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Die Fotografin Debora Ruppert fertigt Porträts von Obdachlosen an.

© Marika Lerner

Fotoausstellung in Kreuzberg: Debora Ruppert porträtiert Obdachlose in Berlin

Debora Ruppert fotografiert Obdachlose und übergibt ihnen ihr Porträt. Ab Mittwoch werden ihre Fotografien in Kreuzberg ausgestellt.

Die Ausstellung „Kein Raum – Begegnungen mit Menschen ohne Obdach“ von Fotografin Debora Ruppert wird vom 16.10. bis zum 6.11. in der Heilig-Kreuz-Kirche gezeigt, Zossener Str. 65, Mo–Fr 10–15 Uhr, Eintritt frei. Am Mittwoch, 16.10., gibt es zur Eröffnung um 18.30 Uhr ein Podiumsgespräch mit Debora Ruppert, Ulrich Davids (Leiter des Wohnprojektes Nostitzstraße), Martin Matz (Staatssekretär für Gesundheit, Pflege & Gleichstellung), Jenny De la Torre (Ärztin Gesundheitszentrum) und Uwe Tobias (überlebte den Kampf mit dem Alkohol auf der Straße). Moderation: Tagesspiegel-Redakteurin Maris Hubschmid.

Frau Ruppert, seit 2009 fotografieren Sie wohnungslose Menschen – wie kam es dazu?
2009 hatte ich eine Vernissage im Wedding. Ich wollte der Stadt – in dem Fall dem Soldiner Kiez, da dort die Ausstellung stattfand – lauschen. Was bewegt diesen Stadtteil? Ein Aspekt der Ausstellung sollten Porträts von Obdachlosen sein. Damals hätte ich nie gedacht, dass sich daraus ein mehrjähriges Projekt entwickeln würde.

Sie fotografieren die Protagonist*innen Ihrer Bilder nicht nur, sondern sprechen auch mit ihnen über das Leben auf der Straße. Gibt es eine Geschichte, die Sie besonders berührt hat?
Zum Beispiel Udo: Als ich ihn kennenlernte, lebte er in einem Zelt am Spreeufer direkt im Regierungsviertel. Es war sein dritter Winter auf der Straße. Hier koexistierten extreme Kontraste: Männer und Frauen, die obdachlos in Zelten lebten, im Hintergrund sah man Bundeskanzleramt und Reichstag. Udo war früher Eventmanager. Man merkte, dass er sich selbst nicht aufgegeben hatte, sondern Pläne für die Zukunft schmiedete und kämpfte.

Hatten Bilder Auswirkungen auf das Leben der Porträtierten?
Als ich Udo wieder besuchte, um ihm sein entwickeltes Porträt vorbeizubringen, erzählte er mir, was in der Zwischenzeit passiert war: An dem Tag, als ich das Porträt von Udo gemacht hatte, hatte mich ein Filmteam begleitet. Diesen Beitrag hatte ein alter Freund von Udo im Fernsehen gesehen. Er flog am nächsten Tag nach Berlin, um Udo zu suchen, und fand ihn tatsächlich. Beim Wiedersehen sind viele Tränen geflossen.

Dieser Freund half Udo, einen Job und ein Zimmer in einem Hostel zu finden. Einige Monate später ist Udo noch einmal abgerutscht und auf der Straße gelandet, er war dann erst mal verschwunden und ich habe mir große Sorgen gemacht. Einige Monate später bin ich ihm zufällig in Hamburg begegnet, dort lebte er abermals auf der Straße.

Unsere Wiedersehensfreude war groß. Dann hat er erneut den Absprung von der Straße geschafft und lebt nun in einer Wohnung in Hamburg. Das war eine wundersame Geschichte, die mich sehr bewegt hat. Was für ein Geschenk – ein Start in ein neues Leben!

Schwarz-Weiß Porträt eines obdachlosen Menschen namens Dieter.
Dieter.

© Debora Ruppert

Sie bringen den Leuten, die Sie fotografiert haben, ihr entwickeltes Porträt als Geschenk vorbei. Wie sind die Reaktionen?
Wenn ich sage, dass ich wiederkomme und ihnen die entwickelten Bilder mitbringen werde, habe ich das Gefühl, dass mir viele nicht glauben. Wenn ich ein paar Wochen später mit den Fotografien zurück zu den Plätzen komme, ist die Überraschung oft groß.

Nicht alle Porträtierten finde ich allerdings wieder. Und manche sind auch so stark alkoholisiert und stoned, dass sie nicht richtig mitbekommen, wenn ich ihnen das Porträt gebe. Andere, die ich nüchtern antreffe, sind oft sehr berührt davon, sich selbst auf dem Foto zu sehen. Sie lachen dann verlegen.

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