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Aktiv. Petra Stoffregen und Johannes Dumpe gehen mit Senioren aus dem Kiez Äpfel sammeln und bauen Möbel mit ihnen.

© privat

Gemeinsame Sache in Friedrichshain: Ein Stadtteilzentrum für die Friedenstraße

In Friedrichshain fühlen sich viele ältere Menschen abgehängt. Ein Kiezzentrum will das ändern.

Einmal im Jahr steigen 50 Leute, überwiegend Senioren, in einen Bus und fahren aus ihrem Kiez in Friedrichshain nach Golm in Potsdam, um Äpfel zu ernten. „Da schieben sich die Omas dann mit ihren Rollatoren über die Wiese, um die Äpfel vom Boden aufzusammeln und die kleinen Enkel klettern in den Bäumen rum“, erzählt Johannes Dumpe.

Der 40-Jährige mit Basketball-Shorts, T-Shirt und Basecap ist Teil eines ungleichen Paares, das im Kiez rund um den Platz der Vereinten Nationen, am unteren Ende des Volksparks Friedrichshain, für eine bessere soziale Infrastruktur sorgen soll. „In den Mietskasernen und Hochhäusern hier in der Gegend leben überwiegend ältere Menschen, die den Großteil ihres Lebens dort verbracht haben“, sagt Petra Stoffregen, eine patent wirkende Frau mit kurzen grauen Haaren.

Gemeinsam sind die beiden von der Volkssolidarität beauftragt, die Voraussetzungen für das neue Stadtteilzentrum in der Friedenstraße zu schaffen, das im Jahr 2023 bezugsfertig sein soll. „Nach der Wende wurde der Aufbau einer sozialen Infrastruktur hier sehr vernachlässigt“, sagt Stoffregen, die im Bezirk gut vernetzt ist.

Entstehen soll nun „ein Haus mit einem Café unten drin, einem Laden für regionale Produkte, Räumen für Workshops und Veranstaltungen, einer Fahrradwerkstatt und vielem mehr“, sagt Petra Stoffregen. „Also ein Raum für Begegnungen, an dem alles vernetzt ist und die Nachbarschaft sich organisieren und engagieren kann.“ Bilder der Machbarkeitsstudie zeigen ein multifunktionales Haus mit moderner Holzfassade, einem offenen Erdgeschoss und Dachterrasse.

Smartphone-Workshops und Reparatur-Cafés gegen das Gefühl, abgehängt zu sein

Derzeit führen sie ihre Kiezaktivitäten aus den Räumlichkeiten des Pflegeheims Haus Jahreszeiten von Vivantes durch. Dort veranstalten sie Smartphone-Workshops, Reparatur-Cafés oder Nähkurse. „Mir geht es darum, die Leute zu befähigen, sich selbst zu helfen“, sagt Johannes Dumpe. Auf dem Gelände des zukünftigen Stadtteilzentrums bauen die Senioren im Sommer Möbel. „Wir wollen, dass die Menschen hier Dinge machen, die ungewöhnlich sind und etwas innovatives vorgeben, damit sie nicht immer mehr das Gefühl haben, abgehängt zu sein.“

Er und Stoffregen berichten davon, wie viele der Menschen in der Umgebung misstrauisch Neuem gegenüber seien. Nach der Wende hätten sich viele Leute nicht mitgenommen gefühlt, Wunden seien entstanden, die sich auch heute noch im Ehrenamt bemerkbar machten.

„Während sich am Boxi die jungen Leute über ihr Smartphone informieren und engagieren, weil sie der Gesellschaft etwas Gutes tun wollen, gibt es hier noch Telefonketten.“ Ehrenamt sei hier etwas, dass man seiner unmittelbaren Umgebung zukommen lasse, nicht so sehr dem guten großen Ganzen, Menschen achteten auf ihre Nachbarn.

„Wenn einer mal zwei Tage nicht gesehen wurde, dann spricht sich das schnell rum“, sagt Stoffregen. „Als wir hier Patenschaften einführen wollten, wo Menschen einander bei ihren Teilhabemöglichkeiten helfen, haben wir offene Türen eingerannt. Das machen wir doch eh schon, haben die Leute gesagt.“

Für Johannes Dumpe soll das neue Stadtteilzentrum ein Ort für alle sein. „Die Voraussetzungen sind hier vielleicht ein bisschen anders, aber wenn wir es schaffen, die soziale Bereitschaft der Menschen in den sich verändernden Kiez zu transferieren, dann wird das eine sehr gut funktionierende Sache werden.“

Schon in nächster Zeit soll eine Stadtteilwerkstatt entstehen und Nachbarschaftsessen sind geplant. Dort werden dann auch die gesammelten Äpfel zu Apfelmus, Apfelringen oder Apfelmeerrettich verarbeitet. Im Rahmen der Gemeinsamen Sache wird es am 22. September wieder eine Apfelernte in Golm geben. Ein paar Tage früher, am 18. September wird in der Friedensstraße 32 gegärtnert und Möbel werden gebaut. Alle sind eingeladen, von Alt bis Jung.

www.kiezaktiv.info

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