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Anstöße geben. Iman Kashan, der einst selbst als Flüchtling kam, trainiert nun Kinder auf dem Gelände in Schöneberg.

©  Fabiana Zander

Gemeinsame Sache in Tempelhof-Schöneberg 2015: Schöneberg: Doppelpass ins Leben

Beim FC Internationale trainiert man Integration schon sehr lange. Hier werden aus Flüchtlingen schnell Spieler, Trainer und Fans.

„Ein Kontakt. Tschak, tschak“, ruft der Trainer über den Platz: „Linkes Bein, rechtes Bein!“ Kleine Spieler drücken noch etwas unbeholfen den Rücken nach hinten, um den Ball möglichst gelenk von der Brust Richtung Fuß umzuleiten. Und dann auch noch zum Gegenüber passen! Es wird getrippelt, immer wieder wird gejohlt. Am Eingang tummeln sich Eltern, trinken auf Holzbänken sitzend Kaffee oder schauen den Spielern zu.

1 136 Mitglieder hat der FC Internationale Berlin 1980 e.V. mittlerweile. Der Fußballverein hat sich nicht nur der Sportförderung, sondern auch dem Antirassismus verschrieben. „No Racism“ steht auf den schwarz-blauen Trikots. Manchmal wundert sich Gerd Thomas, der zweite Vorsitzende des Vereins, immer noch, wenn er die Spielerlisten mancher Berliner Bezirksvereine liest – lauter Namen wie Mayer und Müller.

„Und das in einer Stadt wie Berlin“, sagt er. Der FC Internationale, einst aus einer gemischten Studentengruppe hervorgegangen, hat da ein ganz anderes Selbstverständnis. Trainer kommen aus dem Schöneberger Kiez genauso wie aus Kenia oder dem Iran. Gebürtige Berliner mit und ohne Migrationshintergrund, Anwaltstochter und Alleinerziehenden-Sohn, trainieren mit Geflüchteten, die erst seit ein, zwei Jahren oder auch erst seit Kurzem in der Stadt sind. Man lernt sich kennen, hat Austausch auch über das eigene soziale Milieu hinweg, ohne das alles zu groß aufzuhängen, sagt Thomas. Denn eigentlich geht es natürlich um Fußball.

"Fußball war meine Sprache"

Imam Kasan zum Beispiel ist vor vier Jahren aus politischer Opposition und als gläubiger Christ aus dem Iran nach Berlin geflohen. Bei FC Internationale trainiert der 30-Jährige eine E-Gruppe und eine C-Gruppe und die Torwarte, die extra Termine haben. Außerdem spielt er selbst bei Hansa 07. Bei den etwa 8-jährigen Kindern steht für ihn vor allem der Spaß im Vordergrund und etwas über Fußball zu lernen, sagt der 30-Jährige.

Bei den Älteren will er die Technik verbessern und Disziplin vermitteln – und Spaß machen soll es natürlich auch. In seiner Mannschaft trainieren auch Kinder und Jugendliche, die geflüchtet sind wie er: Sie kommen aus Syrien, Irak oder Afghanistan. Ihm selbst habe der Fußball sehr beim Ankommen in Deutschland geholfen, erzählt Kasan. „Fußball war meine Sprache“, sagt er, der Deutsch erst lernen musste.

50 Teams in allen Altersklassen

Die Spielregeln sind international gleich. Erst seit ein paar Monaten hat Kasan jetzt einen gesicherten Aufenthalt, immer noch gibt es Probleme mit den Behörden. „Bei Fußball und im Training kann man die Zeit vergessen“, meint er und bedankt sich gleich bei seinen Vereinen und Freunden, die ihm halfen. Beim Verein „Champions ohne Grenzen“, der sich mit Fußballangeboten für die Teilhabe von Geflüchteten in Berlin und Brandenburg einsetzt, bei FC Internationale, Hansa 07, bei seinen Freunden Arne, Caro und Mia.

50 Teams in allen Altersklassen zwischen fünf und 70 Jahren trainieren beim FC Internationale. Turniere werden organisiert und Fußballfahrten, auch Hausaufgabenhilfe wird angeboten. Neben einem Festangestellten und zwei Personen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr machen, wird die Arbeit vor allem getragen durch Freiwillige.

Und deswegen werden auch immer neue Trainer und Helfer gesucht, um Gruppen zu zweit zu trainieren oder teilen zu können: dafür müsse man nicht zwingend eine DFB-Trainerlizenz haben oder Sportlehrerin sein, es helfen auch viele engagierte Eltern oder Hobby-Sportler. Aber auch ganz ohne Ballkontakt kann man den Verein unterstützen: wer gerne Veranstaltungen organisiert, ist willkommen.

Zehn Teams am Aktionstag

Auch Platzwarte und freiwillige Ordnungskräfte werden immer wieder gesucht. Dann heißt es zum Beispiel, bei einem Turnier darauf zu achten, dass Eltern die fünf Meter breite Fanzone rund um die Spielfelder respektieren und nicht in die Nähe ihres Sohns oder ihrer Tochter laufen, um anzufeuern oder Anweisungen zu geben.

Am Aktionstag trägt der Verein den „Interkultur Cup“ mit insgesamt zehn Berliner Teams aus: Tamilen spielen mit und die Schüler einer arabisch-türkischen Schule in Neukölln, auch ein Obdachlosen-Verein, zählt Gerd Thomas auf. Vorher treten die Mädchen von FC Internationale gegen Türkiyemspor an, danach die Ü40-Altliga gegen FC Hellas aus Neukölln. Den Cup will man auch für ein Willkommensfest nützen, um den Kontakt mit Geflüchteten aufzubauen, die seit Mitte August in der benachbarten Teske-Schule untergebracht sind.

Fußballkleidung oder -schuhe spenden

Auch in diesem Flüchtlingsheim will man in Zukunft Fußball-AGs anbieten. Der Aktionstag sei für Freiwillige eine gute Gelegenheit, den Verein kennenzulernen. Wer intakte Fußballkleidung oder -schuhe spenden möchte, kann sie auch gleich mitbringen.

Pinar, eine 33-jährige Frau mit langen schwarzen Haaren, steht am Rand und guckt etwas sehnsüchtig auf das Feld. „Fußball ist meine Leidenschaft“, sagt sie. Sie ist über ihren Sohn zum Verein gekommen und war dann selbst vier Jahre lang Trainerin gleich mehrerer Mannschaften. Zwei Mal pro Woche Training und am Wochenende Spiele.

Dazu die SMS, wer letztes Mal seine Trinkflasche vergessen hat, und die E-Mails, wer nächstes Mal fehlt. Da brauchte sie etwas Pause, sagt Pinar; aber wenn sie ihrem Sohn so beim Training zuguckt, bereue sie es schon wieder. Man habe sie gefragt, ob sie nicht vielleicht ein Mädchenteam übernehmen könnte, erzählt Pinar und schaut wieder mit großen Augen auf das Feld. Vielleicht mache sie das.

Aktionstag 19. 9. von 11 bis 15 Uhr: InterKULTUR Cup beim FC Internationale, Sportanlage am Südkreuz, Vorarlberger Damm 38, 12157 Berlin-Schöneberg. http://www.fc-inter.de Champions ohne Grenzen: http://championsohnegrenzen.de/

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