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Innenminister Michael Stübgen spricht im Landtag von Brandenburg in der Debatte zur Verfassungsänderung.

© dpa/Bernd Settnik

Für Gendersprache und gegen Antisemitismus: Mehrheit für Verfassungsänderung in Brandenburg zeichnet sich ab

Am Donnerstag wird über eine Verfassungsänderung in Brandenburg abgestimmt. Der Landtag gab am Mittwoch mit 56 Stimmen eine Beschlussempfehlung ab.

Nach drei Jahrzehnten sind nicht nur Menschen reif für einen neuen Abschnitt. Auch Brandenburgs Landesverfassung, entstanden nach der friedlichen Revolution und am 14. Juni 1992 per Volksentscheid beschlossen, soll mit der Zeit gehen.

Vor Beginn der Plenarsitzung am Mittwoch erinnerte der Potsdamer Landtag in einer Feierstunde an die Geburt des Gesetzestextes – und machte anschließend den Weg frei für wichtige Änderungen.

Der Kampf gegen Antisemitismus und Antiziganismus soll als Staatsziel verankert, die besondere Beziehung zum Nachbarn Polen im Verfassungstext gestärkt werden. Zudem soll dieser geschlechtergerecht formuliert werden.

Das sieht ein gemeinsamer Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen von SPD, CDU und Grünen sowie der oppositionellen Linken vor, über den diesen Donnerstag final abgestimmt werden soll.

Die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit scheint nach der zweiten Lesung am Mittwoch sicherer – sofern genügend Vertreter des Pro-Lagers erscheinen. 59 der 88 Landtagsmitglieder müssten zustimmen.

56 der anwesenden Abgeordneten stimmten am Mittwoch dafür, am Donnerstag in dritter Lesung über die Änderungen zu entscheiden. Zehn stimmten dagegen, vier enthielten sich.

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Die Regierungsfraktionen kommen auf 50 Abgeordnete. Mit den zehn Linken hätte man 60 Stimmen. Die Freien Wähler mit fünf Mitgliedern halten sich, was ihr Votum angeht, noch bedeckt. Die AfD, mit 23 Abgeordneten zweitstärkste Fraktion, lehnt die Neuerungen ab.

Antisemitismusbekämpfung zum Staatsziel auszugeben, sei heuchlerisch, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Dennis Hohloch in der Debatte. Die Regierungsparteien hätten mit ihrer Migrationspolitik nach 2015 „die größten Judenhasser ins Land gelassen“.

Hohloch, am Wochenende in den AfD-Bundesvorstand gewählt, ist im brandenburgischen Verfassungsschutzbericht wegen „fremdenfeindlicher Positionierung“ in einem Facebook-Post erwähnt.

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Darüber hinaus würde die AfD mit der Verfassungsänderung den Posten des Vizelandtagspräsidenten verlieren. Denn eine 2015 eingeführte Neuerung, mit der die Ämter des Präsidenten und der beiden Vizes nach Fraktionsstärken vergeben werden, soll abgeschafft werden.

Innenminister Michael Stübgen (CDU) warb für die geplanten Änderungen. Dass 2021 in Brandenburg 150 antisemitische Straftaten verübt wurden, sei „eine Schande für unser Land“, sagte er. Zudem habe das Schicksal der Sinti und Roma „viel zu lange viel zu wenig Bedeutung bekommen“.

Ministerpräsidentin statt „Frau Ministerpräsident“

Schwer tat sich die CDU lange mit dem Gendern. „Die Mehrheit der Menschen identifiziert sich nicht mit Gendersprache“, schrieb CDU-Fraktionschef Jan Redmann im Oktober in einem Debattenbeitrag in den Potsdamer Neuesten Nachrichten.

Am Mittwoch berief sich Redmann bei seiner Meinungsänderung auf Angela Merkel. Als sie 2005 zur Regierungschefin gewählt wurde, habe das Grundgesetz die Formulierung „Bundeskanzlerin“ nicht vorgesehen. Merkel demzufolge „Frau Bundeskanzler“ zu nennen, erscheine aus heutiger Sicht absurd, so Redmann.

Wenn es irgendwann in Brandenburg eine Landeschefin geben sollte, solle diese auch als Ministerpräsidentin angesprochen werden. Derzeit sieht der Verfassungstext nur einen Ministerpräsidenten vor.

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