zum Hauptinhalt
Die Berliner SPD stimmte am Landesparteitag für eine Lehrerverbeamtung und gegen ein Enteignungsgesetz.

© dpa

Für Lehrerverbeamtung, gegen Enteignungsgesetz: Nach dem SPD-Parteitag droht in Berlin der Koalitionskrach

Die Koalitionspartner der SPD sprechen sich gegen die Entscheidungen vom Landesparteitag aus. Vertreter der Enteignungsinitiative hoffen auf Gespräche.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Beschlüsse der Berliner SPD zur Verbeamtung von Lehrern und gegen ein Gesetz zur Enteignung von Immobilienkonzernen sind von den Koalitionspartnern Linke und Grüne unterkühlt zur Kenntnis genommen worden. „Natürlich kann jede Partei beschließen, was sie für richtig hält“, sagte die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek dem Tagesspiegel. „Aber meine Partei hat in beiden Fragen eine andere Position.“

Auch die Linken-Landeschefin Katina Schubert kommentierte knapp: „Die Parteitagsbeschlüsse der SPD stimmen mit unserer Haltung in beiden Fragen nicht überein“.

Für den Regierungsalltag von Rot-Rot-Grün ergeben sich daraus Probleme. Denn die Koalitionspartner der SPD verweisen strikt darauf, dass eine Verbeamtung von Lehrern in Berlin vor der Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 nicht in Frage komme. „Die Verbeamtung haben wir im Koalitionsvertrag ausgeschlossen“, sagte die Bürgermeisterin Ramona Pop (Grüne) am Sonntag.

Linke und Grüne sollen „Haltung überdenken"

Wichtiger für die Lehrkräfte seien bessere Arbeitsbedingungen, vom Schulgebäude über die Ausstattung bis zur Arbeitsbelastung. Auch der Landeselternausschuss sieht keinen Spielraum für einen Kompromiss, auf den sich Rot-Rot-Grün einigen könnte. Die Chance für eine „zeitnahe Umsetzung“ der Lehrerverbeamtung sehe er nicht, sagte der Ausschussvorsitzende Norman Heise.

Trotzdem rief Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) einen Tag nach dem Landesparteitag Linke und Grüne auf, „ihre Haltung zu überdenken“. Die Politik müsse sich der Realität stellen, dass außer Berlin alle anderen Länder ihre Lehrer verbeamten. Aber nur der CDU-Landeschef Kai Wegner lobte den Beschluss, mit dem die Sozialdemokraten endlich zur Vernunft kämen. Dagegen fordern die Freien Demokraten, zunächst alles darauf zu setzen, das Arbeitsumfeld von Lehrerinnen und Lehrern zu verbessern. Berlin müsse endlich von „Scheindebatten“ wegkommen.

Auch Entscheidung gegen Enteignungsgesetz stößt auf Unverständnis

Der Beschluss der SPD, das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ als wichtiges „zivilgesellschaftliches Engagement“ anzuerkennen, aber die Forderung nach einem Enteignungsgesetz abzulehnen, stößt bei den Regierungspartnern ebenfalls auf Unverständnis. „Es wäre besser, wenn die Koalitionsparteien jetzt gemeinsam ein solches Gesetz auf den Weg bringen könnten“, sagte die Linken-Parteichefin Schubert. Dieser Weg sei nach dem SPD-Landesparteitag leider versperrt. „Dann muss es eben die Berliner Bevölkerung in einem Volksbegehren richten.“

Der Organisator dieser Volksabstimmung, Rouzbeh Taheri, findet es schade, „dass sich die SPD nicht dazu durchringen konnte, mehr Grundgesetz zu wagen“. Er hoffe nun sehr, dass der fachlich zuständige Innensenator Andreas Geisel (SPD) die seit Anfang Juli laufende juristische Prüfung des Volksbegehrens nicht länger hinauszögere. Alle notwendigen Gutachten zur Frage, ob der zur Abstimmung stehende Gesetzesrahmen für die Enteignung von Immobilienunternehmen verfassungsgemäß ist, lägen vor.

SPD zu Gesprächen mit Vertretern des Volksbegehren bereit

Taheri zeigte sich für Gespräche mit den Regierungsparteien offen, um eine gemeinsame Lösung zu finden. „Wie, wann und mit welchen Methoden große Wohnungsbestände vergesellschaftet werden sollten, darüber können wir gern diskutieren.“ Aber das Ziel der Initiative, nämlich ein Gesetz für Enteignungen, stehe nicht zur Disposition. Der Beschluss der SPD lässt die Tür zu „Gesprächen mit Vertretern des Volksbegehrens“ durchaus offen. Bisher gibt es zwischen einzelnen SPD-Mitgliedern und der Initiative aber nur inoffizielle Kontakte.

Einen engen Austausch gibt es dagegen mit dem Landesverband der Linken. Die Grünen-Politikerin Pop ist da vorsichtiger und hält es für angebracht, „mit den Initiatoren sowie der Bau- und Immobilienwirtschaft in einen Dialog zu treten“. Dem Beginn von Gesprächen zwischen Koalition und Initiative dürfte demnach nichts mehr im Wege stehen.

Ein Koalitionskrach wäre aber programmiert, sollte Senator Geisel das Volksbegehren ganz oder teilweise für verfassungswidrig erklären. Ein solcher Senatsbeschluss wäre gegen Linke und Grüne kaum durchsetzbar.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false