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Los geht’s. Früh aufstehen, stundenlang schuften, auf harten Matten schlafen – das nahmen die Freiwilligen in Japan in Kauf.

© privat

Freiwilliger Einsatz in Japan: Berliner räumen in Tsunami-Gebieten auf

In Japan bebt die Erde immer wieder. Berliner machten sich auf, um Opfern des Tsunami zu helfen. Einige von ihnen studieren Japanologie, sie trafen sich an der Freien Universität Berlin.

Am Tag, als der Tsunami Japan überrollte, verloren die Bewohner in Rikuzentakata alles. Es war der 11. März 2011, als die Riesenwelle die ehemalige Kleinstadt fast auslöschte. An Neujahr gedachten viele Menschen der Opfer, dann schwankte die Erde erneut. Mit einer Stärke von 7,0 wurden der Osten und Nordosten des Landes erschüttert. „Als ich davon erfuhr, war ich geschockt“, sagte Martina Riessland. Im September 2011 hatte die Berlinerin nicht tatenlos zusehen, sondern das ihr durch viele Reisen vertraute Land unterstützen wollen. „Ich wollte etwas zurückgeben“, sagte die Japanologin. Mit einer Gruppe Freiwilliger fuhr sie in die zerstörten Regionen, um Hilfe beim Wiederaufbau zu leisten, der lange noch nicht abgeschlossen ist.

Neujahr bebte es wieder. Die Kälte behindert die Helfer

An den Orten an der Küste der Präfektur Iwate im Norden der Hauptinsel Honshu, wo Riessland arbeitete, machte sich das aktuelle Beben nur gering bemerkbar. Derzeit ist es dort tagsüber nur -1 bis 4 Grad warm. Mancherorts sei Schnee gefallen: „Ein Problem für die jetzigen Helfer, in den Behelfsunterkünften bei den Arbeiten voranzukommen.“

Sie war dem Aufruf von Hiroomi Fukuzawa, einem ehemaligen Dozenten an der Freien Universität, gefolgt und hatte sich der Gruppe Freiwilliger angeschlossen. Gemeinsam gründeten sie den eingetragenen Verein „Kizuna“ und organisierten ihre Japan-Reise im September selbst.

Die schmalen Gräben säuberten sie mit den Händen

Drei Wochen befreite Riessland täglich acht Stunden geräumte Grundstücke vom groben Schutt wie Glas, Porzellan, Metall und Nägeln und säuberte Straßengräben vom Schlamm. „Der Tsunami hat davon jede Menge mitgebracht und bei seinem Rückzug alles liegen lassen“, sagte die Japanologin. Eine mühselige und kleinteilige Arbeit. „Die schmalen Gräben säuberten wir mit den Händen, damit das Wasser aus den Bergen wieder abfließen konnte.“

Die Flüge? Privat bezahlt.

Neben Riessland bestand die deutsche Helfergruppe aus 15 weiteren Freiwilligen. Studenten, Professoren, einige von ihnen bereits im Ruhestand, fast alle stammen aus Berlin – nicht jeder von ihnen sprach Japanisch. Doch sie alle wollten helfen und waren deshalb bereit, knapp 1500 Euro für ihren Flug und die Unterkunft aus eigener Tasche zu zahlen. Die Studenten unterstützte der Verein dank Spenden. Stellvertretend für andere Deutsche habe der Verein zeigen wollen, dass es auch Menschen im Ausland gibt, die Japan nicht vergessen haben.

Steine wurden mit der Brechstange gelockert

Nach ihrer Ankunft fuhren sie jeden Tag an einen anderen Küstenort, um sich bei schwül-heißen und feuchten 28 Grad über den schlammigen Boden zu beugen und zu räumen. Ein plötzlich einsetzender Taifun habe die Arbeit zusätzlich erschwert. „Besonders anstrengend war es, die dicken, große Steine mit der Brechstange aus dem Boden zu lockern. Am Abend waren wir alle sehr müde.“

Die Dankbarkeit werden sie nie vergessen

Müde, doch weiter voller Tatendrang. So seien sie täglich in die ehemaligen Orte Ôtsuchi, Rikuzentakata, Kamaishi und Ôfunato gefahren, sagt Riessland. Gemeinsam mit vielen Hundert Japanern, die ebenfalls Freiwilligenarbeit leisteten. Anwälte, Zimmerer, Lehrer oder Bürokräfte: In den ersten drei Tagen schliefen sie alle spartanisch in großen Schlafhallen auf Tatami-Matten. Das Programm: Aufstehen um sechs Uhr, Frühsport um 7 Uhr, an die Arbeit ging es eine halbe Stunde später. „Mit der Zeit wurden wir dünnhäutiger, besonders wenn wir mit den Menschen über ihre Geschichte sprachen.“ Besonders bewegt hat sie die Begegnung mit einem 90-Jähriger Fischer, der sie bei der Arbeit auf seinem Grundstück mit Getränken versorgte. Es sind auch diese optimistischen Bilder, die sie in Erinnerung behält: die Dankbarkeit der Japaner. Dieses Jahr will sie wieder hinfahren – mit ihrem Ehemann.

TIPPS FÜR TATKRÄFTIGE - Der Japan-Wegweiser

Mehr Informationen über „Kizuna“ unter: www.fukuzawa.de/kizuna/Projekt-Kizuna/de-contact.html. Infos über künftige Hilfsprojekte aus Deutschland bei der Deutsch-Japanischen Gesellschaft (www.vdjg.de) und beim Japanisch-Deutschen Zentrum (www.jdzb.de). Ohne Japanisch-Kenntnisse ist es schwer, Freiwilligenarbeit zu leisten. Interessierte sollten sich an Organisationen wenden, etwa an die NGO „Tono Magokoro Net“ (http://tonomagokoro.net/english/), mit der auch Riessland und ihre Gruppe kooperierte. Oder an „All hands“: www.hands.org/volunteer hh

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