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Die Ausstellungseröffnung zum Thema "Future Human Mobility" im Ottobock Future Lab auf dem Bötzow-Areal.

© Kai-Uwe Heinrich

„Futuring Human Mobility“: Der menschlichen Mobilität eine Zukunft bereiten

Berlin habe als Stadt "eine besondere Intensität", sagt Architekt David Chipperfield bei der Ausstellungseröffnung zu „Futuring Human Mobility“ im Bötzow-Areal.

Kann Berlin erwachsen werden, ohne dass dabei die Bohème-Identität verloren geht? Und sind Politiker überhaupt qualifiziert genug, die anstehenden großen Probleme zu lösen? Welche Werte werden Konsum und Wachstum ersetzen müssen, wenn die Grenzen endgültig erreicht sind? Unter anderem Star-Architekt David Chipperfield, der Verleger Gerhard Steidl, Wissenschaftsjournalist Rangar Yogeshwar und Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt blickten mit dem Chef von Otto Bock, Hans Georg Näder, am Donnerstagabend weit in die Zukunft. Sie kamen zusammen bei einer Ausstellungseröffnung zum Thema „Futuring Human Mobility“ in der Bötzow-Brauerei in Prenzlauer Berg, wo der menschlichen Mobilität eine vielversprechende Zukunft bereitet werden soll.

Digitale Transformation als Chance

Vor hundert Jahren wurde das Unternehmen Otto Bock in Berlin gegründet mit dem Ziel, Menschen ihre vollständige Mobilität zurückzugeben. Heute zählt es über 7000 Beschäftigte. Näder wollte das Jubiläum aber ausdrücklich nicht für den üblichen Rückblick auf Erreichtes nützen, sondern stattdessen in die Zukunft schauen und Visionen für die menschliche Mobilität entwickeln, auch im Hinblick auf Künstliche Intelligenz. Das elektrisierte den Verleger Gerhard Steidl, der von Jubiläumsbüchern normalerweise eher gelangweilt ist. Herauskam ein großes Werk mit dem Titel „Futuring Human Mobility“ und dazu die passende Ausstellung, die noch bis März zu sehen und wieder mehr Menschen auf das 23 000 Quadratmeter große Bötzow-Areal ziehen wird, um das es in den letzten Jahren wegen der umfassenden Restaurierungsarbeiten der alten Brauerei etwas stiller geworden war.

Noch bis März ist die Ausstellung im Bötzow-Areal zu sehen.
Noch bis März ist die Ausstellung im Bötzow-Areal zu sehen.

© Kai-Uwe Heinrich

Künftig soll es ein Anziehungspunkt sein für ideenreiche junge Leute aus allen Ländern der Welt, ein Ort für Startups, für Kunst, ein neuer High Tech Kiez, in dem die DNA der früheren Brauerei mit einem Biergarten für 1000 Leute ausdrücklich respektiert wird. Denn natürlich soll man auch essen und trinken in der neuartigen Oase aus Wellness, Wissenschaft und Wirtschaft, wenngleich in den geplanten Biergarten nicht mehr 1000 Leute passen werden wie früher. Schon länger leuchtet am Schornstein in pinkfarbenen Lettern des Künstler-Duos Eva und Adele die Parole „Futuring“, die eine Lichtbrücke schlägt nach Duderstadt, wo sich heute die Zentrale des Unternehmen in Medizintechnologie befindet, das weltweit zu den Marktführern in der Medizintechnologie zählt. Näder erinnerte sich an die Vollmondnacht, in der er, vom Soho House kommend, die alte Brauerei zum ersten Mal entdeckte. Als Unternehmer in dritter Generation denkt er positiv, begreift die digitale Transformation unbedingt als Chance.

"Berlin hat eine besondere Intensität"

Mit den allgegenwärtigen Widersprüchen unserer Zeit befasste sich David Chipperfield in dem Gespräch. Auf der einen Seite lieben die Menschen das Vertraute und ihre Rituale, auf der anderen Seite sind sie neugierig, passen sich neuen Gegebenheiten rasch an. Für ihn hat Berlin „eine besondere Intensität“, ist ein Ort, an dem man Lösungen finden kann für die essentiellen Herausforderungen unserer Zeit, für die Überwindung finanzieller und sozialer Ungleichheiten, die neben dem Klimaproblem „große Schatten werfen“.

Sir David Chipperfield bei der Ausstellungseröffnung im Future Lab auf dem Bötzow Areal.
Sir David Chipperfield bei der Ausstellungseröffnung im Future Lab auf dem Bötzow Areal.

© Kai-Uwe Heinrich

Der Umgang mit der in Berlin herrschenden Angst vor der Gentrifizierung stimmt ihn optimistisch, dass es besser ausgeht, als in London. Die Stadt habe sich komplett verändert seit die Menschen wegen der hohen Kosten dort nicht mehr leben könnten. London fühlt sich für ihn heute an, „als gehöre die Stadt jemand anderem“. Für Chipperfield ist es in der Zukunft ganz wichtig, welche Lebensqualität eine Stadt auch jungen Leuten, auch Künstlern bietet, wozu natürlich auch Familie, Freunde, Glück gehören. Und bezahlbare Mieten.

Bezahlbare Mieten bestimmen das künftige Stadtbild

Näder erinnerte sich an die großen Themen, die in den Gesprächen mit seinen Eltern eine Rolle gespielt haben, Humanismus, Empathie, Respekt, christliche Werte. Er ist in 57 Ländern der Welt unterwegs, beobachtet die Entwicklungen, natürlich auch die Verbesserung der Lebensqualität, die Behinderte durch technische Neuerungen erfahren, wie die von drei Computern gesteuerte Beinprothese. Er hat aber nicht nur Premium-Produkte in seinem Portfolio, sondern bewusst auch Basics, von denen etwa auch Flüchtlinge profitieren können.

Sowas kommt nicht allein durch Fleiß und Tüchtigkeit und Perfektionsstreben zustande. Benötigt werden Spielplätze der Kreativität. Seine Mutter habe fest daran geglaubt, dass für die Zukunft auch Exzentriker wichtig seien, kreative Verrückte, sagte Näder. Dass sich solche Leute, egal woher sie kommen, mal eine Weile auf Bötzow blicken lassen, einem Schmetterling ähnlich, der eine Blüte befruchtet und dann wieder davon flattert, das wünscht er sich.

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