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Senatorin Sandra Scheeres (SPD) gehört seit Jahren zu den unbeliebtesten Politikerinnen der Stadt - wie fast alle Schulsenatoren und -senatorinnen vor ihr.

© Gregor Fischer/dpa

Fall um abgelehntes Kind eines AfDlers: „Ich persönlich finde es schwer nachzuvollziehen"

Eine Berliner Schule hat die Tochter eines AfD-Politikers abgelehnt. Senatorin Scheeres findet den Fall persönlich fraglich - rechtlich jedoch eindeutig.

Es kann passieren, dass ein Gesetz nicht so will, wie Politiker wollen. So stellt es Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Mittwoch im Abgeordnetenhaus in einer kurzen Diskussion um die Freiheiten privater Schulträger dar. Darf die Aufnahme eines Kindes verweigert werden, weil die politische Gesinnung der Eltern nicht passt? Die AfD hatte das Thema kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt. Im Prinzip ja, sagt Scheeres und beruft sich auf eine Bewertung ihrer Juristen zum Fall einer Waldorfschule, die im vergangenen Jahr die Tochter eines AfD-Abgeordneten abgelehnt hatte. Dennoch machte sie deutlich, dass das Ergebnis ihrer eigenen Einstellung widerspricht: „Ich persönlich finde es schwer nachzuvollziehen, dass Kinder dafür verantwortlich gemacht werden, in welchen Bereichen ihre Eltern politisch tätig sind“. Ob es um die AfD gehe oder eine andere Partei sei ihr dabei egal.

Das allerdings nur „aus einer moralischen Perspektive“. Als Behörde, fuhr Scheeres fort, habe sie verschiedene Gesetze in den Blick zu nehmen: Das Grundgesetz, das garantiere, dass freie Schulen sich ihre Schülerinnen und Schüler aussuchen dürften; das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, dass das „Thema der politischen Gesinnung“ nicht abdecke; und das Diskriminierungsverbot im Schulgesetz, das aber für Privatschulen nicht gelte. Es gebe auch „keinen rechtlichen Handlungsbedarf“, im Klartext: keinen Bedarf für eine Gesetzesänderung.

Ein Senatsvertreter verwies in der Sitzung darauf, dass das Schulgesetz „aus gutem Grund“ auf Diskriminierungsverbote für Privatschulen verzichte; es gehe hier um einen privaten Vertrag, für den die Vertragsfreiheit gelte. Als Beispiel verwies er auf Schulen in kirchlicher Trägerschaft, die sich ihre Schülerinnen und Schüler nach deren religiösem Bekenntnis aussuchen dürften, auch wenn sie es in Berlin in der Praxis nicht täten. Das habe das Bundesverfassungsgericht auch bestätigt, weshalb der Senat dazu keine Vorschriften machen dürfe.

Hardorp: Schule als Wertegemeinschaft

Andreas Wegener, Berliner Landesvorsitzender des Verbands deutscher Privatschulen, sagte dem Tagesspiegel: „Wir machen keine Gesinnungstests.“ Die Aufnahme von Kindern an Schulen in freier Trägerschaft bedeute aber, dass man einen Vertrag schließe, „und dann sollte man sich auch vertragen“. Es gehe darum, ob die Erwachsenen auf beiden Seiten gewillt seien, zum Wohl des Kindes zusammenzuarbeiten. Schulen dürften erwarten, dass Eltern die Weltanschauung, die die Schule vertritt, nicht ablehnen.

Detlef Hardorp, bildungspolitischer Sprecher der Waldorfschulen in Berlin-Brandenburg, sagte, dass Waldorfschulen zwar grundsätzlich allen Kindern offen stehen. Aber an den Schulen entstünden Wertegemeinschaften, und es sei wichtig, dass die Eltern hinter dem pädagogischen Ansatz der Schule stehen.

Er erläuterte auch, warum die Positionen der AfD nicht mit denen von Waldorfschulen übereinstimmten. So sei die erste Gemeinschaftsschule in Deutschland die vor 100 Jahren in Stuttgart gegründete Waldorfschule gewesen. Zudem würden Willkommensklassen an Berliner Waldorfschulen als Bereicherung erlebt. Die AfD hingegen „spricht sich gegen Gemeinschaftsschulen aus und setzt auf Ausgrenzung“.

An der Waldorfschule, um die es bei dem Fall geht, habe es 140 Bewerber für 30 Plätze gegeben. 110 Bewerber wurden abgelehnt.

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