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Frühlingsanfang 2018: Berlin friert weiter – auch über Ostern

© dpa/Christophe Gateau

Frühlingsanfang 2018: Berlin friert weiter – auch über Ostern

Viele Berliner nervt die Kälte zum Frühlingsbeginn nur. Gärtnereien und Wildtiere dagegen kommen in Nöte. Die Feiertage bringen nicht viel Hoffnung.

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Eigentlich soll am Wochenende in der Späth’schen Baumschule in Treptow die Frühlingssaison beginnen – wie jedes Jahr in der Woche vor Ostern. Spreewälderinnen in sorbischer Tracht laden zum Eierbemalen. Vor allem sollen aber endlich die Frühjahrsblüher verkauft werden, doch dafür sieht es angesichts des erneuten Temperaturtiefs schlecht aus. „Wenn nur eine Schneeflocke fällt, geht der Hobbygärtner nicht mehr raus“, sagt der Chef der Baumschule, Holger Zahn. Und das wirkt sich auf die Umsätze aus.

Am Berliner Blumengroßmarkt leitet Jutta Leutung die Filiale des Großhändlers Landgard. „Wir sind bei 30 Prozent der Verkäufe im Vergleich zum vergangenen Jahr“, sagt sie. Das umsatzträchtige Ostergeschäft zum Frühlingsanfang verzögere sich stark. Die Neubepflanzung für Friedhöfe sei vielerorts komplett auf die Zeit nach Ostern verlegt worden.

Frühjahrsblumen blockieren den Sommer

Damit sich der Frühling nicht am Großmarkt stapelt und verwelkt, hat Landgard bereits die Pflanzenbestellungen bei den zuliefernden Gärtnereien reduziert. „Wir haben hier nicht die Möglichkeit, Pflanzen langfristig zu lagern, sondern wollen sie idealerweise innerhalb eines Tages weiterverkaufen“, erklärt Leutung die Geschäftsstrukturen.

Stattdessen bleiben die Frühjahrsblumen nun in den Gärtnereien und blockieren dort den Sommer. „Die Betreiber müssten eigentlich bereits ihre Beete leerräumen und Platz machen für die Sommerblumen.“ Weil aber niemand die Frühlingsblüher kaufen will, würden sich Sommer und Frühling auf dieselben Anbauflächen quetschen. Das habe nicht nur wirtschaftliche Folgen für die Händler, sondern verschlechtere auch die Qualität der Pflanzen.

Anders als etwa Baumärkte können Baumschulen die Verluste auch nicht einfach durch den Verkauf anderer Produkte ausgleichen. Wo der Baumarkt die laufenden Kosten notfalls mit Brettern statt Blumen deckt, wenn sich der Frühling um ein paar Wochen verzögert, gerät Geschäftsführer Zahn in Bedrängnis. Einen großen Teil seines Sortiments kann er nicht aus den Gewächshäusern nach draußen in den Verkauf bringen, da der Nachtfrost die Pflanzen schädigt.

„Wir sind bei dem unberechenbaren Wetter gewissermaßen im Blindflug“, sagt Zahn. Das betrifft nicht nur die Frage, wann endlich das Frühlingsgeschäft losgehen kann, sondern auch, was dann noch von seinen Blumen und Sträuchern übrig ist. „Der kürzliche Schneefall mit bewölktem Himmel ist dabei sogar eine Verbesserung“, erklärt er. Viel problematischer sei der Frost der vergangenen Wochen gewesen.

Die Kombination aus Trockenheit, Kälte und Sonnenschein habe immergrüne Gewächse wie den Kirschlorbeer stark belastet. „Die sterben ab.“ Meist lasse sich der Schaden noch gar nicht genau beurteilen, sondern zeige sich erst später. Sowohl neue als auch alte Gewächse können betroffen sein.

Dabei sei der Winter eigentlich vergleichsweise mild gewesen. Darum habe Zahn auch darauf verzichtet, seinen Lorbeer nachts abzudecken und dadurch besonders zu schützen. Als Unternehmen könne seine Baumschule immer nur so viel wie unbedingt nötig machen. Ob er die Entscheidung bereuen muss, könne er erst in den kommenden Wochen sagen.

Zähe Märzkälte

Bei der Wettermanufaktur in Tempelhof macht Meteorologe Friedemann Schenk wenig Hoffnung auf Besserung: Die Erfahrung lehre, dass Märzkälte zäh sei. Zwar sollen die nächsten Tage etwas wärmer werden mit etwa zehn Grad am Wochenende, „und die Temperaturen waren zuletzt wirklich an der Unterkante des zu dieser Jahreszeit Möglichen“. Aber für Ostern sehe es nach einem neuen Kaltlufteinbruch aus. „Ich würde für Ostern nicht mehr als fünf bis zehn Grad Höchsttemperatur bei wechselhaftem Wetter mit Schauern erwarten.“

Nur bei der Tulpen-Schau „Tulipan“ scheinen die Verantwortlichen entspannt. „Da gab es schon viel schlimmere Winter“ heißt es aus der Verwaltung des Britzer Gartens in Neukölln. Der Plan sei, dass die Schau gegen Ende April eröffnet werden kann. Im vergangenen Jahr erblühten im Britzer Garten rund 175.000 Tulpen. Die Zwiebeln für die diesjährige Schau wurden bereits im Herbst eingegraben. Für die Zwiebeln sei die Kälte kein Problem. Auch der Niederschlag sollte ausreichen, damit die Tulpen unbeschadet erblühen können. Das Datum für die Eröffnung von „Tulipan“ ist laut Verwaltung flexibel angelegt und soll erst eine Woche vorab angekündigt werden.

Vielen Wildtieren macht die späte Kälte große Probleme. „Die Entenartigen haben jetzt deutlich sichtbare Schwierigkeiten. Die ruhen sich normalerweise auf flachen Gewässern aus, die nun zugefroren sind“, sagt Derk Ehlert, Wildtierexperte bei der Umweltverwaltung. Einige Arten wie Feldlerchen, Schwarzkehlchen, Goldammern und Bachstelzen kämen seit einigen Tagen zu Tausenden aus den Winterquartieren zurück – und müssen nun ununterbrochen Futter suchen, um die Kälte zu überstehen.

Andere Sommergäste wie der Zilpzalp pausierten im milderen Südwesten Deutschlands. „Je stärker eine Art von Insekten als Nahrung abhängt, desto länger muss sie abwarten.“ Deshalb seien auch Rauchschwalben, die im vergangenen Jahr um den 20. März in der Region eintrafen, bisher nicht in Sicht.

Und die Wildschweine suchten an den vom Salz aufgetauten Straßenrändern nach Nahrung, weil ihnen der gefrorene Boden zu schaffen mache. Selbst wenn sie fündig werden, dürften viele neugeborene Frischlinge die anhaltende Kälte nicht überstehen.

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