der Aktenmanipulation konnte nicht nachgewiesen werden.

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