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Schauspielerin mit Regie-Debüt: Maryam Zaree im Garten des Gorki-Theaters.

© Doris Spiekermann-Klaas

Geboren im Gefängnis: Deutscher Schauspielpreis ehrt Maryam Zaree für „Born in Evin“

Keine Party, keine Küsschen: Der Deutsche Schauspielpreis wird mit stark abgespeckter Zeremonie verliehen. Für die gebeutelte Branche ist das Treffen wichtig.

Schauspieler haben harte Zeiten hinter sich. Für einige von ihnen gibt es am Freitag eine Pause davon. Dann wird in Kreuzberg der Deutsche Schauspielpreis verliehen. Die Zeremonie gehört zu den wenigen Veranstaltungen, die nicht abgesagt wurden wegen Corona. „Wir haben hin und her überlegt“, sagt Kerstin Schilly, Geschäftsführerin der Agentur „La Maison Victor Schilly & Friends“, die diese Verleihung gemeinsam mit dem Bundesverband Schauspiel (BFFS) ausrichtet. „Aber es muss ja irgendwie weitergehen.“

Dafür müssen freilich etliche Zugeständnisse gemacht werden. Das Bad in Küsschen und Umarmungen fällt diesmal aus. Statt 1400 Gästen, die sich im letzten Jahr aus diesem Anlass im Zoo-Palast versammelten, dürfen diesmal nur 250 kommen. Austragungsort ist eine alte Industriehalle neben dem Szenelokal Spindler & Klatt.

Sie hat ihre Karriere als Eventlocation noch vor sich, zeichnet sich in dieser Zeit aber durch verschärfte Luftigkeit aus: Vier Tore, außerdem Luftschächte und eine hohe Decke. 50 Gäste müssen die Verleihung als Streaming auf der Restaurantterrasse verfolgen, die anderen sitzen weit auseinander an Vierertischen in der 1000-Quadratmeter-Halle.

„Eine Auszeichnung im stillen Kämmerlein zu bekommen, ist traurig“, begründet Leslie Malton vom BFFS-Vorstand die Entscheidung. „Schauspieler gehören nach außen, wir brauchen das Publikum.“ Auch bei ihren Dreharbeiten wurde Mitte März erst mal der Stecker gezogen. Inzwischen habe aber sogar an ganz neuen Produktionen die Arbeit wieder begonnen.

Durch Corona, so hat sie es erfahren, seien zudem tolle Momente der Solidarität entstanden. „Der Deutsche Schauspielpreis ist auch so ein großes Zeichen der Solidarität“, sagt Malton. Es sei so wichtig, die Freude der anderen mitzubekommen, aber auch die eigene Freude zu teilen. „Wir sind flexibel, das ist ja ein Grundrezept des Schauspielers.“

Get Together mit klassischer Musik

Zugelassen sind diesmal tatsächlich nur die Nominierten, die Laudatoren, die Jury und der Vorstand vom BFFS. Es habe natürlich wehgetan, Anfragen zur Teilnahme absagen zu müssen, sagt Kerstin Schilly. Aber so nett die Begleitungen auch sein mögen, es gebe ein strenges Hygienekonzept.

[Filmemacher können die Welt verändern: Warum Berliner Schauspieler ihren eigenen Streamingdienst gegründet haben, lesen Sie im Doppelinterview mit Frederick Lau und Nicolàs Solar Lozier auf Tagesspiegel Plus.]

Natürlich gibt es auch keine ausgelassene Party im Anschluss wie sonst, sondern nur ein Get Together mit klassischer Musik des Violonisten Iskandar Widjaja. Die Veranstalter sehen es positiv. „Das hat mehr den klassischen Gala-Charakter.“ So ähnlich geht es ja auch bei der Zeremonie der Screen Actors Guild (SAG) zu, dem Film- und Fernsehpreis der US-amerikanischen Schauspielergewerkschaft, mit der sie gern mal kooperieren würden.

Schauspielpreis wird in 14 Kategorien verliehen

In der diesmal auf gut zwei Stunden begrenzten Zeremonie werden Preise in 14 Kategorien verliehen. Einige stehen schon fest. Den Deutschen Fairnesspreis zum Thema Streitkultur für eine Produktion, die in besonderer Weise zu gesellschaftlicher Fairness beiträgt, bekommt die aus der Serie „4 Blocks“ bekannte Schauspielerin Maryam Zaree für ihre Dokumentation „Born in Evin“.

Ausgehend von ihrer Geburt in einem iranischen Gefängnis, „das zu den schlimmsten Orten der Welt zählt“, blicke sie exemplarisch auf ihre eigenen seelischen Narben, lautet die Begründung der Jury. Von der eigenen Geschichte aus weite sie den Blick auf politische Zusammenhänge und sei dabei auf viele kluge und politisch aktive Frauen getroffen, die nicht schweigen. Daraus sei „ein tief zu Herzen gehender, inspirierender Film“ entstanden. Der Jury gehörten unter anderem die Schauspielerin Christine Urspruch und Ursula Höf von ver.di an.

Ehrenpreis fürs Lebenswerk geht an Dieter Mann

Zu den 26 Nominierten für den Deutschen Schauspielpreis, der Schauspielern besonders wertvoll ist, weil er von Kollegen verliehen wird, gehören unter anderem Marthe Keller und Nina Hoss („Schwesterlein“), Lars Eidinger („Babylon Berlin“), Marion Kracht („Schlaf“), Carol Schuler und Edin Hasanovic („Skylines“), Jasna Fritzi Bauer und Sophie Rois („Rampensau“), Tobias Moretti und Alina Serban („Gipsy Queen“), Rauand Taleb („4 Blocks“) und Franziska Hartmann („Sterne über uns“).

Den Ehrenpreis Lebenswerk bekommt der Schauspieler Dieter Mann. Autor Wolfgang Schaller erhält den Ehrenpreis Inspiration. Der Theaterpreis geht an die Schauspielerin Nicole Heesters. Der BFFS ist mit 3600 Mitgliedern die größte nationale Schauspielerorganisation und ist dafür angetreten, die Rahmenbedingungen dieses Berufs zu schützen und zu verbessern.

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