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Fahrräder ohne elektrische Unterstützung scheinen von der Regel zur Ausnahme zu werden - dem Anschein auf der Velo-Messe nach.

© Arne Immanuel/dpa

Fahrradmesse in Berlin-Tempelhof: E-Bikes und Lastenräder am Start

Zum ersten Mal findet die Velo-Messe auf dem Ex-Flughafen Tempelhof statt - größer denn je und mit bemerkenswerten Trends.

Die Flugzeuge starten hier schon lange nicht mehr – nun kreisen Fahrräder, die Fortbewegungsmittel der Zukunft, mit Höchstgeschwindigkeit vor den Hangars des ehemaligen Flughafen Tempelhof. Zumindest an diesem Wochenende: Denn im Flughafengebäude Tempelhof findet gerade das Fahrradfestival VELOBerlin statt, auf dem die neuesten Trends und Lifestyles der internationalen Fahrradwelt vorgestellt werden. Insgesamt mehr als 250 nationale und internationale Aussteller sowie mehr als 500 Marken sind auf der Messe zu sehen. Das Festival ist dieses Jahr so groß wie nie zuvor. Doch nicht nur Branchentrends werden hier diskutiert, sondern auch neue Mobilitätskonzepte einer wachsenden, modernen Großstadt.

Die Hangars 5 und 6 des Flughafengebäudes sind regelrecht vollgepackt mit Fahrrädern. Sie hängen an den Wänden der Messestände oder stehen aufgereiht zur Schau an den Gängen, an denen sich die vielen Besucher vorbeidrängeln. Neue Sicherheitssysteme, Radpumpen und Dynamos – alles rund ums Fahrrad findet sich auf der Messe. Auch viele Hersteller aus den führenden Fahrradnationen wie Dänemark oder Holland präsentieren ihre neuesten Fahrradmodelle in Berlin. Der Anblick unterscheidet sich von Stand zu Stand: Ob Dreiräder zum Sitzen oder bequemen Liegen, Rennräder mit asymmetrisch-ovalem Kettenblatt oder per App gesteuertem Elektromotor, Singlespeed-Räder oder Lastenräder – jede Art von Fahrrad ist vor Ort und kann getestet werden. Denn wer sein entsprechendes Wunschfahrrad gefunden hat, kann vor den Hallen der Hangars seine Runden drehen oder über aufgebauten Parcours düsen.

Elektromobilität ist Standard

Die Entwicklung hin zum motorisierten Fahrrad ist klar definiert und wird allmählich zum Standard. Nur noch selten findet man Fahrräder ohne Elektromotor. Wie bei Mountainbikes, Renn- oder Trekkingrädern wird mittlerweile vor allem bei Lastenrädern, im Fachjargon Cargobikes genannt, ein unterstützender Elektromotor eingesetzt. Dieser lässt sich in bis zu 4 Unterstützungsstufen einstellen. Je nach Einstellung multipliziert der Motor die Trittkraft bis zum Dreifachen, wodurch hohe Geschwindigkeiten von bis zu 50 km/h erreicht werden können. Besonders für Cargobikes ist diese Technik aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts von Vorteil. Die bis zu drei Meter langen Bikes besitzen üblicherweise geräumige Transportboxen, in denen beispielsweise bis zu vier Kinder Platz finden. Auch Schwerlasten bis zu 150 kg können damit transportiert werden. Mit dem eingebauten Akku ist es laut Herstellern trotz schwerem Gepäck somit durchaus möglich bis zu 100 km weit zu fahren. Als umweltfreundliches, platzsparendes Transportmittel sollen Lastenräder im urbanen Verkehr künftig Autos ersetzen. Durch den Elektroantrieb wird es somit auch gewerblichen Nutzern ermöglicht, im Alltag vom Auto auf die umweltfreundliche Variante des Cargobikes umzusteigen. So startet etwa die Deutsche Post ab Juni ein Modellprojekt mit Cargobikes in Berlin-Mitte und Friedrichshain.

Fördergeld vom Senat

Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat pünktlich zur VELO bekanntgegeben, den Kauf eines Lastenrades mit bis zu 1000€ zu bezuschussen. Bis Ende 2019 werden 700.000€ Fördermittel zur Verfügung gestellt. Bei Initiativen des ADFC wie der Flotte-Berlin können Cargobikes kostenlos online gebucht und mehrere Tage getestet werden. „Großes Ziel ist, die Fahrräder für Menschen aller Gesellschaftsschichten attraktiv zu machen: Geschäftsfrauen, junge Familien oder Studenten“, sagt Uwe Behrendt vom Flotte-Team. Doch so schön sich die Fahrräder auf dem Tempelhofer Feld fahren lassen, auf den Straßen Berlins sieht die Realität oft anders aus: Die schlecht ausgebauten Radwege würden sich kaum für große und schnelle Fahrzeuge eignen. Auch die geringe Rücksichtnahme vonseiten der Autofahrer schrecke viele Menschen vom Fahrrad ab, meint der ADFC. Auch der Politik ist klar: Wie viele Menschen in Zukunft vom Auto zum Rad umsteigen, hängt vor allem von der gegebenen Infrastruktur der Stadt ab. Mit dem neuen Mobilitätsgesetz soll deshalb auf die Entwicklungen der Fahrradbranche und den Forderungen der Radfahrer eingegangen werden. Größere, vom Straßenverkehr abgetrennte Radwege und Pendlerkorridore in die Innenstadt sollen ab 2019 entstehen. Auch die öffentliche Wahl eines "Fahrradbürgermeisters", wie er bereits in Amsterdam, Mexico City oder Sydney für die Interessen der Fahrradfahrenden tätig ist, will der Senat erwägen.

 Die VeloBerlin hat auch am Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Eintritt: 9 Euro, bei Ticketkauf online oder am BVG-Automat: 7 Euro.

Fabian Schmidinger

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