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„Die Hälfte unserer Doppeldecker ist Schrott", sagte ein Fahrer neulich zu einem Fahrgast.

© Jörn Hasselmann

Fahrzeugmangel bei der BVG: Nur jeder zweite Doppeldeckerbus fährt noch

Nur 200 von einst 400 Berliner Doppeldeckern fahren noch. Die Lieferung neuer Modelle verzögert sich wegen Corona.

Der BVG ist es in den vergangenen Monaten nicht gelungen, den Mangel an Doppeldeckern zu verringern, im Gegenteil. Derzeit sind nur noch 200 Doppeldecker in Fahrt. Der Rest der einst 400 Fahrzeuge umfassenden Flotte steht entweder kaputt in der Werkstatt oder ist bereits im Schrott gelandet.

Ende Dezember war durch einen Artikel im Tagesspiegel der gravierende Mangel bekannt geworden. Er fällt allen Fahrgästen auf: Auf stark frequentierten Innenstadtlinien wie dem M29 fahren zum Teil Eindecker, die nur die Hälfte an Fahrgästen fassen können.

Auf Anfrage sagte ein BVG-Sprecher, dass es noch 275 Doppeldecker gebe, von denen derzeit 75 in der Werkstatt stehen. Im Dezember 2019 waren noch 204 Busse im Einsatz, im März 200. Diese Zahl ist also seit acht Monaten weitgehend konstant.

Im Dezember hatte die BVG angekündigt, „externe Werkstätten“ zu beauftragen, um den Reparaturstau zu verkürzen. Dass der Stau nicht verkürzt werden konnte, hat einen einfachen Grund: Die aktuelle Serie stammt aus den Jahren 2005 bis 2010, die neuesten Exemplare sind also bereits zehn Jahre alt – allesamt „schlicht überaltert“, wie BVG-Sprecherin Petra Nelken bereits im Dezember gesagt hatte. Andere Betriebe mustern Doppeldecker bereits nach acht Jahren aus – weil sie dann zu störanfällig werden.

Und noch eine schlechte Nachricht gibt es: Die Auslieferung der neuen Serie verzögert sich. Eigentlich sollten die ersten beiden Prototypen des schottischen Herstellers „Alexander Dennis“ in diesem Sommer in Berlin eintreffen, nun werden sie im Oktober erwartet. Als Grund nannte ein BVG-Sprecher Verzögerungen durch die Corona-Pandemie.

Es sollen 200 neue Fahrzeuge geliefert werden

Diese britischen Busse sollen das vom Doppeldecker geprägte Stadtbild retten. 2021 und 2022 sollen 200 dieser Fahrzeuge geliefert werden – wenn sich die Vorserienfahrzeuge bewähren.

Letztlich können diese 200 Wagen nur die jetzt noch fahrenden ersetzen, denn von denen muss auch der Rest nach und nach ausgemustert werden. Es wird also beim Einsatz von Eindeckern oder Gelenkwagen auf typischen Doppeldeckerlinien bleiben. In der Anfang 2019 vorgestellten Langfristplanung der BVG waren für die Jahre 2019 bis 2023 jeweils gut 400 Doppeldecker vorgesehen – diese Planung ist vollständig Makulatur.

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Ein Sprecher versicherte zwar erneut, dass „alle Doppeldecker repariert werden, die mit angemessenem wirtschaftlichen Aufwand wieder fahrtüchtig gemacht werden können“ – die nackten Zahlen widerlegen diese Aussage. Die Zahl der ausgemusterten Doppeldecker erhöhte sich von 60 im Dezember auf 137.

Eindecker und Gelenkfahrzeuge gibt es auch mit emissionsfreiem Antrieb

Bekanntlich wird auch die neue Serie von Alexander Dennis mit Dieselmotoren betrieben, zum Zeitpunkt der Bestellung gab es nach Angaben der BVG noch keinen tauglichen Batterieantrieb. Eindecker und Gelenkfahrzeuge werden dagegen bereits mit emissionsfreiem Antrieb geliefert und sind schon im Einsatz.

Eine gute Nachricht von der U-Bahn zum Schluss: Am heutigen Montag will die BVG gemeinsam mit dem Hersteller Stadler den Zeitplan und die Details zur größten Fahrzeugbeschaffung aller BVG-Zeiten präsentieren. 1500 neue Waggons sollen bekanntlich die ebenfalls völlig überalterte U-Bahn retten.

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