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Gedenkfeier für die Terroropfer des Anschlages im neuseeländischen Christchurch auf dem Tempelhofer Feld.

© Paul Zinken/dpa

Update

Gedenken in Berlin: „Neuseeland lag immer abseits des Weltgeschehens“

Nach dem Massaker in Christchurch organisieren in Berlin lebende Neuseeländer eine Gedenkfeier. Ihr Land werde niemals mehr so sein wie zuvor.

Weit im Westen, am Rand des Tempelhofer Feldes, färbte die Abendsonne die Wolken rot, als sie alle gemeinsam „Whakaoria Mai“ sangen – eine traditionelle Hymne der Maori, der Ureinwohner Neuseelands. Es ist ein Lied der Klage, aber zugleich voller Hoffnung. Am späten Sonntagnachmittag drückte es die Empfindungen von mehr als 200 versammelten Neuseeländern aus. Die überschaubare, gut vernetzte und befreundete neuseeländische Community in Berlin traf sich auf dem Tempelhofer Feld zu einer spontan organisierten Gedenkfeier für die bislang 50 Todesopfer des rechtsradikalen Massakers im neuseeländischen Christchurch.

Auch Harriet Spratt ist trotz Kälte und eisigem Wind aufs einstige Flugfeld gekommen. Sie lebt und arbeitet seit sechs Jahren in Berlin, bietet nun Cookies und Kaffee am rasch aufgestellten Klapptisch an, stellt ein Schild davor: „We stand against racism“ – und sagt: „Neuseeland lag immer abseits des Weltgeschehens, irgendwie am Rand, Terror nahmen wir nur aus der Ferne wahr.“ Aber Neuseeland werde nach dem Anschlag am vergangenen Freitag, 13.45 Uhr Ortszeit, niemals mehr so sein wie zuvor.

Manche haben Tulpensträuße mitgebracht, sie umarmen sich, auch Kinder sind mit ihren Eltern dabei. Ein junger Mann betont am Mikro: „Wir fühlen uns verbunden und solidarisch mit den muslimischen Gemeinschaften in Neuseeland und der ganzen Welt.“

Damit spricht er aus, was viele Gläubige, egal welcher Religionszugehörigkeit, am Sonntag bewegte. Appelle zur Toleranz gegenüber allen Religionen bestimmten die Gottesdienste der christlichen Gemeinden Berlins, aber auch die Andachten in jüdischen Synagogen und etlichen Moscheen. In der St. Marienkirche am Alexanderplatz wurde der Ermordeten in „interreligiöser Gemeinschaft“ gedacht. „Hass, gleich aus welcher Richtung er kommt, ist zerstörerisch“, lautete der zentrale Predigtsatz.

Vor der Botschaft Neuseelands an der Friedrichstraße 60 / Ecke Leipziger Straße in Mitte ist mittlerweile ein improvisierter Gedenkort mit Blumensträußen und Kerzen entstanden. Am Abend entzündete auch Roland Venesz, ein aus Ungarn stammender Software-Entwickler, eine Kerze. „Jede Art von Terrorismus schockiert mich“, sagte er. Die Reaktion der staatlichen Medien in Ungarn habe ihn erschreckt. Über den Terrorakt sei dort kaum berichtet worden, wahrscheinlich, weil die Opfer Muslime seien.Ch. Stollowsky, L. v. Törne

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