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Mit der Not wächst auch die Hilfe. Traglufthallen wie diese sollen Menschen ohne feste Wohnung im bevorstehenden Winter zusätzlichen Schutz bieten. Darunter dürften zahlreiche Flüchtlinge aus den Konfliktregionen der Welt sein, denn die bestehenden und noch geplanten festen Unterkünfte reichen wohl nur vorübergehend aus.

© pa/obs/mk-group Holding GmbH

Flüchtlinge in Berlin: Zeltunterkünfte und Tbc-Tests – Behörden sind am Limit

Mehr Flüchtlinge, dazu Obdachlose – neue Notunterkünfte sollen her. In der Lehrter Straße sollen zwei Traglufthallen errichtet werden. Und auch das medizinische Personal wird angesichts steigender Tuberkulose-Tests knapp.

Viel mehr Flüchtlinge als erwartet, außerdem bald die ersten Nachtfröste, was für Obdachlose gefährlich ist – in Berlin fehlen Räume für Bedürftige. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales hat deshalb beschlossen, zwei Traglufthallen in der Lehrter Straße zu errichten. Auf Feldbetten fänden dort bis zu 200 „besonders schutzbedürftige Menschen“ Platz, sagte eine Sprecherin von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) am Mittwoch.

Nicht nur bei den Unterkünften ist die Lage schwierig. Weil viele Flüchtlinge aus Ländern kommen, in denen Tuberkulose verbreitet ist, werden sie untersucht, bevor sie in Großunterkünfte ziehen. Dafür gibt es in Berlin eine Zentrale im Lichtenberger Gesundheitsamt. Dort werden auch Obdachlose untersucht, bevor sie in Wohnheime ziehen – gerade in Herbstzeiten arbeiten die Lichtenberger Ärzte also ohnehin besonders viel.

Man müsse schon seit zwei, drei Jahren improvisieren, weil es so viele Neuankömmlinge gebe, sagt ein Mitarbeiter, nun aber arbeite man an der Grenze des Möglichen. Zudem gibt es offenbar Verständigungsschwierigkeiten, weil viele Patienten kein Deutsch sprechen. Dem öffentlichen Gesundheitsdienst fehlt Personal – nicht nur Ärzte, auch Dolmetscher und Therapeuten bevorzugen wegen vergleichsweise niedriger Gehälter oft besser bezahlte andere Stellen.

Probleme bei Behandlung von Tuberkulose

Vergangenes Jahr wurden rund 7900 Untersuchungen durchgeführt, diese Zahl war für 2014 schon im September erreicht. Inzwischen müssen einzelne Neuankömmlinge bis zu drei Monate auf einen Termin warten. Die 23 Mitarbeiter sind auch für Tuberkulosetherapien alteingesessener Berliner zuständig. Tuberkulose ist eine in armen Ländern verbreitete Infektionskrankheit. Sie verursacht schwere Lungenentzündungen.

Die Grünen hatten angeregt, die Tests in Kliniken machen zu lassen, etwa in Zehlendorf, wo es Tuberkulose-Spezialisten gibt. Die Krankenhäuser müssten dann von der Senatsverwaltung dafür vergütet werden. Eine Sprecherin von Czaja sagte, man wolle lieber alle Ressourcen in jenem Zentrum bündeln. Bekannt ist zudem, dass in Lichtenberg oft Großfamilien ankommen, die auch in einer Klinik kaum schneller untersucht werden können. „Und nicht jedes Krankenhaus will solche Patienten“, sagt ein Klinikarzt, „zumal es an Übersetzern fehlt.“

Die Grünen kritisieren Czaja dennoch: „Wenn es ihm nicht schnell gelingt, die Untersuchungen wieder sicherzustellen, gefährdet er die Gesundheit der Bevölkerung“, sagte Gesundheitsexperte Heiko Thomas dem Tagesspiegel. Wie bereits 2013 sind auch in diesem Jahr bis Oktober stadtweit rund 280 Menschen mit Tuberkulose gemeldet worden. Auch einer der Flüchtlinge, die einst am Oranienplatz campierten, ist Unterstützern zufolge an Tuberkulose erkrankt.

Flüchtlinge fühlen sich von Kolat hintergangen

Ihm sei Dienstag mitgeteilt worden, dass er seine Berliner Notunterkunft verlassen müsse. Sein Asylantrag wurde offenbar abgelehnt – dies betrifft auch 98 weitere Oranienplatz-Flüchtlinge. Bislang sind sie in Unterkünften in Friedrichshain, Neukölln, Marienfelde und Spandau untergebracht. Die Frauen und Männer kamen meist über andere Bundesländer und Italien nach Berlin. Wie berichtet, fühlen sie sich von Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) hintergangen. Kolat hatte mit den Oranienplatz-Besetzern verhandelt. Auch die Opposition kritisiert das Verfahren. Der Senat breche erneut sein Versprechen, sagte Hakan Tas (Linke), den Flüchtlingen drohe nun Obdachlosigkeit.

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