zum Hauptinhalt
Ein Schild zu Maskenpflicht und Abstandsgebot auf dem Wochenmarkt auf dem Hermannplatz.

© Jörg Carstensen/dpa

Fünf Freunde sollt ihr sein: Mit diesen neuen Regeln will Berlin Weihnachten überstehen

Maskenpflicht auf belebten Straßen, Treffen nur zu fünft: Ab Sonntag gelten strengere Regeln. Was ist jetzt verboten – und worüber diskutiert die Politik noch?

Auf Berlins einsamen November folgt ein einsamer Dezember. Weil der von Bund und Ländern vereinbarte „Lockdown light“ alle Erwartungen, die Infektionswelle zu brechen, unterschreitet, hat der Berliner Senat am Donnerstag erneut die Corona-Regeln verschärft.

Kultursenator Klaus Lederer (Linke) bereitete darauf vor, dass die Beschränkungen auch deutlich über den Neujahrstag hinausreichen werden. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) beschied: „Wir müssen einen langen Atem haben.“

Berlin verharrt seit Tagen bei einer Inzidenz von deutlich über 200, wird wie alle Ballungsräume besonders hart vom Virus heimgesucht. In einer fünfseitigen Änderungsverordnung hat der Senat deshalb die Kontaktbeschränkungen enger gefasst, als Bund und Länder vereinbart hatten.

Sie lag dem Tagesspiegel am Freitag vor und gilt ab diesem Sonntag. Hier sind die wichtigsten Änderungen zusammengefasst und das, was auf die Berliner noch zukommen könnte.

Zu Hause bleiben

Bislang galt in der Verordnung das Gebot, die „physisch sozialen Kontakte“ zu minimieren. In der neuen Verordnung steht eine deutlichere Erwartung: „Die eigene Häuslichkeit sollte nur aus wichtigen Gründen verlassen werden.“ Den Koalitionären war es auch wichtig, endlich nicht mehr fast ausschließlich den Freizeitbereich zu adressieren, sondern auch Unternehmen. Deshalb wird erstmals darauf verwiesen, dass Arbeitgeber „unbürokratisch Homeoffice für ihre Beschäftigten“ ermöglichen sollen.

Treffen im Freien

Im Freien dürfen sich nur noch fünf Personen aus maximal zwei Haushalten treffen. Bislang waren Treffen von bis zu zehn Leuten aus zwei Haushalten oder drei Personen aus drei Haushalten gestattet. Die letzte Option fällt ganz weg. Ausgenommen von dieser Regel sind weiterhin Ehe- und Lebenspartner und Personen, für die ein Sorge- oder Umgangsrecht besteht. Kinder bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres werden nicht mitgezählt.

Private Treffen und Zusammenkünfte

Private Treffen sind generell nur noch mit maximal fünf Personen erlaubt – einzige Ausnahme sind Kinder unter zwölf Jahren. Bislang waren Treffen mit bis zu zehn Personen gestattet. Große Familien oder Wohngemeinschaften müssen sich aber keine Sorgen machen, zerrissen zu werden: Ein gemeinsames Abendessen eines Haushaltes mit mehr als fünf Personen gilt nicht als Treffen. Das ändert sich, sobald eine Person aus einem anderen Haushalt dazukommt.

Das heißt auch: Wer in einer fünfköpfigen Familie zusammenlebt, darf zu Hause keinen Besuch mehr empfangen. Kindergeburtstage mit unter 12-Jährigen wären nach der neuen Regelung aber wieder erlaubt. Veranstaltungen mit Hygienekonzept dürfen weiter mit bis zu 50 Personen (drinnen) oder 100 Personen (draußen) stattfinden.

Weihnachten und Silvester

Die Kontaktbeschränkungen über Weihnachten und Silvester sollen nur sehr sparsam gelockert werden. Hier weicht der Berliner Senat am stärksten von der Bundesregelung ab: Bund und Länder hatten sich darauf geeinigt, Treffen von bis zu zehn Personen zu ermöglichen, in Berlin soll die Grenze wegen der hohen Inzidenz aber bei fünf bleiben.

Allerdings soll über die Feiertage auch in Berlin die Begrenzung auf zwei Haushalte aufgehoben werden, Kinder bis 14 Jahre dürfen dann am Fest teilnehmen, ohne zur Maximalanzahl an Personen beizutragen. Es gilt aber auch zu Weihnachten: Sitzen bereits fünf Personen (über 14 Jahre) eines Haushalts unterm Weihnachtsbaum, dürfen keine Gäste mehr dazukommen.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Wichtig ist: Bislang sind das Absichtserklärungen des Berliner Senats. Aufgrund des neuen Infektionsschutzgesetzes dürfen Verordnungen nur noch vier Wochen gelten – die aktuelle läuft am 22. Dezember aus. Erst dann wird der Senat in einer neuen Verordnung das genaue Prozedere für die Festtage beschließen.

Übernachtungen für Familienangehörige sollen in Berlin über die Weihnachtsfeiertage trotz des Verbots für touristische Beherbungen möglich sein – entgegen dem Willen des Kanzleramtes.

Ausweitung der Masken-Zonen

Auf „allen belebten Straßen und Plätzen“, sagte Michael Müller am Donnerstag, soll nun Maske getragen werden. Was das bedeutet? „Sagt Ihnen die Lebenserfahrung“, antwortete der Regierende flapsig auf die Frage einer Journalistin. So einfach ist es aber nicht.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach ersten Senatssitzung in dieser Woche am Dienstag.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach ersten Senatssitzung in dieser Woche am Dienstag.

© Christophe Gateau/dpa

Laut Verordnung soll ab Sonntag auf Märkten, in Warteschlangen, auf Parkplätzen und auf allen Straßen mit Eingängen für Geschäfte und Betriebe eine Maske getragen werden. Gerade in den Innenstadtbezirken dürfte das dazu führen, dass in den meisten größeren Straßen ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden muss.

Es gilt ohnehin: Das Gesicht sollte im öffentlichen Raum bedeckt werden, wenn der 1,5-Meter-Abstand zu anderen Personen nicht einzuhalten ist. Außerdem gilt an mittlerweile 35 Orten – wie der Friedrichstraße, der Altstadt Spandau oder der Bölschestraße – eine Maskenpflicht. In einigen Bezirken wie Neukölln wird diese Regel sehr gut ausgeschildert, in Mitte oftmals sehr schlecht. Im Senat wird erwartet, dass die Bezirke hier nachbessern.

Maskenpflicht auch an Grundschulen

Fünf Prozent der Berliner Schüler befinden sich mittlerweile in Quarantäne. Trotz der hohen Infektionszahlen unter jungen Menschen bleiben die Klassenzimmer aber geöffnet, Präsenzunterricht soll weiter stattfinden, entschied der Senat. Die Maskenpflicht soll auf Grundschulen ausgeweitet werden: Künftig müssen in Bezirken mit Inzidenzen von über 200 auch Fünft- und Sechstklässler Masken im Unterricht tragen.

Bislang galt das erst ab der 7. Klasse und nur bei grundständigen Gymnasien schon ab der 5. Aktuell wären von der neuen Regel die Bezirke Neukölln, Mitte, Reinickendorf, Spandau, Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg betroffen.

[Corona in Ihrem Kiez: In unseren Tagesspiegel-Bezirksnewslettern berichten wir über die Krise und die Auswirkungen auf Ihren Bezirk. Kostenlos und kompakt: leute.tagesspiegel.de]

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Antje Kapek, twitterte nach der Senatssitzung: „Ich bin erschüttert, dass wir eine Maskenpflicht für Grundschüler einführen. Sehr, sehr viele zehn- und elfjährige Kinder werden wahrscheinlich bis zum Ende des Schuljahres bis zu acht Stunden am Tag Maske tragen.“ In dieser Sache könnte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.

Hybridunterricht wird gestattet

Berlin lässt nicht nur – wie im Bund verabredet – die Schulen offen, sondern hält auch am Präsenzunterricht fest. Das sei das „oberste Ziel“, sagte Michael Müller. Allerdings dürfen weiterführende Schulen ab jetzt freiwillig auf Hybridunterricht umsteigen, ausgenommen sind die Abschlussklassen.

An Sekundarschulen könnten also die Klassen 8 und 11, an Gymnasien die Klassen 8 und 9 wechselweise ins schulische Homeoffice ziehen. Viele Schulen hatten das schon länger ausprobiert, einige auch gefordert. Bislang untersagte die Bildungsverwaltung flächendeckenden hybriden Unterricht aber. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte die Entscheidung als halbherzig.

Einschränkungen im Handel

Der Zugang zu Geschäften und großen Malls wird ab Sonntag weiter eingeschränkt. Der Einzelhandel fürchtet deshalb große Umsatzverluste im Weihnachtsgeschäft. Laut der neuen Verordnung soll sich bei einer Verkaufsfläche bis 800 Quadratmetern höchstens eine Person pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten, ab 801 Quadratmetern höchstens eine Person pro 20 Quadratmeter.

Letzteres gilt aber nur für die Quadratmeter, die über der 800er-Grenze liegen, betonte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). Letztlich ist für die Zahl der zugelassenen Personen in einem Geschäft die Gesamtquadratmeterzahl entscheidend, bei Malls werden die Geschäfte nicht einzeln gezählt, sondern es zählt der gesamte Komplex.

Ein Beispiel: Ein Reifenhändler mit 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche dürfte nach der Regelung insgesamt 100 Kunden hereinlassen. Rein rechnerisch 80 Kunden auf 800 Quadratmetern und 20 auf den weiteren 400 Quadratmetern darüber hinaus.

Böllerverbote sollen kommen

Besonders die Berliner Grünen wollen weiterhin, dass in diesem Jahr an Silvester nicht geböllert wird. Viele Verletzte würden die Krankenhäuser zusätzlich belasten, die Menschen sich zum Böllern in großen Gruppen treffen. Auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 2. Dezember könnte das Thema neu auf die Tagesordnung kommen.

Sollte kein generelles Verkaufsverbot erlassen werden oder die Kommunen nicht ermächtigt werden, das Böllern stärker zu unterbinden, sind weitere Verbotszonen für Berlin im Gespräch. Im vergangenen Jahr waren Feuerwerkskörper an der Schöneberger Pallasstraße, am Alexanderplatz und am Brandenburger Tor untersagt.

Versammlungsfreiheit nicht eingeschränkt

Eine Diskussion über die Einschränkung der Versammlungsfreiheit wurde vom Senat vertagt. In einer Beschlussvorlage, die dem Tagesspiegel vorlag, wurde eine Begrenzung auf 1000 Personen im Freien vorgeschlagen, in geschlossenen Räumen sollte die Grenze bei 100 Personen liegen.

Grüne und Linke stehen dieser Einschränkung ablehnend gegenüber. Der Tenor: Versammlungs- und Religionsfreiheit sollen eher nicht angetastet werden. Allerdings wird bei allen Koalitionsparteien die Notwendigkeit gesehen, auf die Großdemonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen besser zu reagieren. Fast wöchentlich wird dort tausendfach gegen den Infektionsschutz verstoßen. Am 31. Dezember ist ein weiterer Massenprotest geplant.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false