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Rücksichtsloser Drill? Auch diesem Vorwurf gegen die Staatliche Ballettschule und Schule für Artistik ging die Kommission nach.

© Doris Spiekermann-Klaas

Update

Finanzen sollen geprüft werden: Neue Vorwürfe gegen Berliner Ballettschule und Behörde

Jeden Tag kommen neue Ungereimtheiten rund um die Schule ans Licht. Auch die Finanzen sollen geprüft werden. Dienstaufsichtsbeschwerden durch einen Vater.

Neuigkeiten kommen inzwischen im Tagesrhythmus – und meist in Form von Vorwürfen. So war es auch am Montag wieder: Offenbar sieht Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) Gründe, um die Finanzen der Staatlichen Ballettschule und Schule für Artistik prüfen zu lassen.

"Es geht jetzt um eine gründliche und umfassende Bestandsaufnahme“, sagte Scheeres’ Sprecher auf Anfrage. Details wollte er nicht nennen. Somit bleiben nur Vermutungen, die sich wiederum auf zahlreiche Vorwürfe stützen.

So berichtet das Online-Magazin Ballett-Journal über teure private Sommerkurse in den Räumen der Ballettschule. Die Tagesspiegelanfrage, wie es denn etwa mit der Mietzahlung für diese Kurse aussehe, blieb seit dem Montagmorgen unbeantwortet.

Das ist aber nicht alles. Vielmehr wird schulintern auch immer wieder über viele Auslandsreisen von Schulangehörigen gesprochen. Zudem ist von außen der Vorwurf zu hören, dass die Schule durch die hohe Betreuungsdichte extrem kostspielig sei, wobei immer wieder die Frage aufgeworfen wird, ob es tatsächlich zum Staatsauftrag gehöre, eine solche Schule zu betreiben.

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Obwohl Scheeres inzwischen eine Expertenkommission und eine Clearingstelle eingerichtet hat, gibt es auch in Richtung der Bildungsverwaltung Kritik.

Dazu gehört, dass Scheeres nur den Schulleiter und den Leiter des Landesjugendballetts freigestellt habe, nicht aber die Stellvertreterin des Schulleiters und den künstlerischen Leiter: Beide seien vollkommen mit dem bisherigen System verbunden, weshalb die interne Aufklärung durch ihre Gegenwart behindert werden könne, lautet die Befürchtung. Zuvor war auch schon aus der Koalition Kritik gekommen.

Kritik auch an der Zusammensetzung der Expertenkommission

In diese Richtung geht auch der offene Brief eines Vaters der Schule an Scheeres. Er hält es für untragbar, dass die jetzige kommissarische Leitung im Sinne der bisherigen Leitung weiteragieren könne. Mit dem mehrseitigen Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, reicht der Vater auch sogleich drei Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die Schulaufsicht sowie gegen die zuständige Referentin ein. Zudem kritisiert er die neue Expertenkommission als zu eng mit der Schulverwaltung verknüpft.

Was die Bedenken gegen die Schulaufsicht und die jetzige Schulleitung weiter verstärkt, ist die Tatsache, dass eine Woche nach der Freistellung der beiden wichtigsten Leitungspersönlichkeiten, Ralf Stabel und Gregor Seyffert, darüber noch immer nichts (Stand 25.2.9.30 Uhr) auf der Homepage der Schule zu finden ist.

Senatorin Scheeres hatte sowohl Ralf Stabel (r.) als auch dem Landesjugendballett-Leiter Seyffert gekündigt.
Senatorin Scheeres hatte sowohl Ralf Stabel (r.) als auch dem Landesjugendballett-Leiter Seyffert gekündigt.

© Christophe Gateau/dpa

Halbherzige Transparenz auf der Homepage der Schule

In der Rubrik „Aktuelles" war noch bis Montagnacht lediglich zu lesen, dass die Schule sich „intensiv mit den anonym vorgebrachten Vorwürfen“ auseinandersetze. Unterschrieben war diese Mitteilung von Ralf Stabel selbst und nicht von seiner Stellvertreterin, die seit einer Woche offiziell die Geschäfte führen soll. Auf der Homepage stand bis zu diesem Zeitpunkt auch nichts darüber, dass die Clearingstelle, an die sich Hilfesuchende wenden können, seit Mittwoch erreichbar ist (0176/8601666 oder clearingstelle.sbs@senbjf.berlin.de). Eine Sprecher der Bildungsverwaltung hatte am Montag aber auf Nachfrage angekündigt, dass die Homepage „verändert“ werde.

Am Dienstagmorgen war es dann soweit: Unter "Aktuelles" ist jetzt nicht mehr Stabels Verweis auf "anonym vorgebrachte Vorwürfe" zu lesen, sondern stattdessen befindet sich dort die Pressemitteilung über die Clearingstelle.

Schulaufsicht soll mehr als bisher kontrolliert werden

Längst hat auch Scheeres gemerkt, dass es mit dem Willen zur Aufklärung nicht auf allen Ebenen zum besten steht. Daher hat die Senatorin angeordnet, dem bisher zuständigen Schulrat eine Kraft aus der Schulaufsicht eines anderen Bezirks an die Seite zu stellen. Zudem kündigte Scheeres bereits im Abgeordnetenhaus an, dass die Schulaufsicht mehr als bisher kontrolliert werden solle.

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„Wir nehmen die Schulaufsicht stärker in den Blick“, sagte die Senatorin den Abgeordneten. Zuvor hatten Vertreter von SPD und FDP Aufschluss über das weitere Vorgehen gefordert.

Auslöser war der umstrittene Auftritt des Abteilungsleiters der von Scheeres geführten Bildungsverwaltung, Christian Blume, bei der Vollversammlung in der Schule am Dienstag vor einer Woche.

Blume hatte wie berichtet die Beschwerden von Schülern und Lehrern als „anonym“ und als „Unterstellungen“ bezeichnet. Darüber hinaus hatte er ausgeführt, dass die Freistellung der beiden Leiter dazu diene, sie „zu schützen“ und „aus der Schusslinie zu nehmen“.

Nach empörten Reaktionen sah sich Scheeres dann im Abgeordnetenhaus gezwungen, eine Entschuldigung des Abteilungsleiters auszurichten. Man setze sich „intensiv mit den anonym vorgebrachten Vorwürfen“ auseinander.

Scheeres hatte sich mit Gründung des Landesjugendballetts geschmückt

Für Scheeres ist die Lage auch deshalb unangenehm, weil sie sich zu Beginn ihrer zweiten Amtszeit 2017 mit der Gründung des Landesjugendballetts geschmückt hatte und mit den beiden jetzt freigestellten Leitern vor die Öffentlichkeit getreten war: Einer von beiden, nämlich Seyffert, war schon vor einiger Zeit einen Schritt zurückgetreten und ist nicht mehr künstlerischer Leiter. Die Gründe werden nicht offen ausgesprochen.

Das repräsentative Gebäude der Ballettschule wird auch gern für Events genutzt. So fand hier die Verabschiedung des einflussreichen Abteilungsleiters Ludger Pieper statt.

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