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Hier läuft’s nicht rund. Kreuzberg gehörte beim Online-Dialog zur Radsicherheit zu den Gebieten mit den meisten Klagen über Gefahrenstellen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Gefahrenstellen auf Radwegen: Die Berliner Verwaltung tut wenig für Radfahrer

Vor einem Jahr fragte der Senat die Bürger nach Orten, die für Radfahrer besonders gefährlich sind. Danach wollte die Politik die schlimmsten Brennpunkte entschärfen. Passiert ist bislang so gut wie nichts.

Es war Musik in den Ohren vieler Berliner, was Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) vor genau einem Jahr zu verkünden hatte: „Wir haben wertvolles Material erhalten, das uns bei der Bewertung und Priorisierung unserer Radverkehrsplanung hilft.“ Das Material stammte aus dem Online-Dialog „radsicherheit.berlin.de“, der binnen vier Wochen 260.000 Mal angeklickt wurde.

Dabei gingen mehr als 8000 Hinweise ein, die wiederum fast 23.000 Mal bewertet wurden. Aus diesem Wust destillierte die Stadtentwicklungsverwaltung eine Top-30-Liste besonders brisanter Konfliktstellen. Von denen seien mehr als 90 Prozent nicht nur subjektiv problematisch, sondern auch objektiv unfallträchtig, der Handlungsbedarf also erkannt.

Gelöst ist kein einziges dringendes Problem

Jetzt, ein Jahr später, hat die Verwaltung auf Anfrage des Tagesspiegels eine Bilanz gezogen: Gelöst ist demnach kein einziges der 30 dringendsten Probleme. Für zwei sind Verbesserungen zumindest in diesem Jahr realistisch, nämlich die Neumarkierung des Moritzplatzes sowie Fahrradspuren auf der Stromstraße. An fünf weiteren Brennpunkten macht die Verwaltung zumindest vage Hoffnung auf Verbesserungen, ohne Termine zu nennen. Allerdings gehören in diese Rubrik auch alte Bekannte wie das seit Jahren kleckerweise umgebaute Kottbusser Tor sowie der Hermannplatz, über dessen Neugestaltung seit Langem diskutiert, der aber nicht in Angriff genommen wird.

Hoffen dürfen die Radfahrer ferner darauf, dass sie an der – wegen der britischen Botschaft und des Pariser Platzes für Autos nur eingeschränkt befahrbaren – Kreuzung östlich des Brandenburger Tors nicht mehr minutenlang bei Rot vor der leeren Wilhelmstraße warten müssen oder, sofern sie auf der Wilhelmstraße nordwärts fahren, bei Grün von entgegenkommenden Linksabbiegern ignoriert werden. Die Verkehrslenkung (VLB) „prüfe“ eine neue Ampelschaltung, heißt es. Erfahrungsgemäß sind für eine solche Prüfung durch die VLB eher Jahre als Monate einzuplanen.

Selbst bei wohlwollender Zählung sind allerdings mehr als 20 der 30 größten Probleme bisher ohne Resonanz. Sie seien „der Unfallkommission zur Kenntnis gegeben“ worden, heißt es. Dieses Gremium aus Behörden, Polizei und Verbänden hat im vergangenen Jahr genau 13 Fälle abgeschlossen, davon acht Wiedervorlagen. Auf der To-do-Liste stehen allerdings rund 1500 Problemstellen, davon 500 chronische. Rechnerisch dauert also allein die Bearbeitung der dringendsten Fälle fast 40 Jahre.

Leuchttafeln erinnern an den Schulterblick

Auf der Habenseite sieht die Verwaltung immerhin die Hinweise auf den großen Leuchttafeln, die Autofahrer an den Schulterblick beim Abbiegen erinnern sowie eine Initiative, um Lkw-Fahrschüler auf die Gefahr unachtsamen Abbiegens hinzuweisen. Diese Punkte waren allerdings schon vor einem Jahr genannt worden, sind also nicht neu.

Ursprünglich war in dem Online-Dialog explizit nach gefährlichen Kreuzungen und Abbiegekonflikten gefragt worden. Im Laufe der Debatte bekam allerdings ein anderer Punkt die größte Resonanz: „Penetrantes Parken auf dem Radweg“ landete mit 554 zustimmenden Bewertungen klar auf dem Spitzenplatz. In der später erstellten Top-Liste tauchte das Thema aber gar nicht mehr auf.

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