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Flashmob auf dem Alexanderplatz: "One Billion Rising": Gekommen, um zu tanzen

Rund 200 Frauen und Männer kamen am Donnerstag auf dem Alexanderplatz zusammen, um im Rahmen der Initiative „One Billion Rising“ gegen sexuelle Gewalt an Frauen zu protestieren – tanzend. Aber kann die Aktion wirklich etwas bewirken?

Sie sind gekommen, um zu tanzen: 200 Frauen und Männern stehen erwartungsvoll vor der Weltzeituhr am Alexanderplatz. Als der Song "Break the Chain" aus einen Meter hohen Boxen scheppert, setzt sich die Menge in Bewegung. Arme in die Luft, einen Schritt zur Seite, einen zurück - ein Teil der Tänzer kennt die Choreographie, der Rest lässt sich einfach mitreißen. Der Song ist so etwas wie die gemeinsame Hymne der Aktivisten, die Choreographie dazu haben sie zuvor mithilfe von YouTube-Videos einstudiert.

"Und was soll das jetzt?", fragt sich ein junges Paar, das wie viele andere Passanten an Deutschlands belebtestem Platz das Tanzspektakel beobachtet. Den meisten scheint die Aktion schleierhaft zu bleiben, dabei ist sie doch darauf angelegt, zu verdeutlichen und aufzuklären.

Rund 200 Menschen tanzen am Alexanderplatz für die Initiative "One Billion Rising".
Rund 200 Menschen tanzen am Alexanderplatz für die Initiative "One Billion Rising".

© Thilo Rückeis

Der Gruppentanz ist Teil der weltweiten Kampagne "One Billion Rising", die auf sexuelle Gewalt an Frauen aufmerksam machen will. Die Initiative wurde im September vergangenen Jahres in den USA angestoßen, am Valentinstag 2013 finden nun überall auf der Welt solche Demonstrationen statt.

Laut des Entwicklungsfonds der Vereinten Nationen für Frauen (UNIFEM) sowie der UN erlebe jede dritte Frau gewalttätige Übergriffe. Die Zahlen unterscheiden sich je nach Staat: Die Organisation TrustLaw deklarierte Indien jüngst als den Staat der 20 führenden Entwicklungs- und Schwellenländer, in dem die Rechte der Frauen am wenigsten und gewahrt würden. Laut WHO bewegen sich die Morde an Frauen durch ihre Partner in den USA, Kanada, Israel und Südafrika zwischen 40 und 70 Prozent. Laut Bundesstatistiken erlebt erlebt in Deutschland knapp jede vierte Frau körperliche oder sexuelle Gewalt durch ihren Partner. Der Song "Break the Chain" ist so etwas wie die gemeinsame Hymne der Aktivisten, die Choreographie dazu haben sie zuvor mithilfe von YouTube-Videos einstudiert.

Ulrike und Simone hatten bei der Aktion Spaß und wollen sich auch weiterhin gegen Gewalt an Frauen einsetzen.
Ulrike und Simone hatten bei der Aktion Spaß und wollen sich auch weiterhin gegen Gewalt an Frauen einsetzen.

© Mark Heywinkel

Nach zwei Lieddurchläufen und knapp zehn Minuten ist das Event auch schon wieder vorbei. Was hat es gebracht? "Das hört sich jetzt ein bisschen esoterisch an, aber ich glaube, wenn ganz viele Menschen etwas Positives machen, dann setzt das viel positive Energie frei", sagt Mittänzerin Ulrike, 35. "Gleiches zieht Gleiches an, ganz einfach." Ihre Freundin Simone, 40, ergänzt: "Ich hoffe, dass die Tatsache, dass weltweit so viele Frauen Opfer sexueller Gewalt werden, jetzt mehr Aufmerksamkeit bekommt."

Anna Schütz und Lina Kaufmann (v. l.) haben das Tanzevent auf dem Alexanderplatz organisiert.
Anna Schütz und Lina Kaufmann (v. l.) haben das Tanzevent auf dem Alexanderplatz organisiert.

© Mark Heywinkel

Aufmerksamkeit ist den Tanzenden garantiert. Unter den Zuschauern befinden sich auch einige Journalisten und Kamerateams. Die Organisatorinnen Anna Schütz und Lina Kaufmann, beide 24, geben eifrig Interviews. "Dieses Event war eine spontane Idee", sagt Anna. "Wir leiten die Agentur B-My Events neben unserem Studium, und als wir von der ,One Billion Rising'-Aktion erfahren haben, wollten wir unbedingt etwas dazu beitragen."

Über Facebook riefen sie zu dem Treffen am Alexanderplatz auf, 175 Personen sagten zu. "Man sieht ja, wie viel in der Politik geredet wird und wie wenig passiert", erklärt Lina. "Wir haben mit dieser Aktion ein Zeichen gesetzt. Dass Hunderte von Menschen, die sich nicht gekannt haben, gemeinsam auf die Straße gehen und tanzen, das zeigt einen riesigen Zusammenhalt." Die beiden Organisatorinnen hoffen nun, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch nach der Veranstaltung wieder treffen und die Aktion nachhaltig Wirkung zeigt.

Für Simone und Ulrike hat das Tanztreffen bereits seinen Zweck erfüllt. "Wir hatten Spaß", sagt Simone, "und wir haben gemeinsam ein Zeichen gesetzt." Doch ob das bei allen richtig angekommen ist, bleibt fraglich. Ein paar Meter weiter sind zwei Jungs stehen geblieben, um die Tänzerinnen in Augenschein zu nehmen. "Die eine in der ersten Reihe ist geil", sagt einer. Dann ziehen sie weiter.

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