zum Hauptinhalt
Feindbilder. Menschen demonstrieren gegen "Verdrängung und Mietenwahnsinn" auf dem Alexanderplatz.

© imago images / Steinach

Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen: Grüne fordern soziale Mietenpolitik – Enteignungsinitiative hält an Plan fest

Die Reaktionen auf die angekündigte Übernahme der Deutschen Wohnen durch die Vonovia fallen gemischt aus. SPD, CDU und FDP sehen ein gutes Signal, Grüne und Linke sind skeptisch. 

Die Grünen erwarten nach der geplanten Megafusion in der Immobilienbranche ein sozialverträgliches Handeln des neuen Wohnungsriesen Vonovia auf dem angespannten Berliner Mietenmarkt.

„Wenn Vonovia die Deutsche Wohnen übernimmt, hält sie fast zehn Prozent der Berliner Wohnungen. Wer eine solch große Machtkonzentration anstrebt, muss zeigen, dass das einen Mehrwert für die Berlinerinnen und Berliner hat“, erklärte die Grünen- Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl im Herbst, Bettina Jarasch, am Montag.

„Es braucht verbindliche Vereinbarungen zu Themen wie Mieterhöhungsstopp, bezahlbarem Neubau und einem stärker gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkt in Berlin“, sagte die Grünen-Politikerin. Sie stehe für Gespräche mit der Vonovia darüber bereit.

Der größte deutsche Immobilienkonzern Vonovia will den Branchenzweiten Deutsche Wohnen übernehmen, der in Berlin mit mehr als 100.000 Wohnungen größter privater Vermieter ist. Die Spitze der Deutschen Wohnen unterstützt den Plan.

Gleichzeitig schlagen die Unternehmen einen „Zukunfts- und Sozialpakt Wohnen“ mit dem Land Berlin vor. Sie bieten unter anderem eine Begrenzung der Mietsteigerungen in ihren Berliner Beständen bis 2026 an: in den kommenden drei Jahren auf höchstens ein Prozent jährlich, in den beiden danach folgenden Jahren im Rahmen des Inflationsausgleichs. 

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Bei Modernisierungen für den Klimaschutz verpflichten sich die Unternehmen, die Modernisierungsumlage auf maximal 2 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen. Außerdem bieten die Unternehmen dem Land Berlin im Zusammenhang mit ihrem Zusammenschluss 20.000 Wohnungen zum Kauf an.

Giffey und Wegner begrüßen Vonovia-Ankündigung

Die Berliner SPD-Vorsitzende und Spitzenkandidatin zur Abgeordnetenhauswahl Franziska Giffey wertete die Zusagen von Vonovia und Deutsche Wohnen als „gutes Signal“ als für den sozialen Frieden in der Stadt. „Gemeinsam mit der Berliner Landespolitik muss jetzt dafür gesorgt werden, dass diese Zusagen in guter Zusammenarbeit mit dem Land Berlin erfüllt werden", sagte die Sozialdemokratin.

[Und was passiert konkret in Ihrem Berliner Kiez? Die 12 Tagesspiegel-Newsletter für die 12 Berliner Bezirke gibt es kostenlos hier - leute.tagesspiegel.de]

Giffey erklärte, in den kommenden Jahren gemeinsam mit der Wohnungsbauwirtschaft neue, bezahlbare Wohnungen in der Stadt schaffen zu wollen. „Dafür brauchen wir ein starkes 'Bündnis Wohnungsneubau Berlin', das auf Zusammenarbeit und nicht auf Enteignung setzt.“

Positiv wertete auch CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner die Ankündigung der Immobilienkonzerne. „Der in Aussicht gestellte Zukunfts- und Sozialpakt Wohnen ist ein dringend benötigter Baustein, um das faire Miteinander auf dem Berliner Mietwohnungsmarkt zu stärken“, erklärte der Berliner Landesvorsitzende der CDU.

Es sei bezeichnend, dass die Initiative für eine Zusammenarbeit aller Akteure von privaten Unternehmen statt vom Senat komme. Rot-Rot-Grün habe schon „viel zu viel Geld, Zeit und Ressourcen für untaugliche Instrumente wie Mietendeckel und Enteignungen verschwendet“, erklärte Wegner. „Der Senat muss jetzt die ausgestreckte Hand der beiden Unternehmen ergreifen. Alles andere wäre unverantwortlicher Populismus, der Gräben vertieft, statt neue Brücken zu bauen“, so der CDU-Spitzenkandidat.

Lederer kritisiert Wohnungskonzerne

Zwar begrüßte auch Klaus Lederer, Spitzenkandidat der Berliner Linke zur Abgeordnetenhauswahl und Kultursenator die Zugeständnisse der Wohnungskonzerne an das Land Berlin. Zugleich übte er jedoch Kritik an den Geschäftspraktiken der Firmen.

Die Ankündigungen änderten nichts an dem zu Grunde liegenden Geschäftsmodell der großen börsennotierten Immobilienunternehmen, die nur ihren Aktionären verpflichtet seien und Gewinne auf Kosten der Mieter erwirtschafteten. „Deshalb unterstützen wir natürlich auch zukünftig das Volksbegehren zur Vergesellschaftung. Wir wollen, dass unsere Stadt langfristig lebenswert und bezahlbar bleibt. Nur gemeinwohlorientierte Eigentumsstrukturen können letztlich dauerhaft bezahlbare Mieten sichern“, sagte Lederer.

Gegen Enteignungen sprach sich der FDP-Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja aus. Vonovia und Deutsche Wohnen zeigten, dass sie sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind. "Es ist nun am Berliner Senat ein ebenso klares Signal zu senden und den Enteignungs- und Deckelungsphantasien in der Stadt eine Absage zu erteilen."

Die rot-rot-grüne Koalition hätte schon früher über ihren Schatten springen müssen und das Gespräch mit Wohnungs- und Bauunternehmen suchen sollen, so Czaja. "Nur gemeinsam mit privaten Investoren kann das Problem der Wohnungsnot in Berlin und dadurch steigender Mieten gelöst werden."

Für "DW und Co. enteignen" ändert sich nichts

Die Berliner Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ hält auch nach der angekündigten Übernahme an ihrem Volksbegehren fest. „Es ändert sich nichts“, sagte Sprecherin Jenny Stupka am Dienstag. 

„Auch der fusionierte Wohnungskonzern wäre von einer Vergesellschaftung aller Wohnungsunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin betroffen, wie sie die Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen anstrebt“, teilte die Initiative weiter mit.

Es sei „zutiefst erschreckend“, wie eindeutig sich der Senat den Interessen der beiden Unternehmen andiene, kritisierte Stupka. Die zugesagte Mietbegrenzung bis 2026 betreffe einen zu kurzen Zeitraum. Größere Mietsprünge seien aufgrund des Mietenspiegels ohnehin nicht möglich.

Die Initiative setzt sich dafür ein, Immobilien von Unternehmen in Berlin gegen eine Milliardenentschädigung zu verstaatlichen, die am Stichtag 26. September mehr als 3000 Wohnungen haben. Noch bis zum 25. Juni muss sie dafür 175.000 gültige Unterschriften sammeln. Zur Halbzeit Ende April hatten die Initiative rund 130.000 Unterstützer unterschrieben. (Tsp/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false