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Ihre Farben sind ihr Stolz: Der FC Barcelona hat sogar einen eigenen Fanklub in Berlin.

© Davids/Sven Darmer

FC Barcelona- und Juventus-Fans in Berlin: Bringt uns zum Champions League-Rasen!

Am Sonnabend treffen im Champions-League-Finale einige der besten Fußballer der Welt aufeinander – und ihre stolzesten Anhänger. Viele leben längst in der Stadt. Der Fanklub des FC Barcelona lädt gar zum Pressetermin. Zwei Besuche vor dem Anpfiff.

Wenn man es mit Weltklassevereinen zu tun hat, sickert eine gewisse Professionalität durch. Dann will man mal reden mit den Leuten vom Berliner FC-Barcelona-Fanklub, wie es so aussieht kurz vor dem Champions-League-Finale, hier an der Fan-Basis im Kulturzentrum „Zukunft am Ostkreuz“. Und dann ist der Typ vom Radio schon da, auch ein anderer Schreiber, und später kommt jemand vom Fernsehen. Ist ja nicht irgendein Verein, sondern Barcelona. Natürlich hat so eine Mannschaft auch in Berlin einen Fanklub, und weil sie hier ganz gut organisiert sind, bündeln sie das Medieninteresse. Auf zwei Pressetermine in dieser Woche. Bei einem Fanklub. Bei dem es heute recht voll werden dürfte: 600 erwartete Besucher.

Feste Klubmitglieder haben sie rund 50, sagt Vorstandsmitglied Marc Llop. Klingt nicht nach vielen Leuten, aber Barcelona und Berlin trennen knapp 2000 Kilometer. 2006 wollten sie den Klub in Berlin gründen, da kam die Direktive aus Barcelona: Es gebe schon einen Fanklub in Berlin, ob man sich da nicht zusammenschließen könne. Leuchtete ein.

Überhaupt: Gemeinsam Sachen zu machen, finden sie hier gut. Zum Beispiel Ricard Camps, 38 Jahre, kommt aus Barcelona. Wirklich? Nein, er kommt aus Katalonien, das ist ein Unterschied. Katalonien ist das große Ganze, Barcelona nur die Hauptstadt. Mag zwar sein, dass das hier ein Fanklub ist. Gleichzeitig aber auch, und eigentlich stärker noch: ein Heimatverein. Wo sie Katalanisch reden, gegen das Heimweh. Und Fußball gucken, was speziell in diesem Fall nicht einfach nur Fußball ist.

Natürlich ist der FC Barcelona mehr, da schwingt einiges mit. Die Geschichte vom widerständigen Katalonien gegen den spanischen Zentralstaat. Der republikanische Geist gegen den Franco-Faschismus. Links gegen rechts. Gemeinschaft gegen Individuum, nein, besser, richtiger: die Gemeinschaft der Individuen.

Sie reden wie die Offiziellen

Allein die Stürmer! Messi, Neymar und Suarez. Der Brasilianer Neymar, im vergangenen Jahr der Hoffnungsträger seines Landes auf einen WM-Titel. Der dann im Viertelfinale brutal aus dem Turnier getreten wurde. Oder Suarez, ein leicht zu erregender Geselle mit der verblüffenden Neigung, in missliebige Gegenspieler mitunter hineinzubeißen. Und natürlich Messi, der wohl beste Fußballer der Welt. Insgesamt ein geschätzter Marktwert von gut 260 Millionen für diese drei Spieler. Zum Vergleich: Der komplette Kader von Hertha BSC ist rund 60 Millionen Euro wert.

Und dann gibt es diese Momente im Gespräch mit Fans erfolgreicher Mannschaften, in denen sie plötzlich so reden wie die Trainer, die Offiziellen. Wenn man Marc Llop fragt, wie das Spiel ausgeht, sagt er, dass er verpflichtet sei, die Worte des Ex-Trainers Guardiola zu berücksichtigen. Also dann, Worte des Pep: Grundsätzlich eine 50:50-Chance, immer, vor jedem Spiel. Und dann hätten sie ja noch diese drei Stürmer, sagt Llop, sollte reichen für ein 2:1. Ob er das im Stadion erlebt, weiß er noch nicht. Eine Karte hätte er zwar. Aber den Verein im Stich zu lassen, fiele ihm auch nicht so leicht. Der Verein. Die Gemeinschaft. Er meint den Fanklub.

Stolz, Ästhetik, Eleganz: Juventus ist ein Prinzip

Ein Turiner in Berlin: Giuliano Ansanti lebt den Mythos Juve als Jugendtrainer beim Club Italia.
Ein Turiner in Berlin: Giuliano Ansanti lebt den Mythos Juve als Jugendtrainer beim Club Italia.

© Georg Moritz

Juventus ist ein Prinzip, sagt Giuliano Ansanti, der Mann aus Brindisi, der in Turin aufwuchs, dann wieder in den Süden ging, dann nach Berlin, dann in den Süden, dann zurück nach Berlin. Und jetzt ist er hier, seit drei Jahren schon. Ist Jugendtrainer beim Club Italia 80, dem Fußballverein im Berliner Westen. Juventus ist ein Prinzip, sagt Ansanti. Ist Stolz, Ästhetik und Eleganz.

Treffen am Spandauer Damm: Jugendtraining. Einer der ersten warmen Tage des Jahres, ein Dutzend Kinder auf dem Platz, die jüngsten acht, die ältesten zwölf. Wollen spielen, nicht trainieren. Verschränkte Arme, Rumgefummel an Pylonen, Hütchenspieler. Ansanti will Ballstafetten, die Kleinen wollen bolzen. Trainingsunterbrechung. So geht Stolz: Wir spielen, natürlich spielen wir, sagt Ansanti den Kleinen. Aber wir spielen auch, weil wir gewinnen wollen. Gewinnen aber wird der Bessere. Und er ist besser, weil er konzentriert ist. Seine Sache versteht. Das gilt immer, bei Juve wie bei den Jugendteams, die Ansanti trainiert.

Drei Söhne hat Ansanti, zwei davon spielen bei Italia 80, der dritte ist noch zu jung. Ansanti selbst: 46 Jahre alt, Charlottenburger, Turiner. Wie sein Vater, so der Sohn und dessen Söhne auch. Sieben Jahre lebte er als Kind in Turin, spielte in den Jugendmannschaften von Juventus.

Sollen sie doch spotten

So geht Ästhetik: Ästhetik ist eine Frage der Haltung, ist die Kunst, die eigene Würde gegen äußere Anwürfe zu bewahren. Ist die Kunst, auf dem Kopf ein nach hinten gedrehtes Cap zu tragen und trotzdem kein Vollidiot zu sein. Muss man können. Ansanti kann. Italiener halt.

Sollen sie doch spotten, über Juve, die „Alte Dame“ und die vielen alten Herren, die dort spielen: Buffon, Barzagli und Pirlo. Über Spieler, die in Berlin vor neun Jahren Weltmeister wurden und immer noch spielen. Sind die zu alt und deshalb schlecht? Wie schlecht muss man eigentlich sein, dass man wie Buffon mit 37 Jahren im Champions-League-Finale steht? Überhaupt: Buffon! Als Juve-Manager Moggi Schiedsrichter bestach und der Verein zur Strafe 2006 zwangsweise absteigen musste, hielt Buffon der Mannschaft die Treue. Moggi zerstörte die Moral, sagt Jugendtrainer Ansanti am Spandauer Damm, aber Buffon hielt sie hoch. Weil er mit runterging in die zweite Liga, die Serie B. Und das, obwohl er gerade Weltmeister geworden war.

Von B nach Berlin, hat Buffon vor einigen Tagen gesagt: Von der zweiten Liga in die deutsche Hauptstadt. Zum Champions-League-Triumph? Berlin ist ein guter Ort für italienische Fußballer. So geht Eleganz: Kopf hoch! Denken, dann schießen! Fußball ist nicht Fuß, sondern Kopf, sagt Ansanti den Kleinen. Ein Denksport. Messi von Barcelona ist der beste Fußballer der Welt, sagt Ansanti. Weil er am und mit dem Ball alles kann, was er will. Messi wird es sein, der heute den Unterschied ausmacht. Nur eines gibt es, sagt Ansanti, was Messi nicht kann: den Kopf oben haben, wenn er seine Gegner ausspielt. Dann lässt er sie stehen, düpiert sie, einen nach dem anderen. Aber guckt dabei auf den Boden. Messi ist der beste der Welt, sagt Ansanti. Aber er ist nicht elegant.

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