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Als Greta Thunberg mitdemonstrierte, kamen rund 20.000 Schüler.

© Sina Jamal

Fridays for Future: Jubel für Greta - und heute eine Auszeichnung

Mehr als 20.000 junge Menschen demonstrierten mit ihrem Idol in Berlin für Klimaschutz – an diesem Samstag soll Greta Thunberg die Goldene Kamera erhalten.

"Fischers Fritz fischt frisches Plastik", "Wir sind jung und brauchen die Welt", "Ohne Biene kein Bier, deswegen protestieren wir hier" – mit der mittlerweile schon gewohnten Mischung und Ernst und Humor zeigten sich am Freitag wieder junge Demonstranten aus Berlin, Deutschland und Europa bei der "Fridays for Future"-Demonstration in Berlin.

Diesmal sollte es eine besondere Veranstaltung werden, schließlich war die Ikone der Jugendbewegung und Initiatorin des Klimaschulstreiks, Greta Thunberg, aus Schweden nach Berlin gekommen. Eine junge Berlinerin hielt ihr nachgemaltes Original-Greta-Plakat auf Schwedisch in die Höhe.

Weltweit Proteste, auch in der Mitte Berlins

Die junge Schwedin hat einen vollen Kalender. Klimademo am Freitag, danach ein Besuch beim Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut, am Sonnabend dann die Verleihung der Goldenen Kamera – viel für eine 16-Jährige, die von den jungen Leuten und auch den erwachsenen Unterstützern einem Popstar gleich bewundert wird.

Für Medienvertreter war es trotz intensiver Bemühungen schwer möglich, für ein Interview an die junge Frau aus Stockholm heranzukommen. Sie wollte sich ohne Presse über inhaltliche Themen zur globalen Erwärmung austauschen. Währenddessen versammelten sich auch Millionen anderer junger Leute überall auf der Welt, in mehr als 125 Ländern: auch in Neuseeland und Indien, in Spanien und Lateinamerika..

In Berlin zogen nach Angaben der Polizei vor Ort zogen in der Hauptstadt rund 20.000 Menschen vom Invalidenpark zum Brandenburger Tor, die Veranstalter sprachen sogar von über 25.000 Teilnehmern. 300 Polizistinnen und Polizisten waren im Einsatz, zum Glück gab es keine großen Vorfälle, die Veranstalter baten die Jugendlichen selbst von der Bühne herunter, sie mögen nicht auf die Laternenmaste klettern.

Rufe, Jubel, Handy-Selfies

Schon lange bevor Greta ordentlich verspätet die Bühne auf dem Platz des 18. März betrat, standen sich Kinder, Jugendliche und Eltern, Lehrer und Wissenschaftler dort die Beine platt. Manche Schüler durften mal auf die Leiter von Pressefotografen, um von oben auf die Menge zu schauen – und zu gucken, ob Greta kommt. Dann wird sie von Luisa Neubauer, dem Gesicht der deutschen Streikbewegung, auf die Bühne gerufen. Applaus, Rufe, Handys und Kameras werden gezückt. Für viele ein besonderer Moment, ihr Vorbild ist da, es wird gerufen und geklatscht, was das Zeug hält. Viele Kinder und Jugendliche machen fasziniert Selfies vom Tor und rufen "Greta, Greta".

Dass die Politik die Sorgen junger Menschen ernst nimmt, ist Thunbergs zentrales Anliegen. Die bisherigen weltweiten Proteste sind laut der Schwedin "nur der Anfang vom Anfang". "Wir haben ein gemeinsames Ziel, eine Zukunft, ist das denn zu viel, um das zu erbitten?", fragt Thunberg. Erwachsene und Politiker würden immer sagen, die Jugendlichen sollten sich keine Sorgen machen – doch genau das sollten die jungen Menschen tun.

"Wir sollten Panik bekommen, und damit meine ich nicht, dass wir herumrennen und schreien sollen, sondern dass wir uns aus unserer Komfortzone herausbewegen sollen. Wenn man in einer Krise ist, verändert man sein Verhalten", so der Appell der jungen, klein gewachsenen Frau mit der noch fast kindlichen Anmutung.

Furcht vor Massenflucht und Küstenland unter Wasser

Zuvor hatten bereits Jugendliche aus Belgien, aus Dänemark, aus Frankreich das Szenario einer Welt entworfen, das den Hintergrund der Aufrüttelproteste schildert. Massenfluchtbewegungen wegen Wassermanngels, Kriege um Ressourcen, Stürme, Dürren, all das käme auf die Welt zu, da weltweit nicht weniger, sondern mehr Treibhausgase ausgeschüttet würden. Schon in gut zehn Jahren soll laut der UN die Arktis eisfrei sein, das Jagen für Eisbären dann unmöglich, dann bleiben mittelfristig womöglich Eisbären im Tierpark mit die einzigen Artgenossen, die noch überleben werden, befürchten viele.

Ein weiteres großes Problem ist der Meerespegelanstieg, auf den in den Reden hingewiesen wird. So wird, wenn alles so weitergeht, beispielsweise das Meer an den Küsten der Niederlande, an der Nordsee, weltweit enorm steigen. Die Ostseeinsel Fehmarn wird nach jetzigem Stand bereits in 80 Jahren zu einem Drittel vom Wasser geschluckt sein.

"We want, we want change now!"

Zur Einstimmung hatte die Gruppe "Funketeers for Future" mehrere Lieder gesungen, zum Beispiel "We want, we want change now!" zur Melodie des Queen-Klassikers "We Will Rock You". Und Sänger Leo seine Hymne der Bewegung vorgetragen.

Aber auch Erwachsene stehen auf der Bühne. Johannes Vogel, Direktor des Naturkundemuseums, dankt bei seiner Rede der Jugend der Welt. Er sei dankbar, dass endlich die Themen der Erwachsenen durch die Kinder in der Öffentlichkeit gehört würden, und sagte: "Kommt alle ins Museum, ihr habt freien Eintritt, um mit uns zu erarbeiten, wie die Globalerwärmung gestoppt werden kann."

Auch eine Wissenschaftlerin warnt auf der Bühne davor, die Kinder und Jugendlichen zu diskreditieren. Im Gegenteil: Durch die Jugendbewegung würde endlich den Warnungen der Wissenschaftler mehr Gehör gescheckt, bei Scientists for Future gebe es jetzt schon 26.000 Unterzeichner.

Zuvor waren die Schülerinnen und Schüler, Studenten und Lehrlinge sowie auch wieder die "Omas gegen Rechts" sowie viele andere Familienangehörige vom Invalidenpark vorbei am Bundeswirtschaftsministerium zum Kanzleramt und dann bis zum Brandenburger Tor gezogen.

Freitags bleibt die Schulbank leer: Der Klimastreik geht für viele Kinder und Jugendliche vor.
Freitags bleibt die Schulbank leer: Der Klimastreik geht für viele Kinder und Jugendliche vor.

© Sina Jamal

Kinder werden durch Greta zu Vegetariern

Gesundheitsminister Jens Spahn hatte zuvor gefordert, die Jugendlichen bei "Fridays for Future" sollten konkret sagen, was sie wollen. Das taten sie auf der Bühne, forderten neue Energien, eine sofortige Abkehr von fossilen Brennstoffen.

Eine Teilnehmerin der Demo im Invalidenpark wünscht sich, die Menschen würden mehr darüber nachdenken, was sie im Alltag zum Klimaschutz beitragen können – zum Beispiel Müll trennen oder keine SUVs fahren. Und: "Je mehr Leute mitmachen, desto mehr Menschen erreichen wir."

Die Jugendlichen haben viel vor

Einige Erwachsene werfen auch den Jugendlichen selbst vor, nichts persönlich zu tun. Also immer das neueste Handy zu kaufen, über Onlinedienste zu bestellen, die Rücksendungen vernichten oder mal schnell nach Spanien mit Billigfliegern zu jetten.

Doch viele Jugendlichen gingen mit guten Vorsätzen nach Hause. So wollen etwa Arne, Fritz und Levi weiter kein oder wenig Fleisch essen, keine Plastiktüten mehr kaufen und weniger mit dem Auto mitfahren, erzählten die Grundschüler. Der Vater von Levi, Hannes Daerr aus Kreuzberg, sagte: "Ich bin berührt und schäme mich, dass ich nicht früher demonstrieren gegangen bin."

Mit Blick auf die kommende Europawahl wolle man nochmal besonders mobilisieren, sagte Luisa Neubauer, eine der Berliner Organisatorinnen. Sie kündigte an, die Jugendlichen speziell zur Europawahl mobilisieren zu wollen, damit Parteien gewählt würden, die den Klimaschutz zu ihren Kernthemen zählen.

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