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An den Strand geht’s zusammen, doch beim Lernen trennen sich die Wege von Eltern und Kindern – je nach Alter und Vorkenntnissen. Foto: picture-alliance/moodboard

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Berlin: Familienurlaub macht Schule

Gemeinsame Sprachreisen für Kinder und Erwachsene liegen im Trend

„Viele meinen, dass man im Urlaub sein Gehirn nicht anstrengen sollte“, konstatiert Willi Ege aus Göttingen. Im vergangenen Jahr reiste er mit seiner Frau und den zwei Söhnen Max und Leo nach Malta. Eine Woche Sprachurlaub für die ganze Familie. „Ich wundere mich, dass dieses Konzept von so wenigen wahrgenommen wird“, sagt er, „wir haben alle viel gelernt und der Urlaubseffekt war auch noch dabei.“ Das sieht Familie Faßl aus Köln genauso. 2010 verbrachte Andreas Faßl zwei Wochen mit seinem Sohn an der englischen Südküste in Exeter. In diesem Herbst wird die ganze Familie eingepackt. Malta heißt auch für sie das diesjährige Reiseziel.

So langsam entwickelt sich aus dem Nischenprodukt ein stiller Trend. Immer mehr Familien wollen den gemeinsamen Urlaub mit einem Sprachkurs verbinden. Das beobachtet auch Claus Kunze vom Fachverband deutscher Sprachreise-Veranstalter (FDSV) in Berlin: „Die Nachfrage ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.“ Was anfangs als exotische Einzelnachfrage galt, wird nun als eigene Kategorie von vielen Veranstaltern angeboten. Die Planung einer solchen Reise funktioniert nach dem Baukastenprinzip: „Die Anreise wird meist selbst organisiert. Die Unterkunft kann individuell gewählt werden. Auch hier können die Kinder und Jugendlichen mit Gleichaltrigen untergebracht werden, während die Eltern im Hotel übernachten“, erklärt Kunze. Familie Ege entschied sich hingegen auf Malta für die Unterbringung in einer Gastfamilie. So konnten sie das vormittags Erlernte am Nachmittag anwenden. Der Sprachkurs von Eltern und Kindern findet meist in getrennten Gruppen statt. Auch das Freizeitprogramm kann gemeinsam oder individuell gewählt werden. „Die meisten Familiensprachreisen führen nach Großbritannien und Malta, aber auch Spanien ist ein beliebtes Ziel“, weiß Kunze.

Der Weg zu den Anbietern ist oft mühsam. „Ich musste mich lange durchs Internet navigieren, um überhaupt auf diese Möglichkeit aufmerksam zu werden“, sagt Willig Ege. Einen guten Einstieg in die Thematik bietet der Onlineauftritt des FDSV. Hier kann man in den Programmen von 27 Mitgliedsunternehmen stöbern. Alle sind nach strengen Qualitätsrichtlinien ausgewählt und unter Kontrolle eines unabhängigen Beirats.

Heiner Giese, Geschäftsführer von Offährte Sprachreisen, hat das Familienkonzept seit sieben Jahren im Programm. „Damals hätten wir nicht gedacht, dass dieser Zweig einmal so beständig wächst“, sagt er heute. Im Jahr betreut er rund 150 Familien auf ihrem Weg zu besseren Fremdsprachenkenntnissen. Keine riesige Zahl, aber eine konstante. „Diese Art des Reisens ist eine besondere Erfahrung. Man macht es nicht jedes Jahr“, sagt Heiner Giese, „außerdem ist es teuer.“ Eine kleine Nachfragedelle habe das Unternehmen während der Wirtschaftskrise bemerkt, doch die Zahlen seien 2010 wieder enorm gestiegen. Viele beginnen anscheinend, die Relevanz einer Fremdsprache allmählich zu verstehen. Bei Offährte Sprachreisen kostet ein Standardsprachkurs für Erwachsene im englischen Exeter inklusive Unterkunft und Frühstück 490 Euro pro Woche. Für die Kids geht es ab 545 Euro los. Ein Mittag- und Abendessen auf dem Campus sowie ein betreutes Nachmittagsprogramm sind dabei. Die Kosten der Eigenanreise kommen hinzu. Wer möchte, kann bei den meisten Anbietern auch lediglich den Sprachkurs buchen – je nach Wunsch und Anspruch.

Für Irlandfans haben die Experten von Do-it-Sprachreisen eine ähnliche Offerte: In der Hafen- und Universitätsstadt Galway können Eltern und Kinder vormittags Englisch pauken. Nachmittags kicken die Kids mit Gleichaltrigen aus aller Herren Länder, während Mama und Papa auf eigene Faust die Insel erkunden. Untergebracht sind alle in Gastfamilien oder in Ferienapartments. Pro Woche kostet das ab 250 Euro pro Person für die Übernachtung. Der Sprachkurs kostet für Kinder 450 Euro (mit Aktivitäten), während Erwachsene 225 Euro zahlen.

Ein Erfahrungswert: Je älter sie werden, desto eher verzichten Jugendliche auf die Präsenz ihrer Eltern beim Sprachurlaub und bevorzugen die Gesellschaft Gleichaltriger. Nicht so der zehnjährige Maximilian Faßl. Er fand die Familiensprachreise klasse. Denn er konnte mit Papa zur Schule gehen. Wo kann man das schon? Wer seinen Kindern also das Lernen erleichtern und schmackhaft machen möchte, der lernt im Urlaub einfach mit.

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