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Müll aus der Berliner Silvesternacht

© DPA/Jörg Carstensen

Böllerverbot in Berlin: Ist das noch Silvester oder schon Bürgerkrieg?

Zu Silvester in Berlin bleibt es dunkel und still? Kaum vorstellbar. Jetzt setzen sich immer mehr Politiker für ein Verbot privater Feuerwerke ein.

Von Fatina Keilani

Es ist laut und stinkt, ist gefährlich und kostet Geld: das Silvesterfeuerwerk. Dem Aberglauben zufolge werden damit die bösen Geister vertrieben, auf dass das neue Jahr ein glückliches werde. Die Grünen nervt das schon lange: Das Schwarzpulver sei Umweltverschmutzung und steigere die Feinstaubwerte, die Böllerei solle verboten oder zumindest stark beschränkt werden, fordern sie.

Auch die Berliner SPD sieht das mittlerweile so – in drei Arbeitskreisen des Abgeordnetenhauses wurde einstimmig der Antrag beschlossen, das Sortiment an Feuerwerkskörpern zu verkleinern, stärker an den Bundesgrenzen zu kontrollieren, die Zeit des erlaubten Verkaufs einzuschränken und die Knallerei in bestimmten Gegenden ganz zu verbieten.

„Das wird immer härter und erinnert an Bürgerkrieg“, sagte der SPD-Fraktionsvize Jörg Stroedter dem Tagesspiegel. „Dass Sanitäter, Polizei und Feuerwehrleute angegriffen werden, darf so nicht weitergehen.“ Stroedters Ziel ist, dass das kommende Silvester ruhiger wird.

In Berlin sind die Vorschriften schon streng ausgelegt

Ein komplettes Verbot hält der Senat aber für schwierig, das will bisher auch niemand. „Für derartige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr muss eine erhebliche Gefahr für Passanten und Einsatzkräfte vorliegen, die von der Behörde in jedem Einzelfall genau begründet werden muss“, sagte Regina Kneiding, Sprecherin von Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke). „Damit liegt die Latte für generelle Verbote hoch.“ Breitenbach ist zuständig, weil bei ihr das Sprengstoffrecht angesiedelt ist, in der Abteilung Arbeitsschutz.

In der Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen ist die Knallerei ohnehin schon verboten. So steht es in Paragraf 23 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz. Dort ist auch geregelt, dass überhaupt nur am 31. Dezember und 1. Januar eines Jahres Raketen und Batteriefeuerwerke abgeschossen werden dürfen, und auch nur von Personen über 18 Jahren.

Lediglich die ungefährlichen Knallfrösche und Wunderkerzen dürfen rund ums Jahr verkauft und abgebrannt werden. Sie gehören zu den „pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F 1“, die Silvesterraketen zu „F 2“. Für Knalleffekte auf der Bühne und im Film gelten eigene Regeln.

Breitenbachs Sprecherin Regina Kneiding weist darauf hin, dass Berlin die in der Sprengstoffverordnung festgeschriebenen Zeiträume ohnehin schon eingeschränkt habe. „Die Berliner Verwaltung geht im Rahmen ihrer Möglichkeiten deutlich darüber hinaus“, sagte Kneiding. „Sie schränkt seit Jahren die bundesweit gesetzlich zulässige Abbrennzeit von 48 Stunden an Silvester und Neujahr nochmals ein. Böller dürfen nur an Silvester ab 18 Uhr bis Neujahr um 7 Uhr abgebrannt werden.“ Die Kontrollen lägen in der Hand der Bezirke.

„Die Diskussion hat ja gerade erst begonnen“

Ob man wirklich kein Verbot aussprechen kann, ist unklar. Andere Städte in Europa haben es auch geschafft. In Paris gibt es nur ein staatliches Feuerwerk, der Bürger darf privat keine Rakete mehr zünden. Ähnlich ist es in Wien. Denkbar sind in Berlin auch Beschränkungen durch Immissionsschutzrecht und auch im Rahmen der Gefahrenabwehr durch allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht. „Die Diskussion hat ja gerade erst begonnen“, sagte Kneiding.

Aber kann sich das in Berlin einer vorstellen? Es ist Mitternacht – und es bleibt still und dunkel? 137 Millionen Euro gaben die Bundesbürger laut Verband der pyrotechnischen Industrie in den vergangenen Jahren für ihr Silvesterfeuerwerk aus. Der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe weist in diesem Zusammenhang auf eine Selbstverständlichkeit hin: „Das stundenlange Lärmen ebenso wie das Abfeuern auf Personen oder Gegenstände ist schon jetzt verboten.“

Das Verbot könne aber offenbar nicht durchgesetzt werden. „Und die Lösung soll dann sein, noch mehr zu verbieten? Davon betroffen sind dann nur die Leute, die sich auch jetzt an Gesetze halten - die sind aber nicht das Problem“, sagte Luthe. Ansonsten halte er das – in normalem Rahmen – für Brauchtumspflege.

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