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Überaltert. Nicht nur die Finanzverwaltung hat Personalprobleme.

© D. Spiekermann-Klaas

Gastbeitrag für eine Verwaltungsreform in Berlin: Der Schlüssel ist ausreichend gutes Personal

Effiziente Strukturen, richtige Ausstattung – für eine moderne Verwaltung ist jetzt die Politik am Zug, meint Beatrice Kramm, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Berlin.

Wer sich mit den Herausforderungen der Berliner Verwaltung befasst, braucht einen langen Atem und eine hohe Frustrationstoleranz. Die Notwendigkeit eines Wandels und auch die Instrumente dafür sind hinlänglich beschrieben. Wer aber auf Veränderungen hofft, der wird enttäuscht. Wir Kunden – die Unternehmen, aber auch die Bürger der Stadt – fordern, dass endlich etwas Sichtbares geschieht.

Als Bürgerin erwarte ich, dass ich für einen Termin beim Bürgeramt nicht von Kladow nach Biesdorf fahren muss. Ich erwarte, dass mein Antrag auf Elterngeld mit derselben Konsequenz bearbeitet wird wie mein Strafzettel. Als Bürgerin erwarte ich, dass ich ohne Hintergedanken durch den Tiergarten oder den Görlitzer Park gehen kann. Hier haben Politik und Verwaltung zweifellos in den letzten Jahren Vertrauen verspielt.

Als Unternehmerin ist die Lage vielschichtiger. Wir Unternehmer erwarten einheitliche Standards im gesamten Stadtgebiet. Wir erwarten eine professionelle Beziehung zwischen uns und den Behördenmitarbeitern. Dies gilt umso mehr, als Unternehmer mit durchschnittlich 130 Kontakten pro Jahr Hauptkunden der Verwaltung sind. Wir brauchen Kompetenz auf beiden Seiten. Nur so ist etwa eine effiziente Bearbeitung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung möglich.

Die Sparpolitik hat ihre Spuren hinterlassen

Der Schlüssel ist ausreichend gutes Personal. Dass die Mitarbeiter der Verwaltung im Duktus eines ehemaligen Finanzsenators aufgrund der hohen Belastung „bleich und übelriechend“ herumliefen, kann ich nicht bestätigen. Aber die Sparpolitik hat ihre Spuren hinterlassen. Damit kein Zweifel aufkommt: Die Wirtschaft hat immer gefordert, den Personalbestand der Berliner Verwaltung zu kürzen – dies war notwendig. Was die Politik aber zu spät erkannt hat, war der richtige Moment zum gezielten Umsteuern.

Seit 2000 ist der Personalbestand in der Verwaltung um rund 37.000 Mitarbeiter geschrumpft. 42 Prozent der Beschäftigten in den Bezirken sind über 55 Jahre alt. In den nächsten fünf Jahren wird ein Viertel der Beschäftigten – also fast 30 000 Mitarbeiter – den Landesdienst verlassen. Diese Zahlen sind alarmierend. Und die Berliner Verwaltung steht im Wettbewerb um Talente nicht gut da: Sie zahlt oft weniger als die private Wirtschaft oder andere Bundesländer und steht zusätzlich in Konkurrenz mit Bundesbehörden. Keine guten Voraussetzungen, wenn spezialisierte IT-Fachkräfte oder Bauingenieure fehlen. In Teilen ist die Verwaltung aber Herrin ihres Schicksals. Sie muss schneller werden: Stellenbesetzungsverfahren dauern bis zu neun Monate!

Die Politik ist am Zug

Dringend reformbedürftig ist auch das Verhältnis zwischen Senat und Bezirken. Dafür tragen nicht die Mitarbeiter der Verwaltung die Verantwortung. Hier ist die Politik am Zug. Die Aufgabenteilung muss besser abbilden, ob gesamtstädtische Belange betroffen sind oder nicht. Wenn ja, dann braucht der Senat aber auch Steuerungsinstrumente für Weisung und Aufsicht, um für eine einheitliche Durchführung zu sorgen. Wird das zur Entmachtung der Bezirke führen? Im Gegenteil! Im Ergebnis wäre klarer geregelt, was die Bezirke eigenverantwortlich tun.

Gleichzeitig könnten diese sich darauf verlassen, dass der Senat nicht weitere Aufgaben an sich zieht. Eine stärkere Beteiligung der Bezirke an den Gewerbesteuereinnahmen als Anreizsystem, wie sie nicht nur an dieser Stellte vorgeschlagen wurde, ist dabei durchaus bedenkenswert.

Digitalisierung und demografischer Wandel verlangen nach Veränderungen

Die IHK hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Stiftung Zukunft Berlin grundsätzliche Anforderungen an eine moderne Verwaltung formuliert. In Kürze werden wir unsere Ideen weiter präzisieren. Denn klar ist: Digitalisierung und demografischer Wandel erlauben für die Verwaltungsdebatte kein „weiter so“: Vermeintlich einfache Lösungen (mehr Geld im Haushalt gleich mehr Personal) funktionieren in Zeiten des Fachkräftemangels nicht mehr.

Die Digitalisierung hat zudem die Erwartungshaltung der Kunden fundamental verändert: Deshalb muss in der Umsetzung des E-Government-Gesetzes dafür gesorgt werden, dass Unternehmen mit einer elektronischen Identität über ein einheitliches, multikanalfähiges und medienbruchfreies Unternehmerportal auf Berliner Verwaltungsleistungen zugreifen können.

Manches ist erkannt: So gibt es seit 2017 eine Steuerungsgruppe zur Verwaltungsmodernisierung. Und hier schließt sich der Kreis: Die besten Vorschläge bringen nichts ohne die entschlossene Umsetzung durch die Politik.

Was muss sich ändern in Berlin? Lesen Sie jetzt die gesamte Serie zur Verwaltungsreform als kostenfreies E-Magazin.

Beatrice Kramm

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