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Wann sollte das Kind ein eigenes Handy bekommen? Und welches? Für Eltern ist es nicht immer einfach, den richtigen Weg zu finden.

© dpa

Familienkolumne: Das Kind telefoniert nicht nach Hause

Was passiert, wenn das Kind ein eigenes Handy hat? Unsere Kollegin Tanja Buntrock erfährt das gerade.

Handy-Nachricht von meiner Tochter: „Oma hat jetzt einen Lockenstab gekauft.“ Dazu ein Selfie meiner Zehnjährigen mit absurd lockigen Haaren.

Sie hat die Weihnachtsferien bei meinen Eltern verbracht, und weil sie jetzt seit einigen Monaten ein eigenes Smartphone hat, erreichen mich in regelmäßigen Abständen Statusmeldungen in Form von Selfies, Gifs, unzähligen Herzchen- und Kuss-Emojis.

Die Kommunikation läuft seither ungefähr so: „Ich nehme gleich den Bus“, „Darf ich noch bis 21 Uhr TV sehen? Biittte!!

oder: „Darf ich noch ein paar Gumitire? Bitte, bitte!“ Meine Antwort: „Wenn du Gummitiere richtig schreibst, ja.“ Antwort Kind: „Gummitiere.“

Ihr Vater und ich hatten beschlossen, dass sie nach den Sommerferien ein eigenes Handy bekommt, weil sie seitdem mit dem Bus von der Schule nach Hause fahren und auch abends ab und zu mal allein daheim bleiben sollte.

Der Freudenschrei, als sie das Smartphone auspackte, war in halb Tempelhof-Schöneberg zu hören.

Im Vorfeld hatten wir Eltern uns allerlei Gedanken gemacht, welche Variante in dem Alter wohl die richtige ist.

Die Ratgeberseiten im Netz sind uneinheitlich

Die Ratgeber-Seiten im Netz sind da uneinheitlich: Ein Handy ab zehn Jahren sei okay, es sollte durchaus auch ein Smartphone sein, denn das Kind könne sonst zum Außenseiter werden, wird ein Medienprofessor zitiert;

auf anderen Seiten wird geraten, erst einmal mit einem ausrangierten Tastenhandy anzufangen. Der Vater hat sich um alles gekümmert. Es wurde ein Smartphone mit Prepaid-Karte. Gleich zu Beginn hat er den Browser deaktiviert,

damit sie nur ausgewählte Apps nutzen und nicht auf irgendwelche ungeeigneten Seiten gelangen kann.

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Zudem können wir über den „Google Family Link“ sicherstellen, dass sie nur altersgemäße Apps herunterlädt. Und das Beste: Sollte uns das Gefummel am Handy irgendwann mal zu viel werden, könnten wir theoretisch das Gerät „eigenmächtig per Remotezugriff sperren“, steht in der Anleitung. Herrlich!

Bislang hält es sich an die ausgemachten Nutzungszeiten. Auch habe ich ihr klargemacht, dass frühmorgendliche Chats mit den Freundinnen („Ich bin schon wach. Du auch?“) wirklich nicht nötig sind.

Kurz vor Weihnachten ging meine Tochter am frühen Abend erstmals allein zu einem Einkaufsmarkt in der Nähe, um Geschenke zu besorgen.

Morgendlicher Chat: "Ich bin schon wach. Du auch?"

Ich stattete sie mit einer Warnweste aus und bat sie, das Handy mitzunehmen, falls etwas sein sollte. „Ich bin in 30 Minuten zurück“, rief sie mir beim Abschied zu.

Als sie eine Dreiviertelstunde später noch nicht da war, rief ich sie an. Niemand ging ran. Ich versuchte es minütlich – nichts.

In leichter Panik warf ich mir eine Jacke über und rannte in Richtung Supermarkt. In der Ferne sah ich eine gelb leuchtende Weste die Hauptstraße überqueren. Meine Tochter!

„Oh, sorry, Mama, ich habe gar nicht gehört, dass du angerufen hast“, sagte sie, als ich sie zur Rede stellte.

Nun bekam ich einen Vorgeschmack, was mir wohlmöglich in der Pubertät blühen könnte.

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