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Die Freiwilligen vom Nachbarschaftsgarten Kreuzberg backen Pizza im selbstgebauten Steinofen und schneiden dafür Gemüse.

© Corinna von Bodisco

Freiwilligentage in Berlin: Agenturen helfen beim Helfen – in allen Bezirken

Die Berliner Freiwilligentage haben begonnen. Agenturen in den Bezirken vermitteln Berlinern passende Engagements.

Zwei helle Glöckchen erklingen. Heidi Graf, Leiterin der Freiwilligenagentur Pankow, hält am Freitagvormittag eins davon in der Hand – und läutet damit den Start der Berliner Freiwilligentage in Pankow ein. Denn „Einläuten der Freiwilligentage“ heißt die Aktion der Freiwilligenagentur an der Berliner Allee 124. „Das mit der Eröffnung machen nicht nur wir, sondern alle Freiwilligenagenturen in Berlin“, sagt Heidi Graf. Die Glöckchen erklingen allerdings nur in Pankow.

Seit 2018 gibt es in allen zwölf Bezirken solche Agenturen: Hilfesuchende, Freiwillige oder Organisationen können sich dort melden und vernetzen. Für die Eröffnungsaktion der Freiwilligentage haben Heidi Graf und ihr Team – Barbara Wacker, die das zweite Glöckchen läutet, und Christian Dubs – für die Gäste einiges vorbereitet. Draußen hängen Luftballons an der Tür, drinnen stehen Getränke und Snacks auf Tischen, am Fenster steht ein „Wunschbaum“, an dem schon ein paar bunte Blätter hängen: „verschiedene Kulturen“, „Freude teilen“ oder „tolle Menschen“ stehen darauf. 

Die Blätter – oder: „Wünsche an Ihr Ehrenamt“ wie Graf es nennt – kommen von den Gästen. So einige Gäste sind bereits am Vormittag gekommen, darunter Britta Jedzik. Die Pankowerin arbeitet im Tourismusbereich und war wegen Corona lange in Kurzarbeit. Sie hat deswegen mehr Zeit und will sich in einem Sprachcafé mit geflüchteten Menschen engagieren.

„Unser Anspruch: Engagierte mit Einrichtungen passgenau zusammenbringen“, erklärt Graf. Sie empfiehlt den Gästen ein Handbuch, das sie speziell zum Start der Freiwilligentage zusammengestellt hat. Darin sind alle Mitmachaktionen in Pankow enthalten, die sich bis zum 19. September über Helfer:innen freuen.

Ehrenamtskarte für 200 Stunden Engagement im Jahr

An diesem Tag ist auch ein Ehrengast gekommen: Peggy Kath. Das Agenturteam übergibt ihr eine Ehrenamtskarte, dazu gibt es alkoholfreien Sekt. Eine Ehrenamtskarte bekommen in Berlin Personen, die sich seit einem Jahr mindestens 200 Stunden engagieren. Bei Peggy Kath sind es viel mehr Stunden, wie sie sagt. Seit 2004 ist sie amtliche Betreuerin ihrer Schwester und engagiert sich in der Obdachlosenhilfe.

„Die Ehrenamtskarte ist eine Form der Anerkennung“, sagt Graf, ein Zeichen des Dankes für engagierte Bürger:innen. Mit der Karte können die Engagierten vergünstigt etwa 200 Einrichtungen wie Museen, Schwimmbäder oder Sport- und Kulturveranstaltungen besuchen.

[Für alle, die Berlin schöner machen, gibt es den Tagesspiegel-Newsletter „Ehrensache“. Er erscheint immer am zweiten Mittwoch im Monat. Hier kostenlos anmelden: ehrensache.tagesspiegel.de.]

Nicht nur in Pankow sind Freiwilligentage. Insgesamt haben in Berlin etwa 200 Initiativen über 300 Aktionen angemeldet, bei denen Interessierte mitanpacken und mithelfen können. Im Nachbarschaftsgarten Kreuzberg gibt es zum Beispiel eine „Inklusive Putz- und Pizza-Aktion“.

Betritt man die 200 Quadratmeter in der Lauben-Kolonie Züllichauer / Ecke Golßener Straße – nahe des Tempelhofer Feldes – erblickt man eine kleine Stadtoase: Links beim Eingang ein Steinofen, vor dem Gartenhaus eine lange Couch und rechts eine große Wiesenfläche. An einem Tisch schnippeln Freiwillige Gemüse für die Pizza, die später in den Steinofen soll.

Ein Ort, den alle mitgestalten können

Seit 2019 entwickelt das Nachbarschaftshaus Urbanstraße mit geflüchteten Menschen, Senior:innen und Familien die zwei Parzellen als Nachbarschaftsgarten. „Die Idee des Gartens ist es, einen offenen Ort zu schaffen,den jeder mitgestalten kann“, sagt Tim Ünsal. Der Sozialarbeiter ist Ansprechperson für den Garten, schätzt aber die Mitarbeit der Freiwilligen, ohne die der Garten so nicht existieren würde.

Uwe Flamme gehört zum „festen Kern“ und ist seit Anfang an dabei: Ein Jahr habe es gedauert, die Parzellen von Bauschutt zu entmüllen, erklärt er. Jetzt gibt es stattdessen Hochbeete, ein Insektenhotel und bald soll die Komposttoilette fertig werden. „Der Garten ist eine gute Freizeitbeschäftigung“, findet der 62-Jährige.

[Lauter Aktionen: Viele neue Eindrücke von engagierten Leuten in ganz Berlin finden Sie in der Aktionswoche jeden Tag in unserem Aktionsblog.]

Auch ein türkischer Frauenverein und Kitagruppen besuchen den Garten regelmäßig und helfen mit. „Wenn ich in den Garten komme, treffe ich soviele Leute – und alle fühlen sich hier zuhause“, sagt Andrea Häfele von der Initiative „Eltern helfen Eltern“. Eltern mit Kindern unterschiedlicher Beeinträchtigungen können sich auch im Garten austauschen. Häfeles Sohn Anton ist heute dabei, gemeinsam mit Tim Ünsal wirft er schon mal den Steinofen für die Pizza an.

Interessierte sind in der Stadtoase herzlich willkommen: zum Gärtnern, Mithelfen, aber auch, um eine schöne Zeit mit anderen Menschen zu verbringen – darum geht es schließlich beim Ehrenamt.

Weitere (Mitmach-)Aktionen bis zum 19. September finden sich unter gemeinsamesache.berlin/aktionsuebersicht. In Pankow kann man sich etwa in einer Fahrradselbsthilfewerkstatt beteiligen, als Familienpaten Eltern von Babys entlasten oder Essen und Kleidung an wohnungslose und obdachlose Menschen ausgeben.

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