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Mit der Neugründung sollten die chaotischen Verhältnisse bei der Flüchtlingsbetreuung im Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) hinter sich gelassen werden.

© dpa

Flüchtlinge in Berlin: Neue Behörde soll Lageso entlasten

Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten soll im August starten. Präsidentin wird Claudia Langeheine. Der Hauptsitz soll in die Bundesallee.

Strategisch ist es selten verkehrt, einen Vortrag mit einem Satz zu beginnen, dem niemand widersprechen würde. Insofern war das, was Sozialsenator Mario Czaja (CDU) am Mittwoch sagte, rhetorisch klug: „Wir haben einen langen Weg hinter uns, um die Versorgung von Flüchtlingen menschenwürdig zu gestalten.“ Czaja gab jedoch auch zu bedenken, dass man noch nicht am Ziel sei.

Eine wichtige Wegmarke wird der 1. August sein, wenn das neue „Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten“ eröffnet. Die Gründung dieses Amtes ist eine Konsequenz aus den desaströsen Zuständen, die im vergangenen Herbst und Winter vor dem Lageso herrschten, wo Flüchtlinge zum Teil Stunden und Tage in der Kälte stehen mussten, um überhaupt angehört zu werden. Das neue Landesamt ist eine Auskopplung aus dem Lageso, das sich bisher um Flüchtlingsangelegenheiten gekümmert hatte, aber eben nur als eine von mehreren Aufgaben und personell völlig überfordert.

Bisher kamen 2016 mehr als 12.000 Flüchtlinge in Berlin an

Der gesamte Bereich wird nun gebündelt im neuen Flüchtlingsamt, wo sich 550 Mitarbeiter um die Anliegen derer kümmern werden, die in Deutschland Zuflucht suchen. 40.000 Menschen befänden sich noch immer in laufenden Asylverfahren, sagte Czaja. Bisher sind 2016 über 12.000 Flüchtlinge in Berlin angekommen, die Senatsverwaltung kalkuliert, dass es etwa 25.000 bis zum Jahresende werden. Das wären zwar immer noch weniger als 50 Prozent der Flüchtlinge von 2015, aber viele von ihnen werden länger oder dauerhaft bleiben, und auch dann brauchen sie Betreuung. „Manche nennen es auch eine ,Willkommensbehörde‘“, erzählt Czaja.

Die Neugründung des Amtes sei „alternativlos“ gewesen, erklärte Czaja am Mittwoch. Nicht nur, um dem riesigen Berg an Arbeit Herr zu werden, sondern auch, um das Lageso zu entlasten. Dort sollen sich die Mitarbeiter ab August wieder um die übrigen Belange der Berliner kümmern können. Schließlich habe jeder sechste Berliner einmal im Jahr Kontakt mit der Behörde, ganz ohne Flüchtlinge.

Das Lageso wird mit 750 Mitarbeitern weiterhin an der Turmstraße in Moabit bleiben. Das Flüchtlingsamt wird seinen Hauptsitz in der Bundesallee einrichten, weitere Standorte sind in der Kruppstraße und in den Treptowers. Im nächsten Jahr soll ein Standort in der Darwinstraße hinzukommen, dann wird das Lageso auch räumlich entlastet. Damit werde auch das ICC überflüssig. „Das werden wir aber nicht gleich einstampfen, sondern nur einmotten. So sind wir im Falle eines Falles gerüstet“, sagte Sozialsenator Czaja.

Das Chaos vom Winter soll sich nicht wiederholen

Auf alle Fälle wollen die Beteiligten verhindern, dass sich ein Chaos wie das vom vergangenen Winter noch einmal wiederholt. Deshalb habe man beim Personal auch Reserven für „Spitzenbelastungen“eingeplant. „Es gibt keine zuverlässigen Prognosen, wie viele noch kommen werden“, sagte Czaja. Man müsse eine „atmende Behörde“ sein, die flexibel reagiert. Beispiel Kruppstraße: Dort könnten derzeit am Tag etwa 300 Flüchtlinge betreut werden, in Bedarfsfällen könne auf 600 aufgestockt werden.

Parallel zur Personalaufstockung sind die Ankunftszahlen deutlich gesunken. Kamen zuletzt täglich 31 Flüchtlinge in Berlin an, waren es im vergangenen November noch 554 pro Tag. Weil man aber die weltpolitische Lage nicht einschätzen könne, wolle man Reserven bilden. Noch sind nicht alle Stellen im Flüchtlingsamt besetzt, etwa zehn Prozent seien noch offen. Das werde sich schrittweise ändern.

Die neue Chefin der 550 Mitarbeiter heißt Claudia Langeheine. Das war im Vorfeld auch so erwartet worden. Langeheine hatte zuvor bereits die Projektgruppe geleitet, die sich mit der Einrichtung des Amtes beschäftigt hatte. Zudem hatte sie früher die Ausländerbehörde geleitet, hat also Erfahrung in der Arbeit mit Migranten. Seit 2011 ist sie Direktorin des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo). „Mit ihr haben wir eine sehr erfahrene Verwaltungsexpertin gewonnen“, lobte Czaja die neue Präsidentin. Langeheines Aufgabe wird es sein, die Sachbearbeitung zu vereinfachen und damit zu beschleunigen. Die Devise: mehr aus einer Hand. Dazu wird etwa die Abteilung „Unterkünfte“ in vier Regionalleitungen unterteilt, die dann aber für mehrere Belange zuständig sein sollen. Auch für die Flüchtlinge selbst soll das Entlastung bringen: Möglichst viele ihrer Anliegen sollen demnach vom selben Sachbearbeiter erledigt werden können. Und Entlastung können alle Beteiligten, sowohl Flüchtlinge als auch Mitarbeiter, dringend gebrauchen.

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