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Ein Roboter gießt auf der Technik-Messe IFA, der weltweit größten Fachmesse für Unterhaltungs- und Gebrauchselektronik Getränke ein. Die IFA findet vom 06.-11.09.2019 auf dem Berliner Messegelände statt. Fachbesucher aus mehr als 100 Ländern besuchen die Präsentationen der neuesten Produkte und Innovationen

© dpa

Flachbildschirme so groß wie Zimmerwände: Alles, was die Ifa zu bieten hat

Glücklich sollen wir sein, und die Ifa zeigt: Ohne Technik geht das gar nicht mehr. Was die Ifa neben Klapphandys und Flachbildfernsehern zu bieten hat.

Es bleibt nicht aus, dass der Besucher der Funkausst... Nein, nochmal. Es bleibt nicht aus, dass der Besucher der Ifa nach Symbolen sucht, die den aktuellen Kern dieser Schau auf den Punkt bringen. Ist es das vernetzte Heizungsventil, von dem es geradezu untertänig heißt, es garantiere den hundertprozentigen Schutz unserer Privatsphäre? Der erste smarte Fahrradhelm mit Bremslicht, Sprachnavigation und SOS-Taste? Oder ist es der Jutebeutel mit der Aufschrift „Be the buyer that starts the trend“, der vorzugsweise halbwüchsigen Knaben um den Hals gehängt wird? Der Erste sein mit dem neuen Gerät, einen Trend starten, das ist komischerweise gerade in einer Zeit wichtig, in der neue Geräte mehr oder weniger erfolglos versuchen, mehr zu können als ihre Vorgänger.

Technik wohin das Auge blickt

Diese Ifa ist in dieser Hinsicht ein Übergangsphänomen. Die Flachbildschirme sind so längst groß wie die Zimmerwände, größer wäre also sinnlos. Ähnlich sieht es bei den Handys aus, deren Hersteller intensiv auf das 5G-Netz warten, weil sie dann eventuell auch für Profi-Zocker und Intensiv-Gamer nutzbar werden – nur funktioniert in Berlin ja nicht mal 4G, und dagegen helfen neue Handys auch nicht.

Ein paar Drohnen brummen so nebenher in ihren Käfigen, die früher gern kickenden Roboterhunde sind offenbar gescheitert, wie überhaupt die Zukunft der künstlichen Intelligenz mehr in der Software zu suchen ist und weniger darin, dass Plastikroboter mit Pandagesicht dumm in der Wohnung herumfahren – zu sehen sind sie praktisch nicht mehr. Auch die Digitalkamera, die einst Hallen füllte, ist nahezu komplett im Handy verschwunden, wird aber dennoch konsequent weiterentwickelt; neue Modelle haben einen speziellen Echtzeit-Autofokus fürs Haustiere-Knipsen.

Fast alle Aussteller versichern treuherzig, dass es ihnen nicht um den Technik-Gimmick an sich gehe, sondern darum, unser Leben zu verbessern, ob wir das nun wollen oder nicht. Besonders hübsch wird das in einer riesigen Großprojektion bei Philips gezeigt, wo sich die Mitglieder der Großfamilie bei brünftig brummenden Tiefbässen zur Housewarming-Party versammeln und dabei aufs Handy-Display glotzen, das sie über die Ankunftszeiten von Oma Heidi und Opa Fred informiert – die tanzen aber gerade zu Hause noch enthusiasmiert Tango mit ihrem neuen Staubsauger.

Glücklich also sollen wir sein, das geht ohne Technik gar nicht mehr. Da gibt es zum Beispiel klimatisierte Kleiderschränke, deren Inhalt bei geschlossener Tür betrachtet werden kann, vermutlich sogar per App aus anderen Kontinenten, oh, Mist, ich habe den Smoking drin hängen lassen! Waschmaschinen bieten immer mehr Platz und immer ausgefeiltere Programme, die selbst Profi-Hauswirtschafter ratlos machen.

Samsung stiehlt die Show

Das smarte Heim wärmt die Glotze vor, wenn die Garagentür klappt, unterbricht das Programm automatisch bei Bränden und Einbrüchen und zählt nachts durch, ob alle da sind – jemand interessiert? Der Mensch lässt sich ja gern faszinieren von den Finessen der Technik und des Designs, aber wenn er das neue Handy dann hat, zieht er sofort eine handgenähte, gern auch vegane Hülle aus Antikleder drüber, bei deren Anblick der Designer tot umfiele – hier in Millionen Varianten zu sehen.

Die Amtssprache dieser Ausstellung ist selbstverständlich Englisch, und es wirkt auch nur noch ganz wenig komisch, wenn sich zwei deutsche Bühnen-Moderatoren auf Englisch gegenseitig die Vorzüge komplexer Wärmepumpen-Technik vorlesen. Deutsch reden nur noch die Köche, das ist auch besser so, und das Wort des Tages gehört dem Kochstar Ali Güngörmüs, der für WMF bunte Gerichte ausreicht und auf skeptische Fragen beteuert, das komme alles aus einem Dampfgarer, „da wird nichts getürkt bei mir“.

Im verwirrenden, immer wieder in Sackgassen endenden Dschungel der Ausstellung stechen die Mega-Aussteller aus allem heraus. Samsung hat wie üblich gleich den ganzen City-Cube gebucht. Da ist viel Platz für eine Warteschlange, organisiert wie bei der Gepäckkontrolle auf dem Flughafen. Am Ende wartet ein Blick aufs neue faltbare Handy, gewährt von Mitarbeitern, die das Wunderwerk mit Baumwollhandschuhen liebkosen.

Was ist wirklich neu?

Viele Dinge sind gekommen und gegangen in den letzten 20 Ifa-Jahren, das 3-D-Fernsehen, der krummgebogene Bildschirm – mal sehen, ob das Falthandy bleibt. Auch das Schicksal der E-Tretroller ist noch offen, die an vielen Ständen zu sehen sind, warum auch immer. Es gibt da aber auch ein Fahrrad mit Maserati-Logo, das sollte man wohl nicht zu ernst nehmen.

Neu, wirklich neu ist auf dieser Ausstellung, dass viel mehr gesaugt wird. Praktisch jeder Hersteller hat Akkusauger und kann damit permanent den Stand sauber halten lassen, ohne dass die Besucher über Kabel fallen. Nur ein Problem scheint immer noch ungelöst: die Fingerabdrücke. Überall wischen Mitarbeiter voll analog angestrengt auf den schönen glatten Displays und Lackoberflächen herum, kann denn da nicht mal jemand was Smartes erfinden? Das wäre doch ein Thema für die Ifa 2020.

Die Ifa findet vom 6. bis 11. September auf dem Berliner Messegelände statt und ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Nutzer des ÖPNV erreichen das Messegelände über die U-Bahnstationen Kaiserdamm und Theodor-Heuss-Platz oder die S-Bahnstationen Messe Nord/ICC und Messe Süd. Es stehen Parkplätze zur Verfügung, bei großer Nachfrage werden Shuttle-Busse zu umliegenden Parkmöglichkeiten eingerichtet.

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