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Am Samstagvormittag zieht sich die Schlange am Check-in in Tegel durch das Terminal, Passagiere brauchen Geduld.

© Mike Wolff

Frust zum Berliner Ferienstart: Der Flughafen Tegel ist am Limit

Es gibt Gedränge und lange Schlangen: TXL muss das erste Berliner Ferienwochenende bewältigen. Beim Bodenpersonal ist der Frust groß.

Von Jonas Bickelmann

„Was hier passiert, ist rufschädigend für die Hauptstadt“, sagt Richard Wenk und meint die Zustände am Flughafen Tegel, wo er als Sicherheitsmitarbeiter im Einsatz ist. Dabei ist es an diesem Sonnabend zwar sehr voll, aber nicht so schlimm wie zwei Tage vorher zum Ferienbeginn. Wenk, der eigentlich anders heißt, wird ständig von Ankommenden um Hilfe bei der Orientierung gebeten. Er hilft gerne mit einer Wegbeschreibung, dabei ist das gar nicht sein Job. Die Reisenden sind froh, dass ihnen jemand Auskunft gibt.

Enrico Rümker, Gewerkschaftssekretär bei Verdi im Bereich Luftverkehr, warnt, dass der hohe Andrang zu Beginn der Ferien die Infrastruktur und noch mehr das Personal an die Grenzen oder sogar darüber hinaus bringen könne. „Von Verspätungen über stehenbleibendes oder nicht ausgeladenes Gepäck bis sogar zu Streichungen von Flügen ist alles denkbar.“

Entscheidend sei es, ausreichend qualifiziertes Personal zu haben – das gebe es aber derzeit nicht. Die Arbeit am Flughafen müsse attraktiver werden. Rümker fordert einen bundesweiten Branchentarifvertrag. Ab Mitte Juli drohen auch Streiks beim Kabinenpersonal bei Lufthansa, Eurowings und Germanwings. Die Gewerkschaft Ufo will die Arbeitgeber wieder zum Verhandeln bewegen.

Im Terminal A am Flughafen Tegel hat sich am Sonnabend um 9 Uhr eine lange Schlange vor dem Lufthansa-Schalter gebildet. Vorne stehen besorgte Berliner, die befürchten, ihre amerikanischen Austauschkinder könnten den Flug verpassen. Immerhin dürfen die dann in der Schlange etwas nach vorne.

Auch bei Turkish Airlines ist die Warteschlange lang. Eine Mitarbeiterin sorgt dafür, dass durch sie nicht der Durchgang blockiert ist. Der Flughafen der kurzen Wege ist auch ein Flughafen mit wenig Platz, es kommt immer wieder zu Gedränge. Den Umständen entsprechend sind die Fluggäste an diesem Sonnabend dennoch entspannt. Viele scheinen noch mehr Probleme befürchtet zu haben.

Ein Berliner Ehepaar mit Flugziel Adana in der Türkei ist zur Sicherheit zweieinhalb Stunden vor Abflug da gewesen. „Die haben das erst mal gut hingekriegt“, sagt der Mann und lässt sich die Vorfreude auf den Urlaub nicht nehmen. Gerade die Reisenden aus Berlin scheinen sich vorbereitet zu haben.

Die Betreiber hatten zuvor Reisende aufgefordert, mindestens zwei Stunden vor Abflug im Terminal zu sein. Chaotisch findet es hingegen eine Mutter aus New Hampshire, die bereits länger als eine Stunde am Check-in ansteht. Sie fragt, was denn eigentlich aus dem neuen Flughafen werde.

Am vollsten wird es wohl Anfang Juli

Von Donnerstag bis Sonntag sei mit 432.000 Fluggästen in Tegel und Schönefeld zu rechnen, sagte ein Sprecher der Berliner Flughäfen dem Tagesspiegel. Das ist ein Fünfzigstel des Rekordpassagieraufkommens von 22 Millionen im gesamten Jahr 2018. Am vollsten wird es wahrscheinlich zur Ferienmitte am 5. bis 7. Juli, wenn die ersten Urlauber wiederkommen und andere gleichzeitig abfliegen.

Allein für Freitag, den 5. Juli, rechnen die Betreiber mit 120.000 Passagieren an beiden Berliner Flughäfen. Sie haben sich darauf mit mehr Personal vorbereitet, sagte der Sprecher. Eine besondere Herausforderung sei in den großen Ferien, dass die Fluggäste viel häufiger Aufgabegepäck mitbringen – eine Herausforderung für Personal und Infrastruktur.

Auffällig ist, wie viele verschiedene Dienstleister am Flughafen tätig sind. Securitas, Wisag, Gegenbauer, ICTS Security, Sasse oder APCOA steht auf den Westen und Uniformen der Mitarbeiter. Viel Gutes ist von ihnen über den Knochenjob nicht zu hören. Eine Mitarbeiterin erinnert sich mit Grauen an den frühen Morgen des ersten Ferientags: „Sowas habe ich noch nicht erlebt.“

Easyjet hat sich auf eine schnelle Abfertigung eingestellt

Im neueren Terminal C hat sich die Lage am Sonnabend um 10 Uhr bei Easyjet schon wieder beruhigt. „Alles schick“, sagt eine Frau in rotem T-Shirt, die nach Schottland fliegt. Auch sie ist extra früh da gewesen, mehr als drei Stunden vor Abflug. Praktisch findet sie die automatisierte Gepäckaufgabe bei der Billigfluglinie.

Easyjet öffnet seine Schalter an diesem Wochenende bereits fruh um halb vier. Gegen Mittag ist im Terminal allerdings fast kein Durchkommen mehr; überall stehen wartende Passagiere, ein Warnsignal schrillt durch die Halle. Die Schlange bei Easyjet reicht jetzt weit ins Terminal hinein. Aber immerhin geht es voran und die Passagiere müssen dennoch nicht lange warten. Es sieht so aus, als habe sich die Airline auf eine besonders schnelle Abfertigung der großen Passagiermenge eingestellt.

Auch im alten Hauptgebäude sieht es am Mittag besser aus als morgens. Die Schlange bei Lufthansa ist auf Normalmaß geschrumpft. Mit der Gepäckausgabe scheint es gut zu klappen. Ein junger Mann ist gerade aus Frankfurt gelandet und kann über die Wartezeit am Förderband nicht klagen.

Gute Planung ist auch bei der Anreise wichtig

Um den Stress zu minimieren, raten die Berliner Flughäfen zu guter Vorbereitung, auch wenn man sehr früh da sei, könne man schon durch die Sicherheitskontrolle. Passagiere können außerdem durch Online-Check-in Zeit sparen. An beiden Berliner Flughäfen steht kostenloses WLAN zur Verfügung, für das keine Daten eingegeben werden müssen.

Über die Internetseite berlin-airport.de und über die App der Berliner Flughäfen werden Informationen zu Ankünften und Abflügen zur Verfügung gestellt. Um keine unangenehmen Überraschungen bei der Sicherheitskontrolle zu erleben, sollten Reisende die Vorschriften zu Kosmetik im Handgepäck beachten. Das gilt auch für Powerbanks zum Laden von Handys.

Davon sind nicht mehr als zwei mit einer maximalen Kapazität von jeweils 100 Wattstunden erlaubt, und sie gehören ins Handgepäck, sagt der Flughafensprecher. Gute Planung ist auch bei der Anreise wichtig. Die S-Bahn-Verbindung zum Flughafen Schönefeld ist noch bis zum 5. Juli wegen Bauarbeiten am Bahnhof Schöneweide unterbrochen. Passagiere müssen auf einen Ersatzverkehr mit Bussen umsteigen.

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