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Für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und auch für Eltern ändert sich mit dem neuen Schuljahr einiges.

© Daniel Reinhardt / dpa

Früher aufstehen fürs kostenlose Schulessen: Mehrere Schulen ziehen den Unterrichtsbeginn vor

Antreten zur nullten Stunde: Etliche Berliner Grundschulen beginnen bereits um 7.30 Uhr, um das Mittagessen organisatorisch bewältigen zu können.

Die neuen Stundenpläne für das Schuljahr 2019/20 bringen für unzählige Familien mit Grundschulkindern eine einschneidende Veränderung: Der übliche Schulbeginn um 8 Uhr wurde an etlichen Schulen gestrichen. Stattdessen sollen die Kinder um 7.30 Uhr im regulären Unterricht sitzen. Das wurde dem Tagesspiegel am Donnerstag von Eltern aus mehreren Bezirken berichtet. Lehrer hätten diese Vorverlagerung mit dem ausgeweiteten Mittagessen begründet. Die Bildungsverwaltung bestätigte auf Anfrage, dass derartige „Einzelfälle“ bekannt seien.

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„Wir Eltern sind irritiert: Unsere Kinder müssen nun mehrfach um 7.30 Uhr zum Unterricht: Zweimal pro Woche alle, und diejenigen, die Förderunterricht in Mathematik haben, sogar dreimal pro Woche“, berichtet eine Tempelhofer Mutter. Als Grund sei die Einführung des kostenlosen Schulessens genannt worden: Der gesamte Tagesrhythmus habe verändert werden müssen, um alle Kinder beköstigen zu können.

Diese Begründung ist jetzt vielfach zu hören, denn tatsächlich sind die Mensen in den meisten Schulen viel zu klein, um alle Kinder gleichzeitig beköstigen zu können: Die Schüler wurden schon bisher in mehreren Durchgängen versorgt. Dieses Verfahren muss jetzt aber ausgeweitet werden, weil die Nachfrage wegen des Wegfalls der Elternbeiträge steigt: Lehrer berichten über mehr als sechs „Essensschichten“ à 15 Minuten. Mehr Zeit sei nicht, weil die Halbtagsschule um 13.30 Uhr endet. An anderen Schulen musste das Essen mangels Nachfrage vernichtet werden.

Mit dem Rad um 7 Uhr in die Dunkelheit

Manche Schulen sahen wegen des engen Zeitkorsetts offenbar keinen anderen Ausweg als die nullte Stunde, zumal die Bildungsverwaltung generell den Weg freigemacht hat für einen Beginn ab 7.30Uhr. Jedenfalls findet sich in der Broschüre zum Schulanfang der Hinweis, dass „beispielsweise Frühförderunterricht mit Wahlangeboten“ möglich sei. Allerdings gehen jetzt Schulen darüber hinaus, indem sie auch regulären Unterricht um 7.30 Uhr anbieten.

Empfehlen Schlafmediziner nicht seit Jahren einen späteren Unterrichtsstart? Nun gut, statt ausgeschlafen sind die lieben Kleinen dann eben um Punkt 12 Uhr satt - man muss eben auch mal Entscheidungen treffen.

schreibt NutzerIn PoqaKo

„Dauerhaft sollte das anders geregelt sein“, meint Berlins Landeselternsprecher Norman Heise. Er hofft im Sinne der Familien, dass die Schulen „andere Möglichkeiten finden“. Tatsächlich birgt der frühe Beginn zahlreiche Nachteile. Am häufigsten nennen Betroffene die Dunkelheit im Winter: „Ich kann meine kleine Tochter dann nicht mehr mit dem Rad zur Schule schicken, weil es um sieben Uhr noch total dunkel sein wird“, beklagt eine Mutter. Andere weisen darauf hin, dass sie mehrere Kinder haben, die nun zu unterschiedlichen Zeiten los müssten.

Im Bildungsausschuss des Abgeordnetenhauses, der am Donnerstag aus der Sommerpause zurückkam, war von den aktuellen Problemen zum Schuljahresbeginn kaum etwas zu hören. Die fehlenden Schulplätze wurden lediglich vom designierten bildungspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Dirk Stettner, thematisiert. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) habe „in gewohnter Manier“ einen Bericht gegeben, der „keine Spur von einer Krise“ enthalten habe, hieß es. Dann wurde der Haushalt 2020/21 gelesen. Die aktuelle Viertelstunde entfiel.

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