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Organisationstalent. Sarah Diesing, 30, leitet die Briefzentren Tempelhof und Schönefeld der Deutschen Post/DHL.

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Frauen in der Berliner Wirtschaft: Mit viel American Spirit in die Führungsposition

DHL-Managerin Sarah Diesing hat viel Zeit in Florida verbracht. Die dortige Service-Kultur inspiriert sie bei der Leitung zweier Briefzentren.

Amerika. Der „American way of life“, diese Freundlichkeit, das Entspannte, sagt Sarah Diesing, das habe sie schon als Kind geliebt. Wahrscheinlich, weil ihre Eltern ihr diese Sehnsucht vorgelebt haben.

Fast jedes Jahr sind sie mit ihr in den Ferien nach Florida gereist, das erste Mal war sie fünf. Das Leben dort erschien ihr so anders als im beschaulichen Neuköllner Ortsteil Britz, wo Sarah Diesing, 30, aufgewachsen und zur Schule gegangen ist.

„Wir sind auch zusammen von Florida aus weiter durch verschiedene Bundesstaaten gereist“, erzählt sie, schwärmt dabei, ja, da habe sie noch mehr von diesem amerikanischen Traum, dem auch ihre Eltern verfallen waren, mitbekommen.

In Berlin kam dann oft die Ernüchterung, wenn im Supermarkt die Berliner Schnauze einiger Mitmenschen einen wieder zurückholte.

Das Amerikanische bewahrt sie sich auch außerhalb der Ferien: Sie engagiert sich in einem für viele eher ungewöhnlichen Sportverein: Als Cheerleaderin. Und das sei eben viel mehr als nur mit Pompons zu wedeln und zu tanzen, „das waren richtige Wettkämpfe." Ihr Vater hatte sie damals zum American Football mitgenommen, zu einem Spiel der „Berlin Thunder“ im Olympiastadion – so führte sie der Weg zum Cheerleading.

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Dass sie heute beim Logistikkonzern Deutsche Post DHL arbeitet und dort als eine der jüngsten weiblichen Führungskräfte die beiden Briefzentren Tempelhof und Schönefeld verantwortet mit 900 Beschäftigten, das habe wohl auch mit den vielen Aufenthalten an Flughäfen in ihrer Kindheit zu tun, glaubt Diesing. Schon damals habe sie bewundert, wie das dort alles funktioniert „diese ganze Logistik, und dass ein Koffer, der in Berlin aufgegeben wird, dann in Miami ankommt.“

Nach dem Abitur war für sie klar, dass sie auf jeden Fall ein Duales Studium machen wolle, „weil mir das wichtig war, das Studium mit der Praxis im Job gleich verbinden zu können“.

Sie wollte schon immer in die Touristik- oder Logistikbranche

Und am liebsten was in der Tourismus- oder Logistikbranche. Bei DHL klappte es, und so begann der steile Weg nach oben. Neben der Projektarbeit und -analyse waren auch handfeste Stationen dabei: Morgens Briefzentrum bei der Sortierung dabei sein, „die ganzen Prozesse dahinter begleiten“. Ihre Ausbildung bei der Deutsche Post DHL war darauf ausgelegt, dass sie einmal Teams führen soll. Ihre damalige Mentorin habe ihr vorgelebt, wie die Dinge laufen, „so dass ich dadurch durch sie auch langsam in die Führungsrolle hineingewachsen bin“, beschreibt Diesing. Das Thema Frauen an der Spitze sei ihr damals gar nicht bewusst gewesen, da ihre Mentorin eine Frau war, und Diesing von ihrem Unternehmen in ein Frauenförderprogramm entsandt wurde.

„Da waren wir in einem Team mit sechs Kolleginnen“. Die Frage, ob sie als Frau etwas Besonderes war in dieser Rolle, habe sich gar nicht gestellt – für sie.

Für das Praxissemester ging sie drei Monate lang nach Florida

Den USA blieb sie auch in der Ausbildung treu. Als das dreimonatige Auslands-Praxissemester anstand, wusste Sarah Diesing genau, wo sie hinwollte: Wieder nach Miami, Florida.

Dort war ein Standort von DHL Global Mail. Sie wohnte in Miami mit anderen DHL-Auszubildenden und verbrachte die Werktage unter der Sonne Floridas. Andere Länder, andere Sitten.

Der Ton: Locker, offen. Die Kleidung aber strenger, Kostüm oder Hosenanzug, außer freitags: Da ist Casual Friday, jeder darf in Jeans kommen.

Berlin Wirtschaftsfrauen
Berlin Wirtschaftsfrauen

© Illustration: Pedro Santos/TheNounProject

Am Wochenende Barbecue mit den US-Kolleg:innen und ihren Familien, in der Vorweihnachtszeit Charity-Spendeaktionen. Am Wochenende Ausflüge in der Umgebung.

Insgesamt, sagt sie, eine tolle Zeit und extrem gut, um das Englisch zu professionalisieren. Zurück in Berlin geht sie direkt ins Personalmanagement, und fängt das Masterstudium an: viele arbeitsrechtliche Themen, alles komplett berufsbegleitend.

Freitagabend und der ganze Sonnabend waren dafür reserviert. Die Zeit, in der sie an der Masterarbeit am späten Abend am PC saß, sei schon ziemlich hart gewesen.

Schon mit 27 kommt bekommt sie ihre erste Führungsaufgabe und leitet 500 Beschäftigte

Doch die harte Arbeit wird belohnt: Schon mit 27 bekommt sie ihre erste Führungsaufgabe: in einem Briefzustellzentrum, 500 Beschäftigte soll sie fortan leiten.

Ob das jede und jeder der eingesessenen „Postbeamten“ so toll fand? „Ich bin mit meinem Alter immer sehr offen umgegangen und habe mir meistens die Expertise von erfahrenen Mitarbeitern geholt und die mit einbezogen“, sagt sie.

Starken Widerstand habe sie nie gespürt, jedenfalls nicht offen. Eher viel Ermutigung, dass manche ihrer Mitarbeitenden sich so eine Karriere für ihre eigene Tochter auch wünschten.

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Vor zwei Jahren dann die nächste Station: Einer ihrer Vorgesetzten bot ihr die Leitung für ihren jetzigen Posten an. Als Leiterin der Briefzentren Tempelhof und Schönefeld gehen sämtliche Sendungen von und in etliche Berliner Bezirke, sondern auch von und nach Frankfurt (Oder), Königs Wusterhausen oder Märkisch-Oderland. Nochmal mehr Verantwortung. Aber das, sagt sie, sei sie schon gewohnt gewesen.

Detaillierte Vorbereitung sei alles, hat sie gelernt. Ob ein Referat in der Schule vor der ganzen Klasse oder eine Präsentation als angehende Führungskraft vor den Vorgesetzten: Ihr habe eine detaillierte Struktur immer eine Sicherheit gegeben.

Deshalb hätten ihre Mitschüler:innen sie schon immer bei Gruppenvorträgen nach vorne geschickt. Eine muss den Job ja machen.

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