zum Hauptinhalt
Das Schulessen wird teurer. Aus der Differenz sollten der höhere Mindestlohn und bessere Qualität finanziert werden.

© Roland Weihrauch/dpa

Update

Falsche Ausschreibung für Berliner Schulessen: Senat will den Mindestlohn für Küchenkräfte retten

Mit einer Untergrenze von 12,50 Euro wollte Berlin Vorreiter sein - und verfehlte die eigenen Ansprüche. Nun könnte es doch noch eine Lösung geben.

Von

Der Senat ringt um die Absicherung des von ihm beschlossenen Mindestlohnes bei den Schulcaterern. Bei seiner Sitzung am heutigen Dienstag wurden mehrere Optionen durchgespielt, darunter die Aufhebung der bereits erfolgten Ausschreibungen für alle öffentlichen Grundschulen mit rund 150.000 täglichen Portionen. Auch eine Änderung des Gesetzentwurfs zum Mindestlohn wird geprüft.

„Wir sind uns einig, dass die Beschäftigten die 12.50 Euro erhalten sollen“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres nach der Sitzung. Sie lehnt aber den Vorschlag, die laufende Ausschreibung abzubrechen, ab: „Wir müssen die Fristen einhalten und sicherstellen, dass alle Kinder im Sommer ein Schulessen in der verbesserten Qualität erhalten.“

Bisher gibt es widersprüchliche Einschätzungen zu der Frage, wie die Küchenkräfte doch noch den Mindestlohn bekommen könnten. Da die Ausschreibungen für das Schulessen veröffentlicht wurden, ohne dass das Gesetz zum Mindestlohn vom Abgeordnetenhaus beschlossen war, können die Caterer nicht zur Zahlung der 12,50 Euro verpflichtet werden. Dann wäre nur der bundesweite Mindestlohn von 9,35 Euro verbindlich.

[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Dabei ist es auch unerheblich, dass die Bildungsverwaltung den Mindestlohn im neuen Portionspreis bereits berücksichtigt hat. Mit anderen Worten: Die Caterer könnten jetzt jahrelang die erhöhten Beträge vom Land kassieren, ohne den Mindestlohn zu zahlen, sofern sie für das Geld noch Kräfte finden würden.

Um dies zu verhindern, hat Wirtschaftsstaatsekretärin Barbro Dreher (Grüne) dem Vernehmen nach in der Senatsrunde vorgeschlagen, die Ausschreibung rasch aufzuheben und am Tag drauf in korrigierter Form zu wiederholen. Allerdings gibt der Verband der Caterer zu bedenken, dass dann die bei solchen Ausschreibungen geltenden Fristen nicht mehr zu halten wären.

Die Folge wäre, dass die alten Verträge weiter gelten würden – womöglich bis Weihnachten: Ohne Mindestlohn, mit geringerem Bioanteil und auch ohne die übrigen qualitativen Verbesserungen. Das zusätzliche Geld, das im Doppelhaushalt vorgesehen war, um das Schulessen zu verbessern, würde dann nicht abgerufen werden können.

Bereits im vergangenen November gab es Gewerkschaftsaktionen für eine bessere Bezahlung.
Bereits im vergangenen November gab es Gewerkschaftsaktionen für eine bessere Bezahlung.

© privat

Auch in der Senatsvorlage heißt es entsprechend, dass es „auf Grund der engen Zeitabläufe für die Neuvergabe des Schulmittagessens“ nicht infrage komme, die Ausschreibung aufzuheben. Anders als die Caterer sieht der Senat sogar die Versorgung „nicht nur gefährdet, sondern sogar unmöglich auf Grund der auslaufenden Verträge“.

Neben Barbro Drehers Variante gibt es noch einen weiteren Lösungsvorschlag. Er besteht darin, dass die Wirtschaftsverwaltung prüfen soll, ob der bisherige Gesetzentwurf für den Mindestlohn um eine „abweichende Bestimmung“ erweitert werden könnte.

So stand es am Dienstag in der Besprechungsunterlage des Senats, die dem Tagesspiegel vorliegt. Die „Erweiterung“ würde darin bestehen, dass der neue Mindestlohn „auch für zum Zeitpunkt des Inkrafttreten des Änderungsgesetzes bereits laufende Vergabeverfahren“ gelten könnte sowie für Verträge gilt, „die nach derzeit geltender Rechtslage vergeben wurden“.

Weitere Texte zum Thema:

Wie berichtet, konnte die Bildungsverwaltung den neuen Mindestlohn nicht explizit in die Ausschreibung aufnehmen, weil er noch nicht beschlossen ist. Demnach hätte die Rechtsgrundlage gefehlt, wie es in der Senatsvorlage heißt.

Es sei rechtlich auch nicht möglich, die Beachtung des geplanten höheren Vergabemindestlohns über eine Gleitklausel verbindlich vorzugeben. An diesem Punkt widerspricht die Senatsvorlage einer Auskunft der Wirtschaftsverwaltung vom Montag, in der es noch hieß, dass die Bildungsverwaltung „hinreichenden Anlass“ gehabt habe „zum Beispiel eine Gleitklausel in der Ausschreibung anzukündigen und im abzuschließenden Vergabevertrag zu verankern“.

„Natürlich wollen wir, dass der höhere Vergabemindestlohn bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Caterer ankommt“, sagte eine Sprecherin der Bildungsverwaltung, „für uns ist aber das oberste Ziel, dass die Kinder ab dem 1. August ihr Schulessen bekommen und zwar in höherer Qualität – und das gewährleistet die Ausschreibung bereits.“

Eine Entscheidung soll zeitnah getroffen werden

In der Senatssitzung am Dienstag wurde nun verabredet, dass auf jeden Fall bis zur nächsten Sitzung des Senats in einer Woche abschließend geklärt wird, wie der neue Vergabemindestlohn noch rechtssicher in die Ausschreibung eingebracht werden kann. Dafür werden nun auch externe Juristen, Experten im europäischen Vergaberecht, die Senatsverwaltungen beraten.

Am Donnerstag wollen sich die Senatsverwaltungen für Bildung, Wirtschaft, Finanzen – und wohl auch die Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales sowie die Senatsjustizverwaltung auf den besten Weg einigen, bis am Freitag bei einem Treffen im Roten Rathaus eine Entscheidung getroffen werden soll.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false