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Das Arbeitsgericht verhandelt die Klage des früheren Vize-Direktors der Stasiopfer-Gedenkstätte gegen seine Kündigung.

© Paul Zinken/dpa

Update

Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen: Frauendorfers Entlassung kommt heute vor Gericht

Wegen Sexismusvorwürfen war dem früheren Vize-Direktor der Gedenkstätte für Stasi-Opfer gekündigt worden. Heute kommt seine Klage dagegen vor Gericht.

Sein Ex-Chef hat sich zumindest einen Vergleich, eine höhere Abfindung erstritten: Der frühere Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, ging am Ende freiwillig, zog seine Klage zurück. Sein früherer Stellvertreter Helmuth Frauendorfer dagegen geht gegen seine Entlassung infolge von Sexismusvorwürfen vor. Am Montag verhandelt das Arbeitsgericht Berlin seine Kündigungsschutzklage.

Frauendorfer selbst ist zu dem Verhandlungstermin geladen, wie das Gericht vorab mitgeteilt hat. Weitere Zeuginnen, etwa frühere Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte, müssten zunächst nicht erscheinen, hieß es auf Anfrage. Bei einem Gütetermin im Februar hatte Frauendorfers Anwalt eine Einigung ausgeschlagen

Frauendorfer war vor mehr als einem Jahr wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung von Mitarbeiterinnen entlassen worden. Frauendorfer selbst hatte im vergangenen Sommer über seinen Anwalt Fehlverhalten und Mangel an Sensibilität eingeräumt, betonte aber, das abgestellt zu haben, nachdem er 2016 von Knabe darauf angesprochen worden sei.

Dies sei jedoch kein Schuldeingeständnis gewesen, erklärte der Anwalt im Februar: „Wir räumen überhaupt keine sexuellen Übergriffe ein, die hat es auch nicht gegeben.“ Frauendorfer gehe es nicht um eine Abfindung. Sein Ziel sei, ins Arbeitsverhältnis zurückzukommen.

Insgesamt werden dem ehemaligen Vizedirektor sexuelle Übergriffe und Belästigungen im Zeitraum von 2011 bis zu seiner Kündigung 2018 vorgeworfen, neun Frauen haben sich als Betroffene von Frauendorfers Verhalten gemeldet.

Anwalt bestreitet die Vorwürfe

In einem Brief, den die betroffenen Frauen im Juni 2018 an Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und Berlin Kultursenator Klaus Lederer (Linke) richteten, schildern die Frauen eine von Frauendorfer ausgehende „enge, fast intime körperliche Nähe“, „Berührung wie Streichen über die Arme, enge Umarmungen bei Mitarbeiterinnen, unsachliches Lob, das Äußerlichkeiten (Figur, Schönheit) betont“.

Frauendorfer soll die Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte außerdem durch persönliche SMS belästigt haben, wiederholt soll er angeboten haben, Mitarbeiterinnen nach Hause zu fahren, sie zu einem Feierabendgetränk oder auch zu sich nach Hause eingeladen haben.

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Die betroffenen Frauen beklagten grundlegend einen „strukturellen Sexismus aus der Führungsetage als role model für andere männliche Abteilungsleiter, körperliche Nähe und privaten Kontakt zu jungen Mitarbeiterinnen zu suchen, anzügliche Bemerkungen zu machen“. In dem Brief hieß es weiter, Frauen würden in der Gedenkstätte offen als „formbar“ gelten.

Vorwürfe gegen Knabe

Vorwürfe hatten die Frauen aber auch gegen Hubertus Knabe erhoben. Er habe sich gegenüber einigen inadäquat geäußert. Frauendorfer und dessen Chef Knabe sollen insgesamt ein Klima erzeugt haben, das einem „Frauenbild der 50er Jahre“ entsprochen habe. 

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Der Stiftungsrat der Gedenkstätte unter Vorsitz von Lederer hat vor einem Jahr entschieden, Frauendorfer und Knabe zu kündigen. Knabe ist aus Sicht des Stiftungsrates nicht entschlossen genug gegen seinen Vize vorgegangen. Dem früheren Direktor wurde eine zu nachgiebige Haltung bei möglichen Sexismus-Vorfällen und den Umgang damit vorgeworfen. Knabe habe strukturellen Sexismus in der Gedenkstätte Hohenschönhausen zugelassen, habe Machmissbrauch und sexuelle Belästigung toleriert.

Der Chefposten in Hohenschönhausen wurde inzwischen neu besetzt. Der jetzige Direktor Helge Heidemeyer sei auch zu dem Prozess geladen, so das Gericht.

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