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Auch eine Posse um die Schulreinigung in Spandau hat der Rechnungshof untersucht (Symbolbild).

© imago/Sven Simon

Finanzflops und Behördenpingpong: Die schlimmsten Fälle aus dem Berliner Rechnungshofbericht

Gesundheitsschutz, Schulreinigung und FU-Pferde: Der Rechnungshof zeigt in seinem Bericht auf, was in den vergangenen Jahren in der Verwaltung schiefgelaufen ist.

Der Landesrechnungshof Berlin hat am Montag seinen Jahresbericht für 2019 vorgestellt. Die unabhängigen Prüfer sehen die Haushaltspolitik von Rot-Rot-Grün in der Coronakrise bekanntlich kritisch.

Andere Fälle aus dem Alltag der Berliner Verwaltung zeigen klar, wie selbst bei elementarsten Fragen, etwa beim Umgang mit Kinderschutz, Infektionsschutz, mit Vergaberecht und bei der Schulbauoffensive versagt wird.

Der 200 Seiten dicke Bericht des Rechnungshofes listet auf, was in den vergangenen Jahren schiefgelaufen ist – und was sich dringend ändern muss.

Ein Überblick über finanzielle Flops mit dem Steuergeld der Berliner Bürger, über Fälle von Behördenpingpong und Berliner Unzuständigkeiten mit fatalen Folgen.

Gesundheitsschutz: Berliner Unzuständigkeiten

In der Coronakrise mussten die Berliner Gesundheitsbehörden zügig umdenken. Der Rechnungshof zeigt nun, wie lax Bezirke und Senatsverwaltung mit dem Wichtigsten umgegangen sind – mit der Gesundheit und mit dem Leben. Dem Jahresbericht zufolge hat es die Senatsverwaltung mehr als 13 Jahre lang versäumt, „die Voraussetzungen für eine gesamtstädtische Planung und Steuerung des öffentlichen Gesundheitsdienstes zu schaffen“.

Und die Gesundheitsverwaltung hat nicht einmal ihren gesetzlichen Auftrag erfüllt, nämlich Planung, Steuerung und Aufsicht des Gesundheitsdienstes. Dabei wäre sie nach dem seit 2006 geltenden Gesetz dazu verpflichtet gewesen. Es fehlen sogar einfachste Daten über den Gesundheitsschutz in Berlin. Einige Beispiele zeigen, dass es um knallharte Probleme geht, gerade mit Blick auf die Coronakrise.

Der Rechnungshof stellte die fehlende Kontrolle der Gesundheitsämter in den Bezirken durch die Senatsverwaltung in folgenden Bereichen fest: Bei den Ersthausbesuchen für den präventiven Kinderschutz, bei der infektionshygienischen Überwachung von Einrichtungen und Unternehmen - sowie beim Schutz für psychisch kranke Menschen.

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Die Senatsverwaltung erklärte dem Rechnungshof, sie habe die Vorgaben des Gesundheitsdienstgesetzes zur zentralen Steuerung und Kontrolle der Bezirke anders verstanden und daher kein verbindliches System eingeführt. Die im Gesetz vorgegebenen Aufgaben habe sie „in der Vergangenheit nicht aus dem Blickwinkel einheitlich abgestimmter Steuerungsperspektiven wahrgenommen“. Die nötigen Prozesse seien nicht angestoßen und vollzogen worden.

Künftig soll ein IT-basiertes Monitoring aufgebaut werden – eine Arbeitsgruppe soll Zielvereinbarungen mit den Bezirken erarbeiten. Der Rechnungshof stellt fest: „Die zielgenaue Steuerung des öffentlichen Gesundheitsdienstes ist derzeit nicht möglich.“ Die mit dem Gesetz von 2006 angestrebte einheitliche Grundstruktur im Gesundheitsdienst der Bezirke „ist auch im vierzehnten Jahre nach Inkrafttreten der gesetzlichen Vorgabe noch immer nicht umgesetzt“.

Präventiver Kinderschutz – ein jahrelanges Versäumnis

Beispiel Kinderschutz: Den muss das Land Berlin etwa sicherstellen, indem erstgebärende Frauen besucht werden, ebenso Familien bei Geburten unter belasteten Sozialverhältnissen – beides binnen sechs Wochen nach der Geburt.

Doch die Senatsverwaltung hat keinen Überblick, ob die Bezirke dieser Aufgabe überhaupt nachkommen, obwohl es um Leben und Gesundheit der Kleinsten geht und überforderte Eltern Hilfe brauchen könnten. Das Land müsste aus Sicht der Prüfer erfassen, wie viele Ersthausbesuche binnen der Gesetzesfrist von sechs Wochen nach Geburt erfolgt sind und wie viele Hausbesuche denn nötig wären.

Doch die Senatsverwaltung erhält von den Bezirken nur einmal jährlich eine Statistik, und die halten die Rechnungsprüfer für zu rudimentär. Aufgelistet wurde bislang offenbar einfach die Zahl der Hausbesuche. Die Senatsverwaltung erfährt von den Bezirken zwar die Zahl der Geburten, aber die Statistik unterscheidet nicht zwischen „Erst- und Mehrgebärenden“.

Auch ist laut Rechnungshof nicht ersichtlich, ob die Hausbesuche des Gesundheitsamtes binnen der gesetzlichen Frist von sechs Wochen nach Geburt erfolgt sind. Auch die Anzahl der nötigen und absolvierten Hausbesuche in soziale belasteten Familien wird nicht aufgeführt.

Viele Kinder wachsen nicht in gesunden Verhältnissen auf.
Viele Kinder wachsen nicht in gesunden Verhältnissen auf.

© Christian Hager/dpa

Diagnose des Rechnungshofes: Der Senatsverwaltung fehlen grundlegende Daten, um den präventiven Kinderschutz in Berlin zu steuern. Dabei hatte der Rat der Bürgermeister bereits 2009 erklärt, dass er von der Senatsverwaltung alsbald Ausführungsvorschriften für die Umsetzung des Kinderschutzes erwartet. Der Senat versprach, dem zeitnah nachzukommen. Doch die Vorschriften „waren indes auch nach Abschluss“ der Erhebungen des Rechnungshofs im Januar 2020 „noch nicht erlassen“. Erst im Juni 2020 hat der Senat die Vorschriften erlassen.

Der Rechnungshof resümiert: „Praktikable Verfahrensvorgaben“ für den gesetzlich vorgeschrieben präventiven Gesundheitsschutz von Kindern in Berlin „sind rund elf Jahre lang“ weder durch Vorschriften der Gesundheitsverwaltung noch gemeinsam mit der Jugendverwaltung „in Kraft gesetzt worden“.

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Die Folgen sind verheerend. Denn die Gesundheitsverwaltung wusste seit Mai 2015, „zwei Bezirke würden Hausbesuche nach unterbliebene Früherkennungsuntersuchungen nicht und acht Bezirke nur zum Teil durchführen“.

Auch erfuhr die Verwaltung, dass die Gesundheitsämter in den Bezirken Probleme hatten bei den Einladungen an Eltern zu Früherkennungsuntersuchungen. Wenn Eltern nämlich längst einen Termin beim Kinderarzt gemacht haben, erfuhr das Gesundheitsamt zu spät davon. Die Folge: Mehraufwand für die Verwaltung.

Die Quote der Falschmeldungen wegen des fehlenden Meldesystems lag bei bis zu 90 Prozent. Der Rechnungshof beklagt, die Gesundheitsverwaltung „hat keine Maßnahmen dagegen ergriffen“. Die Senatsverwaltung will nun das Einladungswesen der Gesundheitsämter evaluieren. Der Rechnungshof dagegen stellt fest, dass es „keines weiteren Zuwartens auf Evaluationsergebnisse bedarf“, um die Probleme anzugehen.

Infektionsschutz und „keine systematische Erfassung“

Die Gesundheitsämter haben auch die Aufgabe, Einrichtungen und Firmen für den Infektionsschutz zu überwachen, in denen Patienten medizinisch behandelt oder Menschen betreut werden: Obdachlosenheime, Kinderheime, Behinderteneinrichtungen, Flüchtlingsunterkünfte, ambulante Pflegedienste und Justizvollzugsanstalten.

Die Gesundheitsämter sollen die Einrichtungen regelmäßig überprüfen, die Senatsverwaltung muss von oben steuern. Doch dafür müsste die Senatsverwaltung wissen, „wie viele Einrichtungen und Unternehmen in welchen Intervallen der infektionshygienischen Überwachung unterliegen“. Und sie müsste wissen, „wie viele Begehungen in welchen Intervallen die Gesundheitsämter tatsächlich durchführen“.

So ist es ganz sicher: Eine Frau besucht ihre Mutter - aber sieht sie nur durch eine Scheibe.
So ist es ganz sicher: Eine Frau besucht ihre Mutter - aber sieht sie nur durch eine Scheibe.

© Jens Büttner/dpa

Doch der Rechnungshof stellte fest, dass derlei Daten der Senatsverwaltung von den Bezirken nicht regelmäßig übermittelt werden. Dazu seien die Bezirke nicht verpflichtet, entgegnete der Senat. Der Rechnungshof widerspricht: Die Verwaltung habe es versäumt, Grundlagen für eine „bezirksübergreifend systematische Erfassung“ von Einrichtungen und Firmen zu schaffen, die für den Infektionsschutz überwacht werden müssen. Daher könne sie auch nicht prüfen, ob die Vorgaben für den Infektionsschutz eingehalten werden.

Die neuerliche Ankündigung des Senats, ein „Benchmarksystem für die Überwachung des Infektionsschutzes“ einzuführen, lasse „keinen konkreten Zeitpunkt“ für die Einführung eines berlinweit einheitlichen Systems erkennen.

Schulreinigung in Spandau – ausgetrickst von einer Beratungsfirma

In Spandauer Schulen wird weniger geputzt. Und dafür muss das Bezirksamt auch noch draufzahlen an eine Beratungsfirma. Der Rechnungshof hat die Posse untersucht, das Ergebnis: Das Bezirksamt hat gegen Wettbewerbs- und Vergaberecht verstoßen und obendrein 680.000 Euro für weniger Leistung gezahlt. Denn es wird jetzt weniger geputzt.

Wie kann das sein? Seit zwei Jahrzehnten werden private Firmen in Berlin damit beauftragt, so war es auch nach einer Ausschreibung für 44 Spandauer Schulen im Jahr 2015.

In Spandau wurden die Schulen häufiger gereinigt als in anderen Bezirken und als es die DIN-Norm vorsah – fünf statt drei Mal pro Woche in den Klassenräumen, zwei statt einmal in den Verwaltungsräumen. Es bestand bei bisherigen Kosten in Höhe von 4,5 Millionen Euro jährlich also Einsparpotenzial.

Doch der Bezirk kam selbst nicht drauf und bezahlte für eine Sparidee von Beratern obendrauf. Es begann im Frühjahr 2018, die Neuausschreibung der Schulreinigung stand an. Doch der zuständige Bereich im Spandauer Bezirksamt sah sich dazu nicht in der Lage, ein Vergabeverfahren abzuhalten. Wie praktisch, dass stattdessen eine Beratungsfirma im März 2018 beim Bezirksamt angerufen und ihre Leistungen angeboten hat.

Wenige Wochen nach dem Telefonat schickte die Firma dem Bezirksamt ein Angebot. Demnach übernehmen es die Berater, den Reinigungsfirmen für die Schulen Aufträge zu erteilen. Dafür wollte die Beratungsfirma aber 45 Prozent der eingesparten Kosten als Honorar.

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© Getty Images/iStockphoto

Der Mitarbeiter im Bezirksamt errechnete, dass maximal zwei Prozent der bisherigen Leistungen eingespart werden könnten, am Ende kämen für die Berater 40.500 Euro heraus. Und der Mitarbeiter befand, nur diese Beratungsfirma könne die gewünschte Leistung erbringen. Am 15. Mai, zwei Monate nach dem Anruf der Berater im Bezirksamt, wurde der Vertrag unterzeichnet. Dabei hatte der Mitarbeiter des Bezirks gar keine Befugnis dafür, es fehlten auch ein Überwachungssystem, Mitzeichnungsregeln und ein Vier-Augen-Prinzip.

Die Berater schlugen vor, dass die Reinigung der Schulen um 25 Prozent heruntergefahren werde. Statt fünfmal pro Woche sollten Klassenräume nur viermal pro Woche geputzt werden, und Büros und Treppenhäuser ab dem zweiten Obergeschoss nur noch einmal statt fünfmal pro Woche.

Doch das Erfolgshonorar sollte sich weiter nach den früheren Kosten von 4,5 Millionen Euro richten. Ende 2018 und im Mai 2019 bekam Spandau die Rechnung. Wegen eingesparter 1,125 Millionen Euro gegenüber 4,5 Millionen Euro verlangten die Berater 680.000 Euro vom Bezirksamt.

Stattdessen fanden die Berater vier Reinigungsfirmen, die den verringerten Putzumfang für 3,4 Millionen Euro im Jahr erledigen wollten. Doch die Zahlung eines solchen Erfolgshonorars war im Haushalt des Bezirks gar nicht vorgesehen. Dennoch wies die Serviceeinheit Finanzen des Bezirksamts an, die erste Rechnung von knapp 600.000 Euro zu begleichen.

[Spandau - eine eigene Welt am westlichen Rande Berlins: André Görke kennt den Bezirk am besten und schreibt jeden Dienstag im Leute-Newslettern darüber: leute.tagesspiegel.de]

Nach Beschwerden wurden die Berater erneut tätig, prüften weiter Angebote. Wieder machten sie Einsparpotenziale aus, statt 3,4 Millionen Euro wurden die Reinigungskosten pro Jahr auf 3,3 Millionen Euro gedrückt. Per Rechnung wollte die Beratungsfirma dafür weitere 53.000 Euro vom Bezirk haben. Im Juni 2019 überwies das Bezirksamt die Summe.

Das Urteil des Rechnungshofs: Die direkte Vergabe an die Beraterfirma war nicht zulässig. Es wäre ein Wettbewerbs- und Vergabeverfahren nötig gewesen. Zudem prüfte das Bezirksamt nicht, ob solch ein Beratervertrag überhaupt zulässig war.

Und der Rechnungshof zeigt nun auf, wie sehr sich das Bezirksamt verrechnet hat. Denn die Reinigungsleistung ist ohnehin um ein Viertel gesenkt worden, also von 4,5 Millionen Euro auf 3,375 Millionen Euro. Für das Erfolgshonorar wären nach Ansicht der Prüfer nicht die eingesparten 1,125 Millionen Euro maßgeblich gewesen – sondern die Differenz zwischen der neuen Vergabesumme von 3,375 Millionen Euro und die tatsächlich bei den Reinigungsfirmen erzielten 3,3 Millionen Euro.

Nur anhand von 72.000 Euro, also einer Ersparnis von zwei Prozent, hätte das Honorar der Berater bemessen werden dürfen. Das wären dann rund 38.500 Euro statt 680.000 Euro. Das Bezirksamt hätte selbst darauf kommen können, wie und wo gespart werden könne, erklärt der Rechnungshof. Und weil das Bezirksamt schon in den Vorjahren deutlich häufiger die Schulen gereinigt habe als es die DIN-Norm vorsieht, seien „nicht notwendige Ausgaben in Höhe von mehreren Millionen“ gezahlt worden.

Schulbauoffensive – gut gemeint, schlecht gemacht

Berlin wächst, die Zahl der Schüler auch. Deshalb hat der Senat 2017 die sogenannte Schulbauoffensive beschlossen. Ein Etat von 5,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2026 hatte der Senat dafür vorgesehen. Einen Teil der Sanierungen und des Neubaus soll das landeseigene Wohnungsbauunternehmen Howoge übernehmen. Doch der Senat, so bemängelt der Rechnungshof, hat die vorgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nicht durchgeführt, das umfangreiche Investitionspaket „nicht ordnungsgemäß vorbereitet“.

Die Integrierte Sekundarschule Mahlsdorf war im August 2019 die erste neue Schule der Schulbauoffensive.
Die Integrierte Sekundarschule Mahlsdorf war im August 2019 die erste neue Schule der Schulbauoffensive.

© Wolfgang Kumm/dpa

Allein der Bedarf für Sanierung und Neubau von Schulen wurde laut Rechnungshof nicht richtig vorbereitet. Auch andere Aspekte wie Ziele, Prioritäten, Kosten und Nutzen verschiedener Lösungswege seien nicht systematisch untersucht worden.

Binnen zwei Wochen nach Senatsbeschluss stieg der Bedarf an nötigen Schulneubauten von 42 auf 88. Damit verdoppelte sich auch die Höhe der nötigen Investitionen in Schulneubauten auf elf Milliarden Euro.

[Drei Jahre und eine Milliarde Euro später: Eine Zwischenbilanz der Berliner Schulbauoffensive lesen Sie bei Tagesspiegel Plus.]

Fazit des Rechnungshofes: Die für ein Jahrzehnt geplanten Neubauten und Sanierungsprojekte sind in dieser Zeit nicht zu schaffen. Die Folgen für den Haushalt seien nicht dargestellt worden, es fehle ein Zeitplan für die Umsetzung, ebenfalls Kriterien und Verfahren, um den Erfolg des Programms zu kontrollieren.

„Dadurch hat die Senatsverwaltung erhebliche, sachliche, finanzielle und zeitliche Risiken begründet, die sich zum Teil bereits verwirklicht haben“, stellen die Prüfer in ihrem Jahresbericht fest. Der Rechnungshof empfiehlt dem Senat, „umgehend wirksame Steuerungsinstrumente“ einzuführen. Die Neubau- und Sanierungsprojekte müssten nach Priorität eingestuft werden. Ansonsten drohten „erhebliche Finanzierungslücken und Verzögerungen“.

Tierisch teuer: Das Pferdekompetenzzentrum der Freien Universität

Die Freie Universität Berlin, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, ist auch wirtschaftlich aktiv. Sie betreibt 15 sogenannte „Betriebe gewerblicher Art“, kurz BgA. Darunter ist seit 2013 das Pferdekompetenzzentrum.

Nach Prüfung errechnete der Rechnungshof, dass das Zentrum von 2013 bis 2018 Verluste einfuhr, jährlich zwischen 211.000 und 517.000 Euro, insgesamt 2.083.000 Euro.

Wozu aber die Pferde? Die FU bot seit dem Wintersemester 2014/15 den Studiengang Pferdewissenschaften an. Neben Unigeldern gab es von drei Unternehmen Spenden in Höhe von 2,3 Millionen Euro für das Zentrum.

Die Förderverträge sahen pro Jahr von 2013 bis 2013 bis zu 230.000 Euro für das Pferdezentrum vor. Nebenbei mietete die FU 2013 ein Pferdezentrum in Brandenburg an – samt Reithalle, Ställen für 88 Pferde, Pferdesportanlage, Seminar- und Büroräume. Der über zehn Jahre abgeschlossene Mietvertrag sah 10.000 Euro pro Monat vor. Weitere 2500 Euro Miete pro Miete fielen an für eine Koppel und für ein Gutshaus, wo Dozenten und Studierende untergebracht wurden.

Die FU plante, nach ersten Verlustjahren irgendwann Gewinne einzufahren. Allein aus der Reproduktionsmedizin und für Ställe sollten pro Jahr eine halbe Million Euro eingenommen werden. Stattdessen machte der Betrieb der FU nur Verluste.

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Das Finanzamt entschied 2018, der Betrieb sei „dauerdefizitär“. Der Rechnungshof kam zu dem Ergebnis, dass die FU mit der Entscheidung zur Gründung eines Pferdezentrums in Brandenburg „die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit verletzt“ und den „Haushalt bisher mit 2,1 Millionen Euro belastet hat“.

Sie habe eine angemessene Untersuchung der Wirtschaftlichkeit unterlassen und sei von unzutreffenden Erwartungen ausgegangen. Ihre Prognosen seien unrealistisch gewesen. Statt eines Standortes in Brandenburg sei nicht einmal untersucht worden, die bestehenden Standorte in Berlin, etwa in Düppel, auszubauen.

Obendrein: Die 39 Pferde, selbst gezüchtet oder geschenkt bekommen, seien nicht einem Vermögensverzeichnis gelistet worden. Die FU hat von 2016 bis 2019 insgesamt 13 Ponys und sechs Pferde verkauft. Obwohl einig Tiere wertvoll waren, ließ die FU keine Wertgutachten erstellen. Darunter waren sogar WM- und Turnierpferde, ein Vatertier eines verkauften Pferdes hatte ein „riesiges Sprungvermögen“.

Der Rechnungshof stellte nun fest: „Die Tatsache, dass die FU Tiergefriersamen ihrer Pferde mit dem Hinweis auf die sportlichen Fähigkeiten verkauft, verdeutlicht die Wertigkeit der verkauften Pferde mit hervorragender Abstammung.“

Auch hier lautet das Urteil der Prüfer: Verstoß gegen den Grundsatz der Sparsamkeit und die Pflicht, Vermögen nachzuweisen. Den Mietvertrag für das Pferdezentrum in Brandenburg hat die FU bereits fristgerecht zum 31. März 2023 gekündigt.

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